Keine Furcht vor Produktionsverlagerung
IG Metall-Chef sieht Beteiligung positiv - Börse begeistert - Türöffner?

Heideldruck montiert bereits Maschinen in China, nun hat das Unternehmen auch einen Ankeraktionär aus der Volksrepublik. Foto: zg
Von Daniel Bernock
Heidelberg. Den Einstieg eines chinesischen Investors bei den Heidelberger Druckmaschinen hat die Börse am Mittwoch mit einem Kursfeuerwerk quittiert. Kurz nach Bekanntgabe, dass das im chinesischen Tianjin beheimatete Unternehmen Masterwork sich mit rund 8,5 Prozent an den Heidelberger Druckmaschinen beteiligen würde, stiegen die Aktien um rund 20 Prozent.
Die Beteiligung der Chinesen am Weltmarkführer im Bereich Druckmaschinen erfolgt über eine Kapitalerhöhung, der Ausgabepreis der neuen Aktien soll laut Heidelberger Druckmaschinen bei 2,68 Euro liegen. An der Börse wurde der Preis, den die Chinesen zahlen, als ein Vertrauensbeweis für das Unternehmen gesehen. Aktuell kostet eine Aktie etwas unter zwei Euro.
"Durch die geplante Kapitalerhöhung kann Heidelberg einen weiteren langfristig orientierten strategischen Ankeraktionär gewinnen und gleichzeitig sein Eigenkapital stärken", hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung der Heidelberger Druckmaschinen.
Nach Angaben von Heideldruck-Chef Rainer Hundsdörfer planen die Chinesen in nächster Zeit keine Aufstockung der Anteile. Masterwork wolle jedoch stets der größte Einzelaktionär sein. Würde ein weiterer Investor also um die Ecke kommen, könnte Masterwork mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Anteile erhöhen. Zudem strebt das Unternehmen einen Platz im Aufsichtsrat an, sagte Hundsdörfer.
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Hintergrund
Heideldruck-Chef im Interview
Die chinesische Firma Masterwork steigt mit 8,5 Prozent bei Heidelberger Druckmaschinen ein. Die RNZ hat mit Vorstands-Chef Rainer Hundsdörfer gesprochen.
Herr Hundsdörfer,
Heideldruck-Chef im Interview
Die chinesische Firma Masterwork steigt mit 8,5 Prozent bei Heidelberger Druckmaschinen ein. Die RNZ hat mit Vorstands-Chef Rainer Hundsdörfer gesprochen.
Herr Hundsdörfer, wird Heidelberger Druckmaschinen jetzt chinesisch - zumindest zu einem kleinen Teil?
Nein, das sicher nicht. Es bleibt alles so, wie es bisher schon war. Masterwork entwickelt und baut für uns die Verpackungsmaschinen und wir übernehmen dafür den Vertrieb und Service. Diese Zusammenarbeit festigen wir nun durch eine Kapitalverflechtung. Neben dem Kapitalzufluss, der unsere Eigenkapitalquote erhöht, können wir unseren Kunden jetzt die gesamte Prozesskette anbieten.
Was bedeutet der Einstieg für die Mitarbeiter hier in der Region?
Durch den Einstieg und dem Kapitalzufluss werden wir krisensicherer, davon profitieren alle Standorte. Zudem bauen wir unser Vertriebsvolumen aus. Das bedeutet auch eine Arbeitsplatzsicherheit für die Bereiche Vertrieb und Service.
Sie haben eine gemeinsame Fertigung in Tianjin angekündigt.
Wir wollen dort Teile für unsere Druckmaschinen fertigen, die wir in Qinpu montieren. In Zukunft wollen wir mehr für dieses Werk vor Ort in China beziehen, bis zu 85 Prozent. Bisher sind wir eher bei 50 Prozent, der Rest kommt von Zulieferern aus der ganzen Welt und teilweise von unseren eigenen Werken. Die Produktion in Tianjin hat keinen Einfluss auf die Arbeitsplätze in Wiesloch.
Welches Interesse haben die Chinesen an Heideldruck?
Masterwork will weiter wachsen. Wir sind der Hebel dazu, denn unser Vertrieb bietet Maschinen von Masterwork in aller Welt an.
Das chinesische Unternehmen Masterwork ist für die Heidelberger kein Unbekannter. 2014 haben die Chinesen die Verpackungstechnologien der Heidelberger übernommen. Seitdem besteht eine Vertriebspartnerschaft zwischen den Unternehmen im Bereich der Weiterverarbeitung von Drucksachen zu Faltschachteln im Verpackungsmarkt. Masterwork ist mit seinem Maschinenangebot Spezialist im Bereich der Weiterverarbeitung der Faltschachtelindustrie.
Für Mirko Geiger, Chef der IG Metall Heidelberg und Aufsichtsrat bei den Heidelberger Druckmaschinen, ist der Einstieg der Chinesen durchaus positiv zu bewerten. Die Beteiligung führe zu einer Stärkung des Eigenkapitals. Damit könne sich das Unternehmen unabhängiger von den Banken machen. Gerade für schwierigere konjunkturelle Zeiten sei dies wichtig.
Zudem sei das chinesische Unternehmen Masterwork ein vertrauter Partner, betonte Geiger mit Blick auf die langjährige Vertriebskooperation. "Es findet kein Ausverkauf der Firma statt", sagte Geiger am Mittwoch. Ihm ist ein strategischer Investor mit einem langfristigen Interesse lieber, als ein Finanzinvestor, der nur auf Rendite aus ist, so Geiger.
Durch die chinesische Beteiligung könne Heideldruck den Kunden nun ein Gesamtpaket anbieten, das neben der Druckmaschine auch die Weiterverarbeitung sowie eine entsprechende Software-Lösung aus einer Hand beinhalte - das sei ein großer Vorteil gegenüber der Konkurrenz.
China ist nach Angaben von Heidelberg der größte Verpackungsmarkt der Welt. Zudem biete der chinesische Partner den Zugang zu vielen Druckereien in China. "Das kann uns hier und da eine Tür öffnen", sagte Geiger. Allerdings sei auch klar, dass viele der großen Druckmaschinen zu teuer für chinesische Druckereien seien.
Die 1995 gegründete Masterwork Gruppe macht weltweit einen Umsatz von 150 Millionen Euro, ist damit deutlich kleiner als Heidelberger Druckmaschinen. Daher sorgt sich Geiger auch nicht allzu viel, dass die Chinesen in Zukunft ihre Anteile deutlich erhöhen könnten. Die rund 70 Millionen Euro, die das Unternehmen für die Beteiligung nun ausgibt, seien für Masterwork eine große Summe. Zudem müsse der Aufsichtsrat einem solchen Schritt zustimmen.
Befürchtungen, dass es eine zunehmende Verlagerung der Produktion nach China geben könnte, macht sich IG-Metall-Chef Geiger nicht.
Im Laufe des Mittwochs schwächte sich die Euphorie an der Börse ein klein wenig ab. Die Aktie der Heidelberger ging mit einem Plus von rund 15 Prozent bei etwas unter zwei Euro aus dem Handel. In den letzten Monaten hatte die Aktie allerdings deutlich an Wert verloren. Mit dem gestrigen Kursfeuerwerk ist sie jetzt wieder so hoch wie im November 2018.



