20-Jähriger wird festgenommen, gesteht und zeigt Reue (Update)
Er nennt Ärger als Motiv - Verdächtiger wieder auf freiem Fuß

Wiesbaden. (dpa-lhe) Nach dem massiven Online-Angriff auf Politiker und Prominente ist ein 20-Jähriger in Mittelhessen vorläufig festgenommen worden. Das teilte das Bundeskriminalamt (BKA) am Dienstag in Wiesbaden mit. Der junge Mann sei in vollem Umfang geständig sei.
Seine Wohnung war am Sonntag durchsucht worden. Den genauen Ort teilte das BKA nicht mit. Der Verdächtige ist nach einem Geständnis wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Der junge Mann soll bei der Vernehmung durch die Polizei Reue gezeigt haben. Der Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität, Georg Ungefuk, sagte am Dienstag in Wiesbaden, dass es "eine klare Reue-Reaktion gibt". Der 20-Jährige sei bei der Ausspähung und Veröffentlichung der privaten Daten möglicherweise unbedacht oder leichtfertig gewesen. Bei jüngeren Tätern erlebe man oft, dass dann, wenn plötzlich die Polizei vor der Tür stehe, doch "ein großes Nachdenken einsetzt".
Der 20-Jährige hat in einer Vernehmung Ärger über Äußerungen seiner Opfer als Motiv für seine Taten genannt. Das teilte Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk, der Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, am Dienstag in Wiesbaden mit. Zudem habe er erklärt, dass er alleine gehandelt habe. Die bisherigen Ermittlungen hätten keine Hinweise auf eine Beteiligung weiterer mutmaßlicher Täter gegeben, ergänzte Ungefuk.
Der 20-Jährige hat nach Erkenntnis der Ermittler mehrere Sicherheitslücken ausgenutzt. Für die Tat sei ein "gewisser technischer Sachverstand" nötig gewesen, sagte der Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Georg Ungefuk, am Dienstag in Wiesbaden. Einige Sicherheitslücken seien inzwischen geschlossen worden.
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Dem jungen Mann sei es durch "ausgeklügelte Vorgehensweise" gelungen, die Daten auszuspähen. Es habe nicht nur eine, sondern mehrere Ausspähaktionen gegeben, vor allem im Jahr 2018. Zudem habe er Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen zusammengetragen.
Bei den Durchsuchungen habe es keine Hinweise auf eine politische Motivation für die Taten gegeben, diese Frage sei aber noch nicht abschließend geklärt.
Die Sicherheitsbehörden hatten den vorübergehend festgenommenen 20-Jährigen etwa 48 Stunden nach Aufnahme der Ermittlungen gekannt habe, sagte BKA-Chef Holger Münch am Dienstag in Berlin. Aus den Ländern seien den Bundesbehörden im Zusammenhang mit den Ermittlungen insgesamt 17 mögliche korrespondierende Vorgänge gemeldet worden.
Münch ergänzte, der mutmaßliche Täter habe nach bisherigen Erkenntnissen keine Schadsoftware benutzt, sondern andere Hacking-Methoden, um Passwörter zu überwinden.
Die Ermittler hatten keine größeren Probleme, den Mann ausfindig zu machen. Der Hacker habe Spuren hinterlassen und es den Behörden dadurch nicht sonderlich schwer gemacht, sagte Münch am Dienstag in Berlin. Die Experten des Bundeskriminalamts hätten längst nicht alle ihrer Möglichkeiten eingesetzt. Der Täter habe sich Zugang zu verschiedenen Accounts verschafft, dabei offensichtlich Hacking-Methoden und keine Schadsoftware eingesetzt. Sämtliche Zugänge seien dem tatverdächtigen 20-Jährigen entzogen worden, sodass keine weitere Gefahr von ihm ausgehe.
Rund 1000 Politiker, Prominente und Journalisten sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums von dem Online-Angriff betroffen. Etwa 50 Fälle seien schwerwiegender, weil größere Datenpakete wie Privatdaten, Fotos und Korrespondenz veröffentlicht worden wurden.
BKA-Beamte hatten außerdem am Sonntag die Wohnung eines Zeugen in Heilbronn durchsucht. Auch weitere Zeugen wurden vernommen.
Der Verdächtige hatte über das inzwischen gesperrte Twitter-Konto @_Orbit im Dezember zahlreiche persönliche Daten von Politikern und Prominenten als eine Art Adventskalender veröffentlicht. Manche Informationen hatte er auch schon früher ins Netz gestellt. Das wurde allerdings erst in der Nacht zu Freitag öffentlich - und somit auch vielen Betroffenen - bekannt.
Die Bundesregierung will aus dem Fall Konsequenzen ziehen und die Cyber-Sicherheit verbessern. Dazu soll in den nächsten Monaten unter anderem ein "Cyber-Abwehrzentrum plus" geschaffen werden.
Update: 8. Januar 2019, 14.49 Uhr



