"Seebrücke"-Demo in Heidelberg

Rund 100 Demonstranten fordern sicheren Hafen für die "Sea Watch 3"

Flüchtlingsschiff treibt seit 16 Tagen auf dem Mittelmeer - Engagement dafür, die Seenotrettung im Mittelmeer zu entkriminalisieren

06.01.2019 UPDATE: 07.01.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden

Trotz Regens und Kälte kamen rund 100 Heidelberger auf den Marktplatz, um für sichere Fluchtwege und die Seenotrettung zu demonstrieren. Foto: Rothe

Von Lena Scheuermann

Heidelberg. Seit 16 Tagen treibt die "Sea Watch 3" nun im Mittelmeer. An Bord des Schiffes befinden sich 32 vor dem Ertrinken gerettete Menschen, darunter Frauen und Kinder. Bisher erhält das zivile Seenotrettungsschiff jedoch keine Erlaubnis, an einem europäischen Hafen anzulegen. Bei einer Kundgebung forderten die Heidelberger Mitstreiter der bundesweiten Initiative "Seebrücke" deswegen nun "sichere Häfen" für die Seenotretter - und das am besten sofort. Rund 100 Unterstützer trotzten am Samstagnachmittag auf dem Marktplatz der Kälte und dem anhaltenden Nieselregen.

Kälte und Nässe sind auch die ständigen Begleiter der Geretteten auf der "Sea Watch 3" und dem Schiff "Professor Albrecht Penck", das sich mit 17 Migranten an Bord in einer ähnlichen Lage befindet. "Normalerweise ist es so, dass die Menschen aufgenommen und dann so schnell wie möglich auf ein anderes Schiff oder eben zu einem sicheren Hafen gebracht werden", erklärte Manuel Spagl bei der Kundgebung. Spagl spricht aus Erfahrung - der Medizinstudent war selbst an mehreren Rettungseinsätzen der gemeinnützigen Organisation "Sea Watch" im Mittelmeer beteiligt. "Dass die Menschen so lange auf einem Schiff bleiben, dafür sind die Schiffe nicht gemacht", sagte er. Auf den Schiffen herrschen beengte Verhältnisse, es gäbe gerade genügend Kabinen für die Besatzung und eine kleine Küche, aber keine Kapazitäten, um so viele Menschen über einen längeren Zeitraum zu versorgen. Dazu komme noch die Belastung durch den ständigen Seegang, bei dem man seekrank werden oder gar über Bord gehen könne.

"Wann findet diese Horrorgeschichte endlich ein Ende?", empörte sich auch Elisa Stowe von der "Seebrücke Heidelberg". Vor wenigen Tagen wurde die Besatzung der "Sea Watch 3" vor der Küste Maltas ausgewechselt, die Geretteten aber mussten nach wie vor an Bord bleiben. Dabei haben mehrere deutsche Städte - darunter auch Heidelberg - sich bereits solidarisch mit der Seenotrettung gezeigt und sich dazu bereit erklärt, "sichere Häfen" zu sein und die Flüchtlinge aufzunehmen.

Dazu fehlt allerdings noch das Einverständnis der Bundesregierung, die mittlerweile unter Auflagen ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Geretteten signalisiert hat. Bei der Kundgebung steht deswegen auch besonders Horst Seehofer im Fokus, der als Bundesinnenminister über eine Lösung entscheiden muss. "Sei kein Horst", "Abhorstung jetzt" und "Seebrücke statt Seehofer" war auf den Plakaten der Demonstranten zu lesen - und auch Stowe forderte in ihrer Ansprache: "Herr Seehofer, handeln Sie endlich!" Dass ein schnelles Handeln seitens der Politik erforderlich ist, fand auch Spagl: "Man sollte die Leute erst mal an Land bringen und dann kann man immer noch darüber verhandeln, wie sie verteilt werden."

Auch interessant
: Rettungsschiff "Sea-Watch 3" aus Malta ausgelaufen
Seenotrettung: Heidelberg würde Flüchtlinge von der "Sea Watch 3" aufnehmen

Die Bündnisteilnehmer wollen sich auch im neuen Jahr weiterhin dafür einsetzen, dass die Seenotrettung im Mittelmeer nicht mehr kriminalisiert wird. "Es braucht eine staatliche Seenotrettung und sichere Fluchtwege, sodass die Menschen nicht mehr in überfüllte Schlauchboote gesetzt und übers Mittelmeer geschickt werden", wünscht sich Stowe für die Zukunft. Und auch Fabian Giese von den Linken hofft, dass in den kommenden Monaten ein wenig mehr vom Geist der vor Kurzem gehörten Weihnachtsgeschichte - eine Geschichte von Flucht und Vertreibung, aber auch von Solidarität und Nächstenliebe - bei den Menschen hängen bleibt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.