Erster Direktor der Heidelberger Thoraxklinik

Vor 80 Jahren starb Albert Fraenkel

Ein Mediziner mit besonderen Fähigkeiten - "Speyerershof" wurde nach seiner Vorstellung gebaut

20.12.2018 UPDATE: 22.12.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Albert Fraenkel. Foto: Stadtarchiv MA

Von Michael Ehmann

Heidelberg. Den Erzählungen nach war es ein kalter und trostloser Wintertag, als sich eine Gruppe enger Freunde und Weggefährten zu einer Trauerfeier am Vormittag des 27. Dezember 1938 zu Ehren Albert Fraenkels auf dem Heidelberger Bergfriedhof einfand. Fraenkel war am 22. Dezember im Kreise seiner Familie im Alter von 74 Jahren verstorben. Es war der evangelische Pfarrer Hermann Maas, "stadtbekannter Judenfreund", wie ihn die Nazis verächtlich bezeichneten, der die Trauerfeier abhielt. Maas und Fraenkel waren viele Jahre zutiefst miteinander verbunden gewesen.

Nur wenige Wochen zuvor, am 9. November 1938, war es auch in Heidelberg und Umgebung zu Übergriffen an jüdischen Mitbürgern und Zerstörungen jüdischer Einrichtungen gekommen. Fraenkel kannte nur zu gut die Willkür des NS-Regimes. Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er schon 1933 wegen seiner jüdischen Vorfahren aller Ämter enthoben. Bis zu diesem Zeitpunkt war Fraenkel ein hoch angesehener Arzt, der sich sowohl in der Pneumologie als auch in der Kardiologie einen internationalen Ruf erarbeitet hatte.

Selbst in jungen Jahren an Tuberkulose erkrankt und wieder genesen, bildete er vermutlich aufgrund dieses existenziell bedrohlichen Ereignisses ein außergewöhnliches Gespür für seine Patienten aus. In den Techniken des Abtastens und Abhörens zweifelsohne meisterhaft, beherrschte er noch viel mehr. Fraenkel konnte sich wie kaum ein anderer durch geschickte Gesprächsführung in die Situation seiner Patienten hineinversetzen.

Das belegen zahlreiche Berichte auch sehr prominenter Patienten wie Hermann Hesse, Karl Jaspers, Wilhelm Conrad Röntgen, Gerhardt Hauptmann, Carl Zuckmayer oder Gustav Stresemann. Nicht alle waren lungen- oder herzkrank. Hermann Hesse, der wegen einer literarischen Schaffenskrise schon 1909 erstmals Patient von Fraenkel war, begegnete diesem in Badenweiler. Hesse wird später zu Ehren des "bedeutendsten Arztes", dem er je begegnet sei, die Erzählung "Haus zum Frieden" veröffentlichen. Darin sind die besonderen Fähigkeiten Albert Fraenkels großartig beschrieben.

In Badenweiler praktizierte Fraenkel seit 1890 und gründete dort zwei Sanatorien. Parallel betrieb er klinische Studien bei Ludolf Krehl in Straßburg und widmete sich der Grundlagenforschung an herzwirksamen Medikamenten, insbesondere von Strophanthin, am Pharmakologischen Institut Heidelberg.

Das Schlösschen der heutigen Thoraxklinik in Rohrbach (rechts) in einem von Heinrich Hoffmann angefertigten alten Foto.

1920 siedelte Fraenkel mit Ehefrau Erna und den Töchtern Annemarie und "Liselotte" (Elisabeth Charlotte) endgültig nach Heidelberg über. Der "König von Badenweiler", wie Fraenkel einmal genannt wurde, leistete auch in Heidelberg Außerordentliches. Er wurde der erste Ärztliche Direktor des Krankenhauses Rohrbach, der heutigen Thoraxklinik, und damit Chef eines großen Tuberkulosekrankenhauses.

Zudem erfüllte er sich einen Wunsch: den Bau eines Krankenhauses nach seinen Vorstellungen. Es wurde 1927 unter der Bezeichnung Krankenhaus Speyerershof - heute Kliniken Schmieder - eröffnet. Fraenkel war zeitlebens nicht nur einer der besten Internisten, sondern auch ein hervorragender Netzwerker, der es immer wieder vermochte, Kontakte zu pflegen und andere für seine Ideen zu gewinnen.

Im April 1933 sollte alles abrupt enden. Aufgrund des "Badischen Judenerlasses" wurde Fraenkel letztlich all seiner Ämter enthoben. Den Speyerershof hat er nie mehr betreten. Fraenkel, der 1896 zum Christentum konvertiert war, blieb im Innersten auch seinen jüdischen Vorfahren verbunden, oder, wie es Hermann Maas in seiner Trauerpredigt zum Ausdruck brachte: "Aber das Eine darf ich doch auch hier bekennen, wie er an einem seiner letzten Tage mir ergriffen sagte, wie innig und dankbar er in diesen heiligen Bezirken den Seinen sich verbunden wusste und demütig auf Wegen folgte, die sie zuerst gingen." Fraenkels Urne wurde 1947 auf dem Bergfriedhof beigesetzt. Während der NS-Zeit verweigerte die Heidelberger Stadtverwaltung den Hinterbliebenen die Beisetzung in dem 1932 erworbenen Grab.

In Heidelberg erinnern die Albert-Fraenkel-Straße, die Schmieder-Kliniken und die Thoraxklinik an das Lebenswerk des Arztes. Im September 2013 wurde das Grab von Professor Dr. Albert Fraenkel auf dem Bergfriedhof unter Denkmalschutz gestellt und in die Liste der Heidelberger Ehrengräber aufgenommen.

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