Eberbach-Brombach

Sakraler Edelstein

Im Chor des evangelischen Maria-Magdalena-Kirchleins leuchten uralte Fresken von höchster Qualität

28.10.2018 UPDATE: 31.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden

Die Maria-Magdalena-Kirche im Eberbacher Stadtteil Brombach zeigt beeindruckende spätgotische Fresken im Chor. Fotos: Deutsch

Von Diana Deutsch

Die Straße mündet in einen Tunnel aus grünem Licht. Urzeitliche Baumriesen zu beiden Seiten, ihre Wurzeln sind überwuchert von Farn, Flechten und Moos. Es geht stetig bergauf. Dann ein Tal, eng wie ein Trichter. Apfelbäume klammern an steilen Hängen, in den Gärten leuchten Dahlien, lautlos dreht sich das Rad der alten Mühle. In Brombach im Odenwald gibt es keine Läden, keine Schule, keine Betriebe. Nur das gotische Maria-Magdalena-Kirchlein steht malerisch auf einer Anhöhe mitten im Dorf. Von außen wirkt es schlicht. Doch wenn man die Tür öffnet, traut man seinen Augen kaum: Im Chor leuchten uralte Fresken von höchster Qualität. Ein sakraler Edelstein.

Hintergrund

KIRCHENFAKTEN

Name: Maria-Magdalena-Kirche Adresse: Geisbergweg 1, 69434 Eberbach-Brombach

Konfession: evangelisch

Baujahr: Mitte 13. Jahrhundert

Baustil:

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KIRCHENFAKTEN

Name: Maria-Magdalena-Kirche Adresse: Geisbergweg 1, 69434 Eberbach-Brombach

Konfession: evangelisch

Baujahr: Mitte 13. Jahrhundert

Baustil: Gotik

Kunstschätze: Gotischer Gewölbe-Schlussstein mit Petrus-Schlüssel und Handschuh; spätgotische Fresken im Chor: Prozession der zwölf Apostel, Passion Christi, "Christus als Keltertreter", Jüngstes Gericht, Errettung des Vaters der heiligen Ottilia aus dem Fegefeuer

Öffnungszeiten: Nach Vereinbarung

Kontakt: Pfarrbüro für Heiligkreuzsteinach, Eiterbacher Straße 1, 69253 Heiligkreuzsteinach, Telefon 0 62 20/ 2 26; E-Mail: heiligkreuzsteinach@kbz.ekiba.de

Internet: www.diekircheimdorf.de

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Wohin schaut man zuerst? Vielleicht auf die zwölf Apostel, die den Altar in Zweiergrüppchen umrahmen. Die Herren sind allesamt am Reden. Höchst ernsthaft, mit lebendiger Mimik und fuchtelnden Händen. So wortgewaltig ist der Disput der Apostel, dass selbst die Sprechblasen mit den gotischen Minuskeln ins Flattern geraten.

"Die Zeichnungen zeugen von großer Sicherheit und hervorragendem Können", urteilte Landeskonservator Dr. Sauer 1914, als die Brombacher Fresken unter dem Putz entdeckt wurden. "Gegen das Jahr 1500" seien sie entstanden, schätzte Dr. Sauer. "Wahrscheinlich stammen sie von einem rheinischen Meister." Wie solch hohe Kunst in ein abgelegenes Odenwalddorf kam, konnte sich der Landeskonservator nicht erklären.

Um 1200 wurde Brombach vom Bistum Worms gegründet. Damals noch als "Brambach", was im Mittelhochdeutschen so viel bedeutet wie "Dornenstrauch". Ein passender Name. Denn dornig war das Leben tatsächlich in dem schmalen Talkessel, den der Odenwald von allen Seiten bedrängt. Die Hänge steigen bis auf 500 Meter an. Die wenigen Felder besitzen armen Bundsandsteinboden. Es muss sehr mühsam gewesen sein, ihm eine Ernte abzuringen.

Weshalb die Menschen vor allem vom Wald lebten. Er weidete ihre Schweine und Rinder, lieferte Baumaterial und Brennstoff, Flechtmittel für die Körbe und Rinde zum Gerben. Die Brombacher sammelten Haselnüsse, Waldfrüchte und Wildobst, Bucheckern, Kastanien und Eicheln. Ja, sie hackten sogar Heidekorn und Roggensamen in den Waldboden ein. Ein hartes Leben. Abgeschieden und arm.

Sehr anschaulich und drastisch: Die Szene zum Jüngsten Gericht mit Christus als Weltenrichter, darunter die verlorenen Seelen.

In der Maria-Magdalena-Kirche erblickt man über den Apostel-Fresken - nicht weniger lebendig - das Jüngste Gericht. Christus thront als Weltenrichter auf einem Regenbogen, die Menschen sind in heller Aufregung. Denn nicht alle gelangen in das Tuch, das die Engel zum Himmel ziehen. Die verlorenen Seelen bleiben nackt am Boden zurück. Sie bibbern, betteln und bäumen sich auf. Stundenlang kann man vor diesen Fresken stehen. Man entdeckt immer neue Details.

1545 führte der Landschad von Steinach in Brombach die lutherische Reformation ein. Einen eigenen Pfarrer hatte das 390-Seelen-Dorf aber nie. Trotzdem müssen die Gottesdienste gut besucht gewesen sein. 1855 wurde das Langhaus um zwei Achsen verlängert. 1877 erhielt der Turm ein hohes Helmdach. 1894 kam die Orgelempore. Sie ist heute ein abgeschlossener Gemeinderaum. Seit 1975 gehört Brombach zur Stadt Eberbach.

Ein strahlendes Blau liegt den Fresken im Chor der Maria-Magdalena-Kirche zu Grunde. Früher funkelten im Kreuzrippengewölbe noch goldene Sterne, doch sie sind verblasst. Die vier Felder des Gewölbes zieren die Symbole der Evangelisten. Der Künstler hat unter jedes den Namen des zugehörigen Evangelisten geschrieben. Der Stier heißt Lukas und der Löwe Markus. Unter dem Engel wie unter dem Adler steht "Matthäus". Johannes hat es in Brombach nie gegeben.

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