Trotz Dürre "mit einem blauen Auge davongekommen"
Landwirt Andreas Knopf aus Rot und Dr. Richard Volz von der ZG Raiffeisen berichten von der diesjährigen Ernte

Diese Schneise haben Wildschweine in Andreas Knopfs Maisfelder geschlagen. Damit sind die Tiere für größere Ernteausfälle verantwortlich als die Trockenheit. Foto: privat
St. Leon-Rot. (seb) "Ich will nicht jammern", sagt Andreas Knopf. Natürlich hatte der Landwirt gerade im Juli mit der anhaltenden Hitze und Trockenheit zu kämpfen, natürlich hat er Ernteeinbußen. "Aber eigentlich sind wir hier in der Rheinebene mit einem blauen Auge davongekommen."
Mit einem derben blauen Auge, das sicher auch noch lange nachwirkt. Aber sich zu beklagen, wäre für den Roter Landwirt wirklich unpassend, bedenkt er, wie hart es weite Teile von Nord- und Ostdeutschland getroffen hat. Knopf teilt damit die Einschätzung von Dr. Richard Volz von der ZG Raiffeisen, der zumindest für April und Mai bei uns "respektable Niederschläge" vermelden kann, während im Norden und Osten "seit April praktisch kein Regen fiel". Damit würden dort Ernteeinbußen von 50 Prozent erwartet und auch die Qualität habe gelitten.
"Man muss Glück haben", so Andreas Knopf. Und das passende Erdreich, was jetzt im Fall von St. Leon-Rot mit seinen sandigen, bekanntlich für Spargel (oder früher auch Tabak) bestens geeigneten Böden eher schwierig ist. Knopf bewirtschaftet zurzeit 220 Hektar, rund drei Viertel davon sind "leichte" Böden, die das Wasser alles andere als gut speichern - andererseits bei Starkregen nicht zu Seenlandschaft oder Sumpf werden, und das war in diesem Jahr ein Vorteil. Bei 20 bis 40 liegt die "Ackerzahl" seiner leichten Böden, bei 60 bis 80 die der schwereren, 100 wäre der Idealwert, "darauf muss man sich einstellen". Mit je 70 Hektar liegen Andreas Knopfs Schwerpunkte gegenwärtig auf Mais und Roggen, auf den übrigen Flächen baut er Weizen an.
Auf kleineren Flächen hat er auch schon Hafer oder Dinkel gesät und zurzeit wächst auf einem seiner Äcker am Ortsausgang Richtung Walldorf Ölrettich: Die Zwischenfrucht mit ihren tiefen Wurzeln reichert Nährstoffe, vor allem Stickstoff, an der Oberfläche an, bewirkt den Humus-Aufbau und sorgt dafür, dass leichte, ausgelaugte Böden sich erholen können und auflockern. Die hohe Biomasse sorgt später für eine gute Struktur des Bodens, der Einsatz von Dünger lässt sich dadurch reduzieren.

Berichtet von teils schweren Ernteeinbußen, will sich aber nicht beklagen: Landwirt Andreas Knopf aus St. Leon-Rot. Foto: Lerche
Knopfs Leidenschaft ist überdies der Weinbau, nicht in St. Leon-Rot, sondern auf den Burggraf-Rebflächen in Rauenberg. "Das mache ich gern, das ist mein Ausgleich." Ein weiteres Standbein ist seine Tätigkeit bei den Heidelberger Druckmaschinen (wo er 1986 begann), dort arbeitet er inzwischen Teilzeit in der Qualitätssicherung.
"Schon seit über 130 Jahren betreibt meine Familie die Landwirtschaft in Rot, über Generationen sehr kleinstrukturiert", erzählt Knopf. Lange war der Hof in der Ortsmitte, nahe der heutigen Kastanienschule, wo Knopf jetzt sein Eigenheim hat. 1998 errichtete sein Vater eine Halle für Maschinen und Arbeitsgerät im Industriegebiet an der Autobahn, auf 220 Hektar ist der Betrieb von Anfang der neunziger Jahre bis 2006 gewachsen, 2003 übernahm Andreas Knopf ihn.
Doch bei all der geballten Erfahrung: Derartige Wetterkapriolen wie in den letzten Jahren hat er noch nicht erlebt. "Die Niederschläge waren in letzter Zeit eng begrenzt, da musste man Glück haben, etwas abzukriegen", berichtet Knopf von diesem Jahr. "Beim Gewitter Anfang Juli fielen über Rot 30 bis 40 Liter je Quadratmeter, in St. Leon, Luftlinie einen Kilometer entfernt, nur sieben." Im flachen St. Leon-Rot musste er zumindest nicht befürchten, dass Starkregen den Boden wegschwemmt, was in den Hügeln des Kraichgaus durchaus vorkommen kann.
Der Ertrag beim Roggen "lag im Durchschnitt der letzten vier Jahre", berichtet Andreas Knopf, fünf Tonnen pro Hektar waren es insgesamt gesehen, auf den Sandböden eher weniger. "Sieben bis acht Tonnen, wie andere Landwirte, hatte ich bisher nur einmal." Knopf kann sich auch an Jahre mit nur drei Tonnen pro Hektar erinnern. Der Weizen-Ertrag lag auf den leichten Böden bei guten fünf Tonnen pro Hektar, an besseren Standorten bei 6,8 Tonnen pro Hektar. "Ich habe aber gemerkt, dass dieses Jahr die Erträge bei den schwereren Böden stärker zurückgingen", so Knopf, was sicher vor allem an den unregelmäßigen, räumlich ungewöhnlich verteilten Niederschlägen lag.
"Beim Mais gab es noch größere Unterschiede, da sind die Ausfälle höher als beim Getreide", berichtet der Landwirt. Im Allgemeinen betrachtet er den Mais als pflegeleicht, "so eine C4-Pflanze braucht von Beginn bis Ende der Vegetationszeit wenig Wasser". Sie sei auch "ein effizienter Stickstoff-Verbraucher", vertrage es auch mal, zu viel oder zu wenig gedüngt zu werden. Doch in den entscheidenden drei Wochen, als sich die Kolben bildeten, fehlte es an ausreichenden Niederschlägen "und im Boden war zu wenig Wasser". Zwar hätten die Pflanzen eine gewisse Höhe erreicht und seien sehr viel grüner als der Mais auf Bildern aus Nord- und Ostdeutschland. Ihnen fehlte aber die Kraft für volle, starke Körner, die Kolben seien ordentlich, aber Top-Erträge erwarte er nicht. "An den leichten Standorten habe ich Einbußen von 40 bis 50 Prozent", so Knopf nüchtern, "auf schweren Böden immer noch bis zu 30 Prozent weniger". Normal wären sieben bis zwölf Tonnen pro Hektar (nach der Trocknung des Maises), doch dies habe sich um zirka zwei bis 3,5 Tonnen reduziert. "Auf den leichten Flächen mache ich keinen Gewinn, da lege ich drauf."
"Aber genau genommen habe ich fast größere Schäden durch Wildschweine, das sind mehrere Tausend Euro", berichtet er. Die könnten mit ihren Schnauzen die trockene, harte Erde kaum durchwühlen und suchten sich oberirdisch Nahrung, also den saftigen Mais. Da sei sein dringendes Anliegen an die Jäger, aktiver zu werden. Inzwischen beschränkten sich die Tiere nicht mehr nur auf Wald oder Waldrand, er sei einer siebenköpfigen Rotte nahe dem Autobahnkreuz, an der Überleitung von A 6 auf A 5, begegnet. So "wild" seien die Tiere also nicht mehr, sie hätten sich längst an Menschen und Autos gewöhnt und vermehrten sich auch in unserer dicht besiedelten Region überaus erfolgreich.

Eine frühe Ernte ist selten eine gute: Die erste Wintergerste (im Bild in Dielheim) wurde in der Region bereits am 15. Juni hereingeholt. Grund sind die hohen Temperaturen schon im Frühjahr, die später, auch wegen anhaltender Trockenheit, zum Problem wurden. Foto: Pfeifer
Eine steuerfreie Risikorücklage für Ernteausfälle, wie sie derzeit bundesweit diskutiert wird, hält Andreas Knopf für sinnvoll. Natürlich müsse es fair ausgestaltet sein gegenüber anderen Steuerzahlern, ein Landwirt dürfe die Mittel dann nur zweckgebunden, im Notfall, verwenden. In guten Jahren etwas zurücklegen, um in schlechten davon zu zehren, das ergebe Sinn, "die Höhen und Tiefen glätten: Das wäre schon wichtig".
Zu den Agrarsubventionen sagt Knopf klar: "Da ist kein Landwirt scharf drauf." Bei "realistischen Preisen" sei auch keiner darauf angewiesen, bloß sei man eben auf dem Weltmarkt aktiv, müsse gegen Konkurrenten bestehen, die sich nicht an hiesige Umweltstandards halten müssten.
Apropos: Andreas Knopf ist grundsätzlich zwar nicht bereit, komplett auf ökologischen Landbau umzustellen, aber "ich verzichte viel auf Spritzmittel". Seit über 20 Jahren setze er beispielsweise auf 50 bis 60 Hektar keine Herbizide ein. Auch an Düngemitteln könne er dank ausgewählter Zwischenfrüchte sparen. Von denen profitierten übrigens auch Insekten und ebenso von den 18 Hektar seines Landes, auf denen er "Bienenweiden" angelegt hat. Statt sie ganz brachliegen zu lassen, habe er vielfältiges Saatgut auf den Äckern ausgebracht, sodass verschiedene Insektenarten Nahrung finden. Landwirte dürften also nicht einfach so als Feinde der Artenvielfalt hingestellt werden.
Seit über drei Jahren ist auch Glyphosat für Knopf kein Thema mehr, nicht nur, weil es gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert wird. Das Unkraut bekämpfe er mechanisch, so Knopf, das sei für ihn nur ein minimaler Mehraufwand an Zeit und Kosten, gerade weil er eine stimmige Fruchtfolge wähle. "Aber ich verstehe die Kollegen, die sich den Verzicht nicht leisten können." Schließlich sei der Verbraucher im Allgemeinen auch nicht bereit, den Mehraufwand des Landwirts zu honorieren.
Er sehe durchaus die Vorteile ökologischen Landbaus für Struktur und Speicherfähigkeit des Bodens. "Aber ’Bio’ bedeutet halt 50 Prozent weniger Ertrag, da will ich sehen, wie die Bevölkerung ernährt werden soll." In Deutschland werde die Thematik gerne schwarz-weiß gesehen, "Bio" sei gut, alles andere schlecht, doch sehe er verschiedene Möglichkeiten, Landwirtschaft weniger exzessiv zu betreiben, ohne dass der Minderertrag einem das Genick breche. Das Land fördere schließlich entsprechende Maßnahmen über verschiedene Programme, beispielsweise die Bienenweide als ökologischen Ausgleich. Da stütze er sich auch auf die Beratung der ZG Raiffeisen, bezüglich Saatgut oder Pflanzenschutzmitteln sei die "ein kompetenter Partner".
Ähnlich wie Andreas Knopf kann Dr. Richard Volz, der als stellvertretender Regionalleiter der ZG Raiffeisen und Verantwortlicher für die Vermarktung den badischen Raum überblickt, bei allen Einbußen auch von durchaus zufriedenstellenden Ernten berichten. Insgesamt sei der Ertrag geringer als 2017, so Volz, aber über dem bundesdeutschen Durchschnitt und mit hohen Qualitäten. "Noch im Mai sind wir von einer sehr guten Ernte ausgegangen, der Winter war durchschnittlich, die Jugendentwicklung der Pflanzen gut." Die Einbußen durch die "deutlich zu trockenen" Monate Juni und Juli sind nicht so stark wie Nord- oder Ostdeutschland, die unter der Dürre seit April stark gelitten haben. Hier im Südwesten liege beispielsweise der Weizen-Ertrag nur rund 15 Prozent unter einem Durchschnittsjahr und die Kornfüllung sei "sehr gut" - "große Körner mag der Müller". Volz weiter: "Der Proteingehalt ist zufriedenstellend", im Fall des Brotweizens beispielsweise mit zwölf Prozent sogar leicht über dem Durchschnitt. Das Getreide sei auch sehr gesund, Pilzinfektionen hätten bei dem trockenen Wetter weniger Chancen.
Beim Mais habe es "gut geklappt", bis die "sehr lange Trockenphase" in den letzten beiden Monate auf magereren Böden für "graue Bestände" sorgte: Kein Chlorophyll bedeute, dass die Pflanze sich nicht mehr erholen könne. Dr. Volz sieht bei seinen Reisen durch die Region aber auch "viele ordentliche Bestände, eben auf schluffigeren Böden", befürchtet insgesamt aber einen bis zu 25-prozentigen Ernteausfall. Beim Roggen könne man noch recht zufrieden sein, da liege man hier in der Region im Durchschnitt, während in Dürregebieten "die Kornfüllung nicht geklappt" habe.
Die Trockenheit war zwar unterbrochen von Episoden enormer Niederschläge, glücklicherweise kann Richard Volz aber nur von vereinzelten Unwetterschäden berichten, durch die Pflanzen umgeknickt wurden. "Das war nichts Großflächiges", in dieser Hinsicht sei das Erntejahr also nicht außergewöhnlich. Auffällig sei jedoch die "deutlich frühere Ernte", so Volz, große Mengen Weizen beispielsweise seien drei Wochen eher als üblich hereingeholt worden. Insgesamt erwartet die ZG Raiffeisen 2018 eine Erfassungsmenge, die mit etwa 250.000 Tonnen rund 15 Prozent unter dem Vorjahreswert liegt.



