Eberbacher Stadtwald

Borkenkäfer setzen dem Eberbacher Wald zu

Populationen vermehren sich explosionsartig - In der Stadtkasse ist mit Einbußen zu rechnen

07.08.2018 UPDATE: 07.08.2018 14:00 Uhr 2 Minuten, 55 Sekunden

Ein Borkenkäfer wandert in einem Gang, den die Insekten in den Stamm einer Fichte gefressen haben. Fotos: Klaus-Dietmar Gabbert (dpa)

Von Elisabeth Murr-Brück

Eberbach. Auch der für morgen angekündigte Regen ändert nichts am Problem, sagt Eberbachs leitender Stadtförster Siegfried Riedl. Die Waldbrand-Gefahr bleibt unverändert hoch, aber noch ein anderes Problem brennt ihm auf den Nägeln. Nicht so dramatisch beängstigend wie ein Feuer, aber in der Auswirkung für den Wald kaum weniger schlimm. Wochenlange Trockenheit und Hitze haben die Bäume geschwächt, das riecht ein Schädling förmlich, der umso aktiver wird, je wärmer es ist: Buchdrucker und Kupferstecher, zwei Borkenkäfer-Arten.

Sie befallen vor allem Fichten; in diesem Sommer vermehren sie sich explosionsartig. Ein bis allerhöchstens zwei Käfergenerationen gibt es in normalen Jahren, sagt Riedl, jetzt ist nicht nur eine dritte zu erwarten, sondern auch so genannte Geschwisterbruten, wenn sich die Käferweibchen nach der ersten Eiablage einen neuen Wirtsbaum für eine weitere Brut suchen.

Borkenkäfer gelten als die größten biowirksamen Schädlinge in der Forstwirtschaft. Sie bohren sich durch die Rinde und legen dort Brutgänge zur Ei-Ablage an. Larven und die sich daraus entwickelnden Käfer zerstören das für den Baum lebensnotwendige Bastgewebe. Normalerweise schützt sich ein gesunder Baum durch das Harz, sagt Riedl, die durch Wassermangel geschwächten Bäume sind dazu nicht mehr in der Lage: "Da baut sich eine riesige Population auf, die auch in den nächsten Jahren noch für Probleme sorgen wird", sagt der Förster, im Ausmaß abhängig vom Wetter. Ist es im Frühling kühl und feucht und gestaltet sich auch der Sommer entsprechend, ist das gut für den Wald und schlecht für die Käfer.

Dieser Sommer ist aber ein idealer Käfer-Sommer und nichts ist normal. Normal wäre, dass der Buchdrucker zuerst die Bäume befällt, jetzt ist der Kupferstecher, sonst Sekundärschädling, zuerst da. Er bohrt sich ins dünnere Holz der Baumwipfel, nur dort kann er eindringen. Der von ihm geschwächte Baum ist dann gewissermaßen reif für den Buchdrucker. Dass er aktiv ist, erkennt das geschulte Auge an Spuren von Bohrmehl um die Bäume, Schäden durch Kupferstecher erkennt man erst,wenn es eigentlich schon zu spät ist: Wenn der Saftstrom so weit unterbrochen ist, dass sich die Nadeln gelb und dann rot verfärben. "Aber da haben die meisten Käfer den Baum bereits schon wieder verlassen", sagt Riedl.

Die gewaltige Ausdehnung des Eberbacher Stadtwaldes von rund 3600 Hektar macht ein Eingreifen nicht grade leichter: "900 Hektar Fichtenbestand kann man nicht systematisch kontrollieren", sagt Riedl. Immerhin fallen durch die landschaftlichen Gegebenheiten geschädigte Bereiche schneller auf, weil man in vielen Fällen von einem Tal ins andere sehen kann.

Die Borkenkäfer-Plage fordert derzeit alle Ressourcen von Förstern und Waldarbeitern, für die sonst üblichen Arbeiten in dieser Jahreszeit bleibt keine Zeit: Um Wanderwege und Erholungseinrichtungen kann sich jetzt niemand kümmern, selbst die Pflege der Jungbäume, die eigentliche Hauptarbeit, muss zurückgestellt werden. Eine planmäßige Durchforstung ist derzeit auch nicht möglich.

Der bis in tiefere Schichten ausgetrocknete Boden trifft das ganze System Wald. Tümpel und andere Oberflächengewässer sind längst vertrocknet, Buchen, die jetzt kräftig grün sein müssten, werden schon gelb. Immerhin zeigen sie noch keine merklichen Schäden wie im Rheintal, wo schon viele abgestorben sind.

Auch die Lärchen sind bisher kaum betroffen, Douglasien nur an sehr ungünstigen Stellen. Aber der wirtschaftliche Ausfall zeichnet sich bereits ab, es ist klar, dass es zu erheblichen Ertragseinbußen kommen wird.

Bis zum 6. August wurden 5700 Festmeter Fichtenholz geschlagen, 1250 Festmeter, also 22 Prozent, waren vom Borkenkäfer befallen; Riedl geht davon aus, dass es letztendlich bis 35 Prozent sein werden. Als Vergleichsbasis dient dabei der Sommer 2003, der ähnlich trocken war. Im Vergleich dazu waren 2017 im gesamten Jahr nur 15 Prozent des Fichten-Einschlags vom Borkenkäfer geschädigt.

Für dieses nun minderwertige Holz wird deutlich weniger bezahlt, dazu kommt noch, dass durch einen Sturm im Spätwinter in Nord- und Mitteldeutschland Unmengen von Holz auf dem Markt und dadurch die Preise sowieso schon im Keller sind: "Eine sehr schmerzhafte Kombination", sagt Riedl.

Wie hoch der Schaden genau ist, wird man erst im Herbst feststellen. Ab einer Temperatur von etwa 15 bis 20 Grad stellen die Borkenkäfer ihre Schwärmtätigkeit ein, die Gefahr ist auch dann noch nicht vorbei. "Ein Baum kann äußerlich gesund aussehen, mit kräftig grüner Krone, und ist unter der Rinde doch voller Buchdruckerlarven", sagt der Forstamtschef; was das menschliche Auge nicht sieht, zeigt dann der Specht. Riedl: "Wo er die Larven aufspürt, müssen wir nächstes Jahr Gewehr bei Fuß stehen."

Ort des Geschehens

Wie derzeit auch noch in Sachen Waldbrandgefahr: Erneut erinnert er daran, dass schon eine Zigarettenkippe, ein Streichholz, eine weggeworfene Flasche zum Feuerherd werden können.

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