Schwarz-Grün einigt sich auf Fahrverbote ab 2019
Spitzen der grün-schwarzen Koalition reagieren auf Gerichtsurteil - Betroffen sind ältere Diesel bis Schadstoffklasse Euro-4 in Stuttgart

Vor allem am Stuttgarter Neckartor ist die Belastung durch Feinstaub hoch. Eine Busspur könnte dort den Verkehr entlasten. Foto: dpa
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die Landesregierung wird ab Anfang 2019 in der Stuttgarter Innenstadt ein Fahrverbot für Diesel der Schadstoffklasse 4 und schlechter verhängen. Das teilten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) und die beiden Fraktionschefs Andreas Schwarz (Grüne) und Wolfgang Reinhart (CDU) am Dienstagabend in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit. Damit bekennt sich Grün-Schwarz erstmals explizit zu Fahrverboten.
Zugleich betonten die Spitzen der Koalition, dass sie Fahrverbote für Euro 5-Diesel vermeiden wollen. Entgegen früheren Überlegungen sollen alle Benziner von Verboten ausgenommen bleiben. "Weitere Ausnahmen und Übergangsregelungen für Handwerker, Lieferverkehr und Anwohnergruppen werden vorgesehen", heißt es in der Mitteilung weiter. Noch offene Frage sollen in den nächsten zwei Wochen geklärt werden.
Mit der Vorfestlegung auf Fahrverbote für ältere Diesel will die Landesregierung das Verwaltungsgericht Stuttgart überzeugen, dass sie die Luftverschmutzung in der Landeshauptstadt relevant verbessern wird. Das Verwaltungsgericht verhandelt am Donnerstag einen Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Zwangsvollstreckung gegen das Land. Die DUH hält der Regierung vor, die Umsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 für "Saubere Luft" in Stuttgart zu blockieren, das Fahrverbote als Maßnahme zur Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte für zulässig erklärt hat. "Es geht um die Umsetzung des Urteils", so Kretschmann. "Freihändig" hätte man "solche Sachen so sicher nicht gemacht".
Grün-Schwarz will den umstrittenen Eingriff durch weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt flankieren. Dazu gehört die Erprobung einer eigenen Busspur auf der vielbefahrenen Bundesstraße 14 stadtauswärts in Höhe des Neckartors sowie eine Tarifabsenkung für den öffentlichen Nahverkehr. Auch "Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen", die zur Entlastung des Stuttgarter Talkessels führten, müssten geplant und "schnellstmöglich realisiert" werden.
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Für Freitag hat Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Vertreter der Autoindustrie eingeladen, um auszuloten, was bei der Nachrüstung älterer Diesel möglich ist. Allerdings müsste dabei der Bundesgesetzgeber mitspielen. Ob Berlin dazu bereit wäre, ist unklar.
Herbe Kritik an den Plänen übte die Opposition. "Bestraft werden die Falschen, nämlich die Eigentümer älterer Dieselfahrzeuge", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Fahrverbote bis einschließlich Euronorm 4 hätten keine großen Effekte auf die Luftqualität. "Wesentlich sinnvoller wäre es, das Thema Nachrüstung jetzt anzugehen und die Automobilindustrie in die Pflicht zu nehmen", so Stoch. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der CDU vor, umgefallen zu sein. "Spannend ist leider nur noch die Frage, in welcher Geschwindigkeit sich die CDU von den Grünen über den Tisch ziehen lässt", sagte der Liberale. Der Regierung warf er vor, "keinerlei Interesse" an der Nutzung von Spielräumen aus dem Urteil zu haben.



