Gitte Neubauer gründete ihr eigene Biotechnologie-Firma
Geschlechterfragen waren ihr nie so wichtig - Die Frauenquote sieht sie kritisch

"Ich glaube nicht, dass meine Kinder etwas vermissten, mein Mann war ja für sie da", sagt Gitte Neubauer, Chefin von 65 Mitarbeitern. Foto: hen
Von Maria Stumpf
Heidelberg. Der Internationale Frauentag ist ihr schon ein Begriff. Doch besonders wichtig ist ihr der heutige Tag nicht: Denn für Gitte Neubauer, Gründerin und Geschäftsführerin des Heidelberger Biotechnologie-Unternehmens Cellzome, spielen Geschlechterfragen keine größere Rolle. "Das zählt für mich nicht. Aber dass viele Frauen und auch Männer es heute als notwendig betrachten, laut zu sein und für Frauenrechte einzutreten, verstehe ich."
Traditionelle Geschlechterrollen sind ihr ein Graus. Da macht sie keinen Hehl daraus. "Wenn ich heute in ein Meeting komme und da sitzen nur Alpha-Männchen, dann denke ich mir, da stimmt was nicht." Die 52-jährige Unternehmerin ist Mutter von drei Kindern von 13, 17 und 20 Jahren. Die Wissenschaftlerin empfängt in ihrem spartanisch eingerichteten Container-Büro, praktische Anordnung, kein Schnickschnack. Sie trägt ihre dunklen Haare kurz, Jeans, schwarze Bluse, ein freundlicher, direkter Blick. "Egal was ich mache, ich gebe immer alles", erklärt sie unumwunden.
Im fränkischen Coburg aufgewachsen mit älteren Brüdern, folgte nach dem Realschulabschluss in Heidelberg zuerst eine Ausbildung zur Chemisch-Technischen Assistentin. "Das reichte mir nicht." Sie beschloss, das Abitur nachzumachen. Um die englische Sprache zu lernen, ging sie danach nach London, graduierte nach einem Studium in Biochemie am Imperial College London und promovierte dann - wieder zurück in Heidelberg - am Europäischen Labor für Molekularbiologie (EMBL).
Mit zwei Kollegen hat sie im Jahr 2000 ihr Unternehmen Cellzome gegründet, heute ist sie Chefin von 65 Mitarbeitern aus 15 Nationen. Sie hat den ersten EU-Innovationspreis für Frauen verliehen bekommen und sitzt im Aufsichtsrat des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. "Mein Beruf war nie nur ein Job für mich, das ist mein Leben", sagt sie.
Und wie hat sie dieses Leben und die Familie unter einen Hut gebracht? "Eine geregelte 40-Stunden-Woche hat dieser Job eher selten", räumt sie lachend ein. Dazu braucht Frau also Hilfe. "Das ist mein Mann." Das erste Kind kam kurz nach ihrer Doktorarbeit zur Welt. "Für uns war am Anfang unserer Familienplanung klar, dass ich diese wissenschaftliche Arbeit nicht mache, um dann als Mutter nur zu Hause zu bleiben." Sie sei heute die Hauptverdienerin, ihr Mann habe sich größtenteils um die Familie gekümmert. "Und Kindermädchen, Haushaltshilfen, gute Kitas und Schulen braucht es auch." Nie ein schlechtes Gewissen gehabt? "Ganz selten. Ich glaube nicht, dass meine Kinder etwas vermissten. Mein Mann war ja für sie da, als sie klein waren. Und er hat sich mit seiner Aufgabe nicht schlecht gefühlt."
In ihrem Unternehmen arbeiten je zur Hälfte Frauen und Männer. "Ich fördere als Unternehmerin Frauen, wo es möglich ist", sagt sie. Die Pharmaindustrie sei in den leitenden Etagen noch immer eine Domäne der Männer und sie begegne Frauen, die gut seien im Job. "Aber sie sagen es nicht laut genug." Leistung alleine reiche oft nicht aus, weiß sie.
Und was ist mit der Frauenquote? Neubauer zögert. "Wenn Frauen in Gremien sitzen und sich als Quotenfrau fühlen, dann wird das nichts. Festzurren sollte man so eine Quote nicht." Führt eine Frau ein Unternehmen anders als ein Mann? Wieder überlegt sie lange und schmunzelt. "Ich bemuttere mehr." Wie bitte? Sie lacht herzlich: "Im Sinne von Multitasking, was Männer ja nicht so gut können." Typisch Frau halt.



