Stabwechsel in Nußloch

Karl Rühl ging, Joachim Förster kam (plus Fotogalerie)

Hunderte wollten Stabwechsel an der Rathausspitze in Nußloch miterleben - Meer an Blumen für Ehefrauen

04.03.2018 UPDATE: 05.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden

Stabwechsel im Nußlocher Rathaus: Auf den bisherigen Bürgermeister Karl Rühl (li.) folgt der neue Amtsinhaber Joachim Förster (re.). In der Mitte Bürgermeister-Stellvertreter Gerhard Leypold. Foto: Alex

Von Thomas Frenzel

Nußloch. Generationswechsel? Keine Frage: Auf den 55-Jährigen, der für das helle Grau seiner kurz geschorenen Haarpracht wohl zweifelsfrei die 16 Jahre an der Rathausspitze verantwortlich machen darf, folgt ein 37-Jähriger, der unübersehbar zu den Jüngsten unter den vielen Hundert zählte, die in die Festhalle der Nußlocher Schillerschule gekommen waren. Kommt auch ein Stilwechsel? Das ist anzunehmen: Auf einen mit vielen Ecken und noch mehr Kanten ausgestatteten Karl Rühl, der seine Mannschaft durchaus zum Leviten-Lesen antreten ließ, folgt ein Joachim Förster, der vor allem das Miteinander in den Mittelpunkt rücken will. Und was bleibt erhalten? Ein in 16 Rühl-Jahren gestählter Gemeinderat, der erkennbar stolz ist auf seine Streitkultur. All das transportierten die vielen Ansprachen und Grußworte, die Rühls Verabschiedung und Försters Amtseinführung begleiteten.

Gekommen war, was Rang und Namen hat - nicht allein in Nußloch. Die Oberhäupter der umliegenden Städte und Gemeinden waren da, der Landrat, die Geistlichkeit, die Repräsentanten von Kultur und Ordnung, die im Wahlkreis direkt gewählten Bürgervertreter in Stuttgart und Berlin. Und hinzu kamen viele Wegbegleiter der beiden Rathauschefs, bisherige wie zukünftige.

Die Fäden hielten indessen zwei andere in der Hand: Rosi Geil, die langjährige Chefsekretärin, die den Abend bis hin zum Sitzplan organisiert hatte, und Gerhard Leypold, der frisch gebackene Ehrenbürger, der als erfahrener Kommunalpolitiker durch den Abend führte. Den beiden war es zu verdanken, dass bei diesem Amtsübergang von Mann zu Mann auch die Frauen ins Rampenlicht gerückt wurden: Manuela Rühl und Adriana Förster ertranken schier in dem Meer an Blumensträußen, die ihnen überreicht wurden. Zu Recht. Denn egal, wer das Wort an diesem Abend ergriff - die Bedeutung des familiären Rückhalts bei dem alles fordernden Beruf eines Bürgermeister wurde immer wieder thematisiert.

Hintergrund

Joachim Förster will Bürger in Entscheidungen einbinden

Von einem historischen Moment war die Rede, vom Ende einer Ära und dem Beginn einer neuen. Und gemeint war stets der Wechsel an der Rathausspitze von Nußloch. Joachim Förster, dem neuen Mann im

[+] Lesen Sie mehr

Joachim Förster will Bürger in Entscheidungen einbinden

Von einem historischen Moment war die Rede, vom Ende einer Ära und dem Beginn einer neuen. Und gemeint war stets der Wechsel an der Rathausspitze von Nußloch. Joachim Förster, dem neuen Mann im Chefsessel, war dieses Gewicht durchaus anzumerken bei dem Festakt in der schillerschulischen Festhalle. Dessen ungeachtet gelang es ihm schon gleich zu Beginn seiner Amtszeit, die ihm wichtigen Akzente zu setzen.

Förster thematisierte nicht nur zwischen den Zeilen ein offenes Rathaus. Das beginne nicht allein bei der geplanten bürgernahen Umgestaltung des Entrees, sondern beinhalte auch die nötige Transparenz und die bürgerschaftliche Einbindung bei anstehenden Entscheidungsprozessen: "Ich werde Ihnen die Möglichkeit geben, zu verstehen."

Der neue Rathauschef versprach auch, dass es "keinen Leerlauf" geben werde. Das vakante Amt des Bauamtsleiters sei mit Matthias Leyk wieder besetzt, eine erste Personalversammlung habe bereits stattgefunden. Wohlwissend, dass sich manche Probleme nicht mit einem Handstreich lösen lassen und mehr Zeit erforderten als gedacht, möchte er Impulse setzen und Themen aufgreifen.

Explizit sprach Förster den "Masterplan 2030" an, den er schon zu Wahlkampfzeiten versprochen hatte. Dieser soll als Agenda der nächsten Jahre von Bürgerschaft, Verwaltung und Gemeinderat gemeinsam entwickelt werden.

Stichworte hierfür sind ein Verkehrskonzept, das schnellstmöglich umgesetzt werden müsse, genauso wie die Behebung des Engpasses bei der Betreuung der unter Dreijährigen. Daran werde der Bau des Fröbelkindergartens kurzfristig nichts ändern.

Ebenfalls auf der nahen Agenda muss Förster zufolge die Sanierung der Schillerschule stehen. Wenn sich Nußloch diesbezüglich nicht schnell schlüssig werde, drohten Zuschussquellen zu versiegen. Zudem sei es unverzichtbar, dass sich Nußloch in Bezug auf den sozialen Wohnungsbau neu aufstelle. (fre)

[-] Weniger anzeigen

Selbstredend hatte auch das Offizielle, das Staats- und Kommunentragende seinen breiten Platz. An Bürgermeister-Stellvertreter Leypold war es, die berufliche Biografie von Karl Rühl zu würdigen, der sich 2002 bei der Wahl gegen den bisherigen Amtsinhaber und drei weitere Mitbewerber durchgesetzt hatte. Der in der Folge die erdrückende Schuldenlast abgeräumt und in ein dickes Wohlstandspolster an Rücklagen verwandelt hat. Und der mit der Schaffung neuer Baulandreserven der Gemeinde zukunftsträchtige Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet hat.

So erhielt auch besonderes Gewicht, auf was Leypold den souveränen Wahlsieger des 3. Dezember 2017 und bisherigen Kämmerer verpflichtete. Zuvor hatte er - dem Formellen einer Amtseinführung musste Genüge getan werden - die Beschlussfähigkeit des Gemeinderats festgestellt. Leypold verdingte Joachim Förster dazu, die Rechte der Gemeinde gewissenhaft zu wahren und deren Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern. Erst nachdem der Neue dies bekräftigt hatte, gab es für ihn auch die Amtskette. Es ist an Rednerpult wie Mikrofon ein erkennbar eher unhandliches Bürgermeister-Attribut, an das sich Förster, wie dieser freimütig eingestand, erst noch gewöhnen muss.

Stefan Dallinger, der Landrat, der sich jetzt am 13. März seiner Wiederwahl im Kreistag stellt, würdigte in seiner Festansprache den Tatendrang von Karl Rühl, der - wenn es um das Wohl Nußlochs ging - gerne auch die Konfrontation gesucht hatte. Umso mehr freute er sich, dass Rühl als Mitglied der CDU-Kreistagsfraktion auch weiterhin seinen enormen Sachverstand als Verwaltungsfachmann einbringen wird: "Wir brauchen Dich, Karli!" Mit Blick auf Nußloch zeigte sich der Landrat bester Dinge, dass es auch Joachim Förster gelingen werde, die gute Zusammenarbeit in Nußloch fortzuführen. Diesem Wunsch standen die gemeinderätlichen Fraktionssprecher, die ebenfalls die Bühne eroberten, in nichts nach.

Die derart gelobten und willkommen Geheißenen gaben sich gleichermaßen selbstbewusst wie bescheiden. Joachim Förster bedankte sich bei seinem Vorgänger, dass dieser ihn vor viereinhalb Jahren in der Walldorfer Stadtverwaltung angerufen und gefragt hatte, ob er nicht nach Nußloch wechseln wolle. Und Karl Rühl sprach von einem "unvergesslichen Abend für uns und unsere Familien". Auf sein "Servus, macht’s gut!" erntete der künftige Pensionär stehende Ovationen. Es waren lang anhaltende.

Die musikalische Umrahmung des Abends hatte in bewährten Händen gelegen. Der Musikverein Feuerwehrkapelle hatte swingend den Abend eröffnet. Der MGV 1867 besang frei nach Beethoven die Freude und den schönen Götterfunken. Und der MGV Sängereinheit? Nach einem gelungenen Ausflug in die Liedkultur südafrikanischer Minenarbeiter ließ sie die "edle Perl‘ im deutschen Land" hochleben. Bei diesem Badnerlied hielt es die Halle nicht mehr auf den Sitzen, und so mancher hielt beim Mitsingen dieser regionalen Hymne die Hand am Herzen. Der folgende Umtrunk mit kleinen Häppchen - Bürgermeister Förster sprach von "Nachsitzung" - war äußerst gelungen, konnte diese Inbrunst aber nur noch ansatzweise toppen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.