70-Jähriger stach auf drei Flüchtlinge ein
Ein Iraker wurde schwer verletzt – Stark alkoholisierter Angreifer von Passanten überwältigt - Debatte um Sicherheit

Heilbronn gilt Behördenangaben zufolge als sichere Stadt, aber das sehen offenbar einige Einwohner anders. Sorgen machen ihnen vor allem die Flüchtlinge. Archivfoto: Guzy
Heilbronn. (guz/bfk) Offenbar ohne Vorwarnung hat ein 70-Jähriger am Samstagabend kurz nach 21 Uhr in Heilbronn ein größeres Messer gezückt und vor der Kilianskirche in der Kaiserstraße auf drei junge Migranten eingestochen. Nach Polizeiangaben wurde ein 25 Jahre alter Iraker bei dem Angriff schwer, ein Afghane (17) und ein Syrer (19) jeweils leicht verletzt. Passanten gelang es, den ebenfalls verletzten Senior zu überwältigen und bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten.
Die Beamten nahmen den stark alkoholisierten 70-Jährigen fest. Bei dem Tatverdächtigen, der bislang für die Polizei ein unbeschriebenes Blatt war, handelt es sich laut Angaben der Behörden um einen in Heilbronn wohnenden Mann mit russischer und deutscher Staatsangehörigkeit. Über das Tatmotiv ist noch nichts bekannt. Die Ermittlungen laufen. "Tief bestürzt über diese abscheuliche Tat" zeigte sich Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel gegenüber der RNZ. Er sei in Gedanken bei den Verletzten und hoffe, dass diese keine bleibenden Schäden davontrügen.
"Ich appelliere auch weiterhin an einen besonnenen, verantwortungsvollen und von Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft geprägten Umgang mit den Flüchtlingen. Gemeinsam mit mehr als 400 ehrenamtlichen Helfern hat die Stadt hier bislang Hervorragendes geleistet", erklärte Mergel.
Er wolle den Vorfall aber auch zum Anlass nehmen, um für Vertrauen in die Arbeit der Polizei zu werben, kündigte der Rathauschef gestern an. "Ich teile auch deren Einschätzung, dass es keinen objektiven Grund dafür gibt, mit Angst in die Heilbronner Innenstadt zu gehen", sagte Mergel.
Erst kürzlich hatte der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats auf Antrag der CDU-Fraktion die Situation auf den Treppen der Kilianskirche und dem Marktplatz erörtert. Angeblich hatten sich zuvor viele Bürger besorgt an die Christdemokraten gewandt - wegen der Ansammlung junger männlicher Flüchtlinge an den beiden Standorten. Heilbronn gilt als eine der sichersten Städte in Baden-Württemberg, wird von Einwohnern und Besuchern aber offenbar anders gesehen.
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Das subjektive Sicherheitsempfinden deckt sich nicht mit der (objektiven) Faktenlage. In der Debatte wurde deutlich, warum sich die Migranten gerade an der Kirche und dem Marktplatz tummeln. Zum einen haben sie dort zentrale Treffpunkte, zum anderen können sie hier dank freiem Wlan den Kontakt zu ihren Familien und Freunden in der Heimat halten.
Es soll dort aber auch mit Kleinmengen von Rauschgift gehandelt werden. Von einer "Szene" könne aber nicht die Rede sein, sagte der Heilbronn Kripo-Chef Thomas Schöllhammer im Ausschuss. Auch Hans-Jörg Eiding, Pfarrer in der Kilianskirche, hat keine Beobachtungen gemacht, die Ängste oder Beschwerden rechtfertigten. Die Forderung nach Videoüberwachung wiesen Mergel und Polizeivertreter vehement zurück. Es gebe dafür keine gesetzliche Grundlage.



