Behörden machen Schlachthof dicht
Betrieb wegen des Verdachts auf Verstoß gegen Schlachtverordnung eingestellt

Die Polizei hatte nach Vorwürfen der Tierquälerei den Schlachthof in Tauberbischofsheim nach Beweismitteln durchsucht. Foto: dpa
Tauberbischofsheim. (bg/pol) Der Schlachthof in Tauberbischofsheim ist am Mittwoch von den Behörden dichtgemacht worden, nachdem Aktivisten von "Soko Tierschutz" dem Fernsehmagazin "Stern TV" Aufnahmen zugespielt hatten, die massive Verstöße gegen die Tierschutz-Schlachtverordnung dokumentieren. Wie das Landratsamt des Main-Tauber-Kreises mitteilt, haben die Videos dem Veterinäramt Anlass zum sofortigen Handeln gegeben. Rund 20 Beamte der Schutz- und Kriminalpolizei Tauberbischofsheim durchsuchten zudem am Donnerstag den Schlachthof. Bei der Durchsuchung wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, dessen Auswertung längere Zeit in Anspruch nehmen wird.
Der frühere städtische Schlachthof am nördlichen Rand der Kreisstadt gehört seit 2017 dem international tätigen Fleischlieferanten OSI mit Sitz in Gersthofen bei Augsburg. Bislang wurden hier täglich rund 200 Rinder geschlachtet.
Anlass des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens waren neben den Medienberichten auch Anzeigen von "Soko Tierschutz" und die Fast-Food-Kette "McDonald’s" wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Hiernach seien Tiere vor der Schlachtung nicht ausreichend betäubt worden, nicht zugelassene Geräte eingesetzt worden und vor der Betäubung der Schlachttiere mehrfach massive und unnötige Gewalt angewendet worden.
Nach Feststellung der "Soko Tierschutz"-Aktivisten, die mit versteckter Kamera im Schlachthof Aufnahmen gemacht haben, wurde dem Schlachtvieh wiederholt unnötiges Leid zugefügt. Die am Mittwochabend von "Stern TV" ausgestrahlten Aufnahmen zeigen, wie Mitarbeiter des Schlachthofs wiederholt gegen die Tierschutz-Schlachtverordnung verstoßen und die Rinder vor der Schlachtung quälen.
Kai Braunmiller, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Fleischhygiene, Tierschutz und Verbraucherschutz, wird dazu mit den Worten zitiert: "Aus meiner Sicht müsste man die Schlachtung dort sofort einstellen und das Personal austauschen."
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Das Veterinäramt des Main-Tauber-Kreises hat nach dem Sichten der Aufnahmen sofort reagiert und die Einstellung des Schlachthof-Betriebs verfügt. Bis auf Weiteres dürfen dort keine Tiere mehr angenommen und geschlachtet werden. Diese Regelung gilt laut Landratsamt so lange, bis der Betreiber einen entsprechenden Maßnahmenkatalog vorlegt, der die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen garantiert, und dessen Umsetzung vom Veterinäramt überprüft wurde.
In einer Pressemitteilung schreibt McDonald’s Deutschland: "Die uns vorgelegten Aufnahmen aus dem Schlachthof beinhalten gravierende Verfehlungen in dem Schlachtbetrieb. Dies ist für uns nicht akzeptabel." Man habe den Bezug von Fleisch vom Tauberbischofsheimer Schlachthof unmittelbar nach Kenntnis der Vorwürfe bis auf Weiteres einstellen lassen und den Vertragspartner, die OSI Food Solutions, aufgefordert, die erhobenen Vorwürfe schnell und intensiv zu überprüfen und nachhaltig jegliche Verfehlungen abzustellen.
McDonald’s war eigenen Angaben zufolge bislang Abnehmer von rund 30 Prozent des Schlachtvolumens des Tauberbischofsheimer Betriebs. Eine schnelle Aufklärung sei im Sinne aller Verbraucher, denn McDonald’s Deutschland ist nicht alleiniger Abnehmer des Fleisches von besagtem Schlachthof. Rund 70 Prozent des Schlachtvolumens gehen an andere Abnehmer. Auch deren Kunden haben ein Recht auf zügige Klärung des Sachverhalts.
Die OSI Group hat laut McDonald’s Ende letzten Jahres ein Maßnahmenpaket entwickelt, um die zusätzlichen, freiwilligen Audits - welche neben den gesetzlichen Kontrollen stattfinden - weiter zu verbessern. Aufgrund der aktuellen Vorwürfe habe man OSI Food Solutions aufgefordert, die konsequente Umsetzung drastisch zu beschleunigen. Das Unterlaufen von gesetzlichen Tierschutzstandards sei völlig inakzeptabel: "Wir erwarten von unseren Partnern, dass sie diese Haltung vollumfänglich und mit aller Kraft unterstützen."
Die Firma OSI kündigte derweil eine Untersuchung und ein erneutes Training bezüglich der Tierwohlstandards an: "Auch wenn wir das Videomaterial nicht gesehen haben, finden wir die Anschuldigungen beunruhigend."