Heidelberger Stadtpfarrer Hermann Maas: Ein Gerechter unter den Völkern

Der Heidelberger Stadtpfarrer Hermann Maas rettete unter Lebensgefahr Juden das Leben

09.11.2013 UPDATE: 09.11.2013 05:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Hermann Maas, von 1915 bis 1943 Stadtpfarrer an Heiliggeist, half bis 1940 unermüdlich Juden bei ihrer Ausreise ins rettende Ausland. Foto: RNZ-Archiv
Von Micha Hörnle

Der Heidelberger Pfarrer Hermann Maas (1877 bis 1970) war eine absolute Ausnahme - sowohl charakterlich als auch numerisch. Als einer der wenigen ließ er sich vom NS-Regime nicht einschüchtern und half verfolgten Juden. Deswegen gehört er auch zu den knapp 25 000 Personen, die die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zu "Gerechten unter den Völkern" erklärt hat. Nur 525 Deutsche gehören zu diesem Kreis von "anerkannten" Judenrettern, darunter seit 1964 auch Maas. In seiner Sonntagspredigt vier Tage nach der Pogromnacht verurteilte er von der Kanzel der Heiliggeistkirche das Schänden der Synagogen und die Verbrechen an den Juden. Kurz darauf schrieb er einem jüdischen Bekannten: "Ich stehe bei Ihnen, nicht trotzdem Sie Jude sind, sondern weil sie es sind und weil ich heute von einem Gottesvolk weiß, zu dem wir, Sie und ich, in gleicher Weise als Brüder und Schwestern gehören, in gleicher Weise angegriffen, verachtet und verstoßen von der Welt, in gleicher Weise auch geborgen in der Liebe des Ewigen, dessen Kinder wir sein dürfen."

Aber Maas beließ es nicht beim Reden: Er befestigte an der Glastür seines Pfarrhauses das traditionelle Symbol des Judentums, eine Mesusa, eine an den Türpfosten genagelte Schriftrollenkapsel. Damit zeigte er öffentlich, dass Juden bei ihm sicher waren. Im Jahr der Reichspogromnacht gründete der Berliner Pfarrer Heinrich Grüber ein Büro, das Juden und zum Christentum übergetretene Juden bei der Auswanderung unterstützte. Eigentlich sollte Maas diese Organisation leiten, doch er wollte nicht weg von Heidelberg, übernahm aber die nordbadische Filiale. Dabei half ihm ein großes Netzwerk im Ausland, über internationale ökumenische Konferenzen knüpfte Bande vor allem nach England und in die Schweiz. Ganz besonders setzte er sich für die Rettung von Kindern ein, diese Transporte retteten etwa 10 000 Leben.

Maas handelte durchaus unter Lebensgefahr - zumal er sich direkt nach der "Machtergreifung" 1933 direkt mit den Nazis angelegt hatte, schon 1932 war er dem "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" beigetreten. Die Heidelberger NSDAP verlangte bei der Kirchenbehörde ein Predigtverbot für den "Judenpfarrer".

Bald häuften sich die Verhöre der Gestapo und die Haussuchungen, doch seltsamerweise wurde Maas nie verhaftet - ganz anders als sein Amtsbruder Grüber, der 1940 ins KZ kam. Nur einmal zog sich die Schlinge bedrohlich eng für ihn, als er sich 1940 in Briefen erschüttert über die Deportation der badischen Juden ins südfranzösische Lager Gurs zeigte. Die Gestapo hatte das belastende Material beschlagnahmt und an den Oberkirchenrat nach Karlsruhe weitergeleitet. Dort musste er dann Stellung nehmen - und log, er habe sich angeblich nur um getaufte Juden und nie um ungetaufte gekümmert. Die Kirchenräte wussten, dass Maas log - und er wusste, dass sie wussten, dass er log. Maas blieb unbehelligt, wurde aber 1943 in den Ruhestand versetzt. Im Herbst 1944 kam er zur Zwangsarbeit ins Elsass, wurde von den Amerikanern befreit und schlug sich nach Heidelberg durch.

Vier Jahre vor seinem Tod, 1966, erklärte Maas, mittlerweile Heidelberger Ehrenbürger, sein Verhalten in einem RNZ-Interview so: "Ich wollte doch kein Märtyrer werden, ich musste weiterkämpfen."

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