Kretschmann nahm größten Bürgerwindpark des Landes in Betrieb

Ministerpräsident Winfried Kretschmann nahm gestern in Hettingen den größten Bürgerwindpark des Landes in Betrieb.

14.11.2013 UPDATE: 14.11.2013 05:00 Uhr 2 Minuten, 49 Sekunden
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (M.) drückte gemeinsam mit (v. l.) Uwe Steiff, MdL Charlotte Schneidewind-Hartnagel, MdL Georg Nelius, Kai Froböse (Repower), Bürgermeister Roland Burger, Landrat Achim Brötel und Bernd Brunner auf den Startknopf. Fotos: R. Busch
Von Rüdiger Busch

Hettingen. "Nach den Gesellenstücken in den Vorjahren haben Sie jetzt Ihr Meisterstück abgeliefert!" Ministerpräsident Winfried Kretschmann sparte gestern im "Großen Wald" nicht mit Lob für die Initiatoren des größten Bürgerwindparks im Land. Der grüne Landesvater sprach von einem "Leuchtturm" der Energiewende und von einem "Mutmach-Projekt". Doch nicht nur für den Windpark, sondern für die gesamte Region gab es warme Worte: "Der Neckar-Odenwald-Kreis spielt in der Champions League der Energiewende", meinte Kretschmann, "und zur Champions League geht man bekanntlich gerne."

Bevor der hohe Gast aus Stuttgart per Knopfdruck die erste Windkraftanlage des bislang größten Bürgerwindparks Baden-Württembergs symbolisch in Betrieb nahm, fand im beheizten Festzelt ein kurzer Empfang mit zahlreichen Gästen statt. Unter den Teilnehmern waren auch Kai Froböse, Geschäftsführer der Hersteller-Firma Repower, der sich über die Inbetriebnahme der 5000. Anlage aus seinem Haus freute, die Landtagsabgeordneten Georg Nelius (SPD) und Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Grüne) sowie weitere Vertreter aus Kommunalpolitik, Behörden und Wirtschaft.

"Der eigentliche Schauplatz der Energiewende ist der ländliche Raum", verdeutlichte Landrat Dr. Achim Brötel. Der Neckar-Odenwald-Kreis habe sich in Sachen Klimaschutz und Energiewende früher auf den Weg gemacht als andere. Daraus sei inzwischen ein Erfolgsmodell, ein Markenzeichen des Kreises und ein Motor der regionalen Wertschöpfung geworden.

Mit einem Eigenversorgungsgrad von 43 Prozent liege der Neckar-Odenwald-Kreis auf Platz zwei im Land. Die Inbetriebnahme des Bürgerwindparks werde dafür sorgen, dass der Kreis dahin kommt, wo er hingehört, sagte Brötel unter dem Beifall der Zuhörer, "nämlich an die Spitze!" Die Stadt Buchen sei mit einem Eigenversorgungsgrad von 101 Prozent sogar vollständig autark.

Brötel dankte den Initiatoren des Bürgerwindparks, Uwe Steiff, Bernd Brunner, Elke Herkert und Bernd Scheuermann, für ihre Pionierleistungen in Sachen Windenergie im Neckar-Odenwald-Kreis. Davon profitierten alle Bürger in der Region, betonte der Landrat und verwies auf das Stichwort "regionale Wertschöpfung": "Der wirtschaftliche Mehrwert soll vor Ort bleiben, und vom ökologischen Mehrwert profitieren wir eh' alle."

"Der regionale Bezug ist unsere Stärke", so Uwe Steiff von der Betreibergesellschaft "Windenergie S & H", die nunmehr 13 Anlagen in fünf Windparks ans Netz gebracht hat. Der letzte Rotor des Windparks "Großer Wald" werde noch in dieser Woche montiert, so dass bis Anfang Dezember alle fünf Windräder grünen Strom einspeisen können.

Der heutige Tag sei ein Hoffnungsschimmer für eine von den Bürgern getragene Energiewende. "Wir wollten ein Vorzeigeprojekt von Bürgern für Bürger verwirklichen", verdeutlichte Steiff. Ein solches Vorhaben benötige eine breite Akzeptanz. Der Grundgedanke sei daher folgender gewesen: "Wer die Anlagen sieht, soll sich auch finanziell beteiligen können." 270 Bürger und sieben Genossenschaften haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Ein weiterer Erfolgsgarant sei die offensive Informationspolitik gewesen. Alle Beteiligten, ob Forst, Jäger, Naturschutzverbände oder Behörden, hätten nach Lösungen gesucht. "Es war eine perfekte Zusammenarbeit aller Beteiligten", lobte Steiff.

Der Windkraftpionier aus dem Odenwald war aber an diesem für ihn und seine Mitstreiter so bedeutsamen Tag nicht nur positiv gestimmt: Die aktuellen Planspiele zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) könnten das Aus für die "Energiewende von unten" bedeuten. Nicht die Subventionierung der Windkraft treibe die Energiekosten nach oben, sondern vor allem die Befreiungen für die Unternehmen: "Die Industrie profitiert, die Bürger dürfen zahlen."

Trotz "dunkler Wolken am Horizont" wollte Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Aussichten für die Energiewende nicht so negativ sehen wie Uwe Steiff befürchtete. Man müsse abwarten, was letztendlich bei den Weichenstellungen in Sachen EEG herauskomme. Generell könne die Energiewende nur gelingen, wenn es nicht nur um den Klimaschutz gehe, sondern sie auch ein ökonomischer Erfolg werde. Und hierfür seien solche Projekte wie hier in Hettingen echte Mutmacher, lobte Kretschmann.

Beeindruckt zeigte sich der Ministerpräsident davon, wie eine ganze Region zusammengearbeitet habe, um Wertschöpfung in die Region zu bringen. Die Stadt und der Kreis könnten wie alle übrigen Beteiligten darauf und besonders auch auf die schnelle Umsetzung stolz sein. Dass es keinen Widerstand gegen das Großprojekt gegeben habe, liege auch daran, dass man aus Betroffenen Beteiligte gemacht habe, anerkannte Kretschmann: "Die Menschen sehen: Das ist für uns. Weshalb sollen sie dann dagegen protestieren?"

"Windräder sind schöne Maschinen", sagte der Landesvater dann kurz darauf sichtlich beeindruckt, als er vor der imposanten, fast 200 Meter hohen Anlage stand. Am Ende ergänzte er die Liste der Superlative (siehe "Hintergrund") noch um einen persönlichen Rekord: "Vor einer so großen Anlage bin ich noch nie gestanden." Dafür muss man eben in den Champions-League-Kreis fahren.

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