Mannheimer Uniklinik braucht dringend frisches Geld

Hygieneskandal, wirtschaftliches Desaster in Südhessen und sinkende Patientenzahlen haben Folgen - Banken wollen bisher kein Darlehen gewähren - Gehälter werden bezahlt

06.04.2016 UPDATE: 07.04.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Die Mannheimer Uniklinik hat massive finanzielle Probleme. Foto: Kay Sommer

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Das Mannheimer Universitätsklinikum hat massive finanzielle Probleme und braucht unbedingt frisches Geld. Laut einem internen Papier, über das gestern Morgen der sechsköpfige Ständige Ausschuss des Krankenhaus-Aufsichtsrats beraten hat, werde der April nur noch unter größten Schwierigkeiten überbrückbar sein, ab Mai sei "keine Liquiditätsdeckung mehr für den operativen Bereich da".

Noch im Herbst 2014 hatte die Universitätsmedizin (UMM) unter dem ehemaligen Geschäftsführer Alfred Dänzer ein Finanzpolster von rund 55 Millionen Euro angehäuft. Dann kamen die Probleme. Zunächst erschütterte der Hygieneskandal das Krankenhaus und brachte es mehrfach in die Negativschlagzeilen. Operationsinstrumente waren nicht vorschriftsgemäß gereinigt, Mitarbeiter nur unzureichend geschult worden.

Die Folge: Das OP-Programm musste über einige Monate hinweg stark gedrosselt werden. Und wegen des Imageschadens ließen sich im vergangenen Jahr 4000 Patienten weniger im Klinikum behandeln. Schon zu Beginn der Affäre war Dänzer zurückgetreten, die Staatsanwaltschaft ermittelt bis heute gegen ihn und fünf weitere Mitarbeiter.

Die neue Klinikdoppelspitze um Professor Frederik Wenz und Jörg Blattmann versuchte, das Ruder herumzureißen. Sie stellten die sogenannte Sterilgutversorgungsabteilung neu auf, dazu wurden für rund 15 Millionen Euro ein Großteil der Operationsinstrumente ersetzt und der Hygienebereich umgebaut. Ebenso hart ins Kontor schlugen die hohen Defizite von drei inzwischen insolventen Krankenhäusern in Südhessen, die die UMM 2013 zum symbolischen Preis von einem Euro fast zu 100 Prozent übernommen hatte.

Die Uniklinik schrieb deshalb 2014 einen Verlust von 35 Millionen Euro, für das vergangene Jahr wird ein Minus von 30 Millionen Euro erwartet. Deshalb und um die Kosten für die Neustrukturierung zu decken, sei man erstmals auf einen größeren Kredit angewiesen. "20 Millionen Euro brauchen wir auf jeden Fall, dann sehen wir weiter", sagte Kliniksprecher Dirk Schuhmann.

Zwar sind von dem 55-Millionen-Euro-Polster noch 20 Millionen übrig. Diese reichten allerdings nicht, um das Jahr 2016 zu überstehen, heißt es in dem geheimen Papier. Für einen geordneten Betrieb sei "eine Kapitalzufuhr zwingend und sofort notwendig". Das ist allerdings nicht so einfach. Wie dem internen Dokument weiter zu entnehmen ist, haben es sechs Banken abgelehnt, der Uniklinik unter die Arme zu greifen. Zu risikoreich sei das Darlehensgeschäft. Und das, obwohl die Stadt Mannheim eine Bürgschaft für eine Kreditzusage in Höhe von 15 Millionen Euro in Aussicht gestellt hatte. Kliniksprecher Schuhmann kann das nicht nachvollziehen, habe das Krankenhaus doch alleine im Jahr 2014 trotz Krise einen Umsatz von 307 Millionen Euro gemacht. Er verwies gegenüber der RNZ zudem auf ausreichend Sicherheiten und eine hohe Eigenkapitalquote in der Bilanz.

Und: Seit Dezember 2015 liege das Krankenhaus bei den Patientenzahlen wieder auf dem Vor-Krisen-Niveau und seit Anfang dieses Jahres sogar über Plan. Vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation machen sich unter den 4800 Mitarbeitern Sorgen breit. Schuhmann bekräftigte jedoch, dass die Gehälter weiterhin pünktlich bezahlt werden können.

Die Klinik kann dabei auf einen "Cash-Pool" zurückgreifen, den die Stadt für ihre vielen privatwirtschaftlich organisierten Gesellschaften führt und der wie ein Bankkonto funktioniert. Gesellschaften mit hoher Liquidität subventionieren jene mit einer geringeren.

Klinikaufsichtsratschef und Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz erklärte, die Stadt stehe auch in der aktuellen Restrukturierungsphase zum Uniklinikum, sodass die notwendige Finanzierung auch in Zukunft gesichert sein werde. Er ärgerte sich allerdings über nicht näher benannte Ausschussmitglieder, die mitten in den Verhandlungen der Krankenhausleitung mit verschiedenen Banken und noch vor der Ausschusssitzung "interne Informationen öffentlich gemacht" hätten.

Das sei nicht zu akzeptieren und könne sich "sehr nachteilig" auf die Verhandlungsergebnisse auswirken. Wenn die Finanzierungslücke mit Hilfe der Banken und der Stadt geschlossen sei, könne die Klinik aus eigener Kraft den Weg zur bis 2020 angestrebten "schwarzen Null" schaffen, glaubt Kurz.

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