Boyd stochert Siegtor in Eiseskälte über die Linie
Der Stürmer traf in typischer Knipsermanier. Die Rasenheizung fiel in der Nacht aus.

Von Daniel Hund
Mannheim. Gezittert, aber nicht gefallen! Der SV Waldhof hat sein Heimspiel gegen den SV Wehen-Wiesbaden mit 1:0 (0:0) gewonnen. Terrence Boyd war der Matchwinner, stocherte den Ball in typischer Knipsermanier über die Linie.
Bitterkalt war's, als die ersten Buwe das Rasen-Rechteck enterten. Da war es kurz nach 12 Uhr, zwei Stunden vor Spielbeginn. Dicke Jacken hatten sie an, Wollmützen auf. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Und der Rasen? Der lag größtenteils noch im Schatten, sah nicht nach Fußball-Geläuf aus. Eher nach Wintersport. Überall Raureif. Eine dünne weiße Schicht. Das Problem: Die Rasen-Heizung war die ganze Woche über an, fiel aber in der Nacht zum Samstag aus. Am Samstagmorgen wurde sie wieder repariert und lief während des Spiels auf Hochtouren, was aber zu spät war.
Die Aufstellung überraschte. Gefühlt war alles anders bei den Blau-Schwarzen. Trainer Luc Holtz musste improvisieren, reagieren auf kranke und angeschlagene Spieler. Sein Startelf-Debüt in dieser Saison feierte Sturmtank Boyd, der beim 4:1 im Pokal gegen Walldorf zwei Treffer beisteuerte. Ebenfalls reinrotiert waren Seyhan Yigit und Emmanuel Iwe. Gar nicht im Kader: Regisseur Arianit Ferati und Stürmer Felix Lohkemper. Beide waren nicht fit. Diego Michel saß immerhin auf der Bank.
Zum Spiel: Die ersten zwölf Minuten herrschte eine gespenstische Stimmung. Die Fans schwiegen, beteiligten sich damit an den deutschlandweiten Protesten, die sich gegen die nahende Innenminister-Konferenz richten, auf der Beschlüsse gefasst werden sollen, die das Fandasein künftig einschränken werden. Im Vorfeld wurde dazu eine digitale Botschaft verschickt, die ebenfalls beinhaltete, dass ab Minute 12 dann Vollgas angesagt sei.
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So kam es dann auch. Auf den Rängen knisterte es, auf dem Feld stotterte der Motor noch erheblich. Was auch mit den Gästen zusammenhing. Immer wieder lag einer auf den Boden, sorgte für minutenlange Unterbrechungen. Spielfluss? Fehlanzeige.
Die erste Chance des Spiels hatte Waldhof-Innenverteidiger Tim Sechelmann, der nach einem ruhenden Ball im Sechzehner einen Schuss abfeuerte. Wiesbadens Noah Brdar konnte den Aufsetzer auf der Linie aber noch zur Seite abwehren (16.). In der 36. Minute war es Okpala, der über die linke Seite im Gäste-Strafraum ein Tänzchen aufzog. Und das machte er gut, sein Flachpass in den Fünfmeterraum fand aber keinen Abnehmer in Blau und Schwarz. Eine Ecke später kam Boyd im Gewühl an den Ball, sein Schuss blieb aber noch an einem Abwehrbein hängen. Der SVW war jetzt am Drücker, hätte die Führung mittlerweile auch verdient gehabt, doch es ging torlos in die Kabine.
Kurz aufwärmen, überlegen, wie man es besser, erfolgreicher machen könnte. Besser wurde es aber nicht. Die stark ersatzgeschwächten Mannheimer fanden keine Lösungen. Bis der SVWW den SVW kräftig durchschüttelte: In der 57. Minute tauchte Tarik Gözüsirin plötzlich frei vor Thijmen Nijhuis auf. Eine "Hundertprozentige" war das, die der fliegende Holländer im Waldhof-Kasten, aber tatsächlich noch vereitelte: Blitzschnell fuhr der 27-Jährige seinen linken Arm aus und entschärfte den Schuss.
Doch in der 71. Minute war es dann endlich auf der anderen Seite soweit: Kenny Okpala stocherte den Ball in den Fünfmeterraum, Boyd krallte ihn sich und drückte ihn im Fallen zum 1:0 über die Linie. Kaum drin, drehte er ab, stürmte auf den VIP-Turm zu und schrie vor Glück. Ein Tor des Willens. Von einem Mann, der in dieser Saison schon so viele Rückschläge wegstecken musste. Aber dann da ist, wenn er gebraucht wird.
Der Rest war Kampf und Leidenschaft. Gemeinsam wurde das 1:0 über die Ziellinie gezittert.
Waldhof: Nijhuis - Sechelmann, Hoffmann, Klünter - Abifade, Diakhaby, Sietan, Yigit (46. Shipnoski) – Iwe (65. Rieckmann), Boyd, Okpala.
Schiedsrichter: Eckermann (SV Breuningsweiler); Zuschauer: 17.406; Tore: 1:0 Boyd (71.).




