Mark Twain Village Heidelberg: "Günstiger Wohnraum in einer teuren Stadt" mit Konvisionär
Die Pläne des Gemeinschaftswohnprojektes "Konvisionär" in der Heidelberger Südstadt nehmen langsam Gestalt an - Weiter Suche nach Direktkreditgebern

Das Haus links sowie die linke Hälfte des Gebäudes in der Mitte will der Verein von der Stadt kaufen. In die anderen eineinhalb Häuser will das Wohnprojekt "Hagebutze" ziehen, mit dem sich die "Konvisionäre" dann den Innenhof teilen würden. Foto: privat
Von Denis Schnur
Die Zeiten, in denen man sich vor dem Abzug der US-Armee fürchtete , scheinen vergessen. Mittlerweile hat sich fast überall die Überzeugung durchgesetzt, dass die Konversion für Heidelberg vor allem Chancen bietet. Eine ganz konkrete Chance, seinen Traum vom gemeinschaftlichen und ökologischen Wohnen zu verwirklichen, sieht etwa der Verein "Konvisionär".
Angefangen mit Treffen in einem Gemeinschaftsgarten in der Weststadt, bildete sich der Verein 2013 mit dem Ziel, ein Gebäude zu kaufen, in dem die Mitglieder gemeinsam nach ihren Prinzipien leben können - und gleichzeitig etwas gegen die hohen Mieten in Heidelberg tun. Schon früh verbanden die Mitglieder ihre Vision mit der Konversion. Aus beiden Begriffen wurde der Name "Konvisionär" und aus der anfänglichen Idee ein konkretes Projekt, das im April nun im Kaufvertrag mit der Stadt für eineinhalb Häuser in Mark Twain Village münden soll. Dann könnte die Sanierung der ehemaligen Kasernengebäude zwischen Rhein- und Edisonstraße beginnen und im nächsten Jahr könnten die ersten Mitglieder einziehen und ihre Vision Realität werden lassen.
Zu dieser gehört nicht nur, dass die 30 Erwachsenen und 17 Kinder, die bereits Mitglied sind, zusammen wohnen. Sie haben sich zusätzlich den Prinzipien Gemeinschaft, Ökologie, Solidarität und Selbstverwaltung verschrieben. Dies soll sich in großen Gemeinschaftsräumen, gemeinsamer Nutzung von Waschmaschinen und Werkzeugen, gestaffelten Mietpreisen, regelmäßigen Versammlungen aller Bewohner und in Projekten, von denen auch die Nachbarschaft profitiert, äußern. "Wir wollen unter anderem eine offene Fahrradwerkstatt einrichten", betont "Konvisionärin" Antje Köhler. Denkbar seien zudem etwa ein Lebensmitteldepot für die solidarische Landwirtschaft oder ein Umsonstladen.
Überhaupt dürfte das Verhältnis zu den Nachbarn recht entspannt werden: In die Häuser, mit denen sich die "Konvisionäre" künftig den Innenhof teilen, zieht das ähnlich organisierte Projekt "Hagebutze" ein. Insgesamt wollen sechs gemeinschaftliche Wohnprojekte in die Südstadt ziehen, die sich als "HD Vernetzt" zusammengeschlossen haben.
Auch interessant
Die Finanzierung läuft dabei jeweils ähnlich: Vereinsmitglieder und Externe geben Direktkredite, hinzu kommen Fördergelder von öffentlichen Einrichtungen und Bankkredite. "Konvisionär" leiht sich so etwa 800 000 Euro von seinen Mitgliedern und bislang gut 30 externen Förderern. Mit zusätzlich drei Millionen Euro von der Bank sei nun definitiv genug Kapital für die Umsetzung vorhanden: "Uns steht eigentlich nichts mehr im Weg", freut sich Stein Wanvik.
Mit dem Geld soll der Kaufpreis an die Stadt bezahlt werden, der zwischen einer und zwei Millionen Euro liegen wird. Der Rest wird in die Renovierung gesteckt: Der Schnitt der Wohnungen muss geändert werden, damit verschiedene Wohnformen - von der Kleinfamilienwohnung bis hin zur Groß-WG - Platz finden. Vor allem soll aber aufwendig energetisch saniert werden. Je mehr Kredite eingeworben werden, desto mehr soll in diesem Bereich geschehen.
Die Kredite sollen langfristig durch Mieteinnahmen gegenfinanziert werden. Laut Rechnung des Vereins reicht dazu eine Kaltmiete von unter acht Euro pro Quadratmeter. "So liefern wir günstigen Wohnraum in einer teuren Stadt", erläutert Ariane Fröhlich. Der Vorteil sei, dass die Kredite irgendwann wegfielen und die komplette Ersparnis dann bei den Bewohnern lande: "Die Investoren, die profitieren, sind wir", erklärt Wanvik.
Von den geplanten Wohnungen sind einige noch nicht vergeben. Jedoch hat der Verein derzeit einen Aufnahmestopp verhängt, Interessenten tragen sich auf eine Warteliste ein. Bei dem Preis und der Lage verwundert es kaum, dass diese sich schnell gefüllt hat. Bei neuen Bewohnern soll aber auch auf die Durchmischung geachtet werden: Zu den vielen jungen Familien sollen nach Möglichkeit Studenten, ältere Menschen und eine Flüchtlingsfamilie hinzukommen.
Fi Info: Für das Projekt werden weiter Direktkreditgeber gesucht. Infos unter www.konvisionaer.de .



