Popakademie startet neuen Studiengang Weltmusik
Die Absolventen des neuen Studiengangs der Popakademie Mannheim sollen später im künstlerischen und pädagogischen Bereich arbeiten

Musiker der Orientalischen Musikakademie Mannheim, die im Rahmen des neuen Studiengangs mit der Popakademie kooperiert, spielte am Montag für die Erstsemester. Foto: vaf
Von Jan Millenet
Die letzten zwölf Jahre - 2003 wurde die Popakademie Mannheim gegründet - war der Name auch Programm. Die populäre Musik stand immer im Vordergrund. Heute prägen etliche Absolventen der Mannheimer Künstlerschmiede, wie aktuell Joris Buchholz ("Herz über Kopf"), den Musikmarkt Deutschlands mit. Mit dem neuen Bachelor-Studiengang Weltmusik geht die Einrichtung nun neue Wege. Und es ist deutschlandweit der erste seiner Art. Im Zentrum der Ausbildung steht die türkisch-arabisch-persische Musikkultur, einerseits von ihrer traditionellen, klassischen Seite beleuchtet, andererseits in Verbindung mit Fusion, Jazz oder westlicher Populärmusik.
"Ähnliches gibt es in Europa nur in Rotterdam", sagte am Montag der Staatsminister im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Jürgen Walter (Grüne), in der Popakademie, wo der neue Studiengang im Rahmen der Erstsemesterbegrüßung eröffnet wurde. Aus seinen Grußworten wurde deutlich, dass Mannheim perfekt für solch einen Studiengang sei. "Die Oud ist hier genauso zu Hause wie die Gitarre", sagte er mit Blick auf die türkisch- und arabischstämmigen Bürger, die schon lange zur Mannheimer Bevölkerung gehören. "Mannheim hat nun also eine Vorreiterrolle eingenommen."
Bei dem hohen Migrantenanteil in Baden-Württemberg würden in den Musikschulen immer wieder zahlreiche junge Menschen den Wunsch äußern, orientalische Instrumente wie die Oud (Laute) zu erlernen. "Aber bislang fehlen dazu die Lehrer", so Walter. Mit dem neuen Studiengang verknüpfe er die Hoffnung, diese in naher Zukunft zu bekommen. So soll an den Musikschulen ein Curriculum entwickelt werden, um eine Kompetenz im bislang unterrepräsentierten Bereich "Weltmusik" aufzubauen.
Die aktuelle Flüchtlingssituation ließ der Staatssekretär ebenfalls nicht aus den Augen. "Musik und Kultur sind dazu prädestiniert, Grenzen einzureißen." Der neue Studiengang sei zumindest ein kleiner Beitrag auf dem Weg zur Integration.
Den Anfang machen zwölf Studenten, darunter drei Frauen, die sich auf die Ausbildungsbereiche Baglama und Oud, zwei orientalische Lauten, sowie Mediterranean/Middle Eastern Percussion verteilen. Sie kommen aus Syrien, Bangladesch und Deutschland, wobei ein Großteil der Deutschen einen Migrationshintergrund hat. Für den Unterricht konnte die Popakademie namhafte Künstler als Dozenten gewinnen. Darunter der Perkussionist Firas Hassan oder der Baglama-Spieler Kemal Dinc. "Obwohl der Studiengang eher künstlerisch ausgelegt ist, weniger wirtschaftlich, bekommen die Studenten dennoch Einblicke in Bereiche wie Existenzgründung oder den Markt der Weltmusik", erklärte Hubert Wandjo, Businessdirektor der Popakademie. Die Absolventen sollen letztendlich von ihrer Musik leben können. Sei es als Musiker oder im pädagogischen Bereich. Das Studium umfasst sechs Semester. Im zweisemestrigen Grundstudium stehen unter anderem praxisorientierte Kurse auf dem Plan und Schwerpunktbereiche wie Instrumental- und Projektarbeit. Im viersemestrigen Hauptstudium liegt der Erwerb der Fähigkeiten im Vordergrund, die für das Berufsfeld "Weltmusik" entscheidend sind, zum Beispiel die Kompetenzen im musikwirtschaftlichen Bereich.
Mit Mehmet Ungan steht der Popakademie ein erfahrener Projektleiter zur Seite. Der Musiker und Soziologe ist der Vorstandvorsitzende der 2008 gegründeten Orientalischen Musikakademie Mannheim, die im Rahmen des Studienzweigs mit der Popakademie kooperiert. "Mit diesem Studiengang wurde eine Tür für weitere Vorhaben geöffnet", sagte er. Auch Ungan sieht den Wert des Studiengangs einerseits im künstlerischen, andererseits im pädagogischen Bereich.
Der Unterricht soll, sobald alle dazu fähig sind, in Deutsch abgehalten werden, so Udo Dahmen, künstlerischer Direktor der Popakademie. Voraussetzung für ein Studium sei der Nachweis der selbstständigen Sprachverwendung nach Ende des ersten Semesters, was dem Level B2 beim Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen entspricht.
"Es geht um Musik, aber auch um noch mehr", sagte Oberbürgermeister Peter Kurz, der Kultur als einen wesentlichen Treiber für eine funktionierende Gesellschaft ansieht.



