Warum Tanken bald teurer wird
Die Bundesregierung plant eine frühere Erhöhung des Preises für CO₂-Zertifikate. Damit rückt sie von ihren Vorsätzen ab.

Von Thomas Vitzthum
Berlin. Das Thema ist hochkomplex und erfordert Detailkenntnisse, die kaum ein Laie und sogar wenige Experten haben. Die Rede ist vom Emissionshandel. An dieser Stelle wird mancher Lust verspüren, die Lektüre zu beenden. Doch diese komplexe Materie hat ganz direkte Auswirkungen auf jeden in diesem Land. Denn der Emissionshandel wird in den kommenden Jahren dafür verantwortlich sein, wie sich die Preise fürs Tanken und fürs Heizen erhöhen.
Auf die Verbraucher kommt laut einem Bericht der "FAZ" schon Ende des Jahres eine unvorhergesehene Teuerung zu. Verantwortlich dafür ist der Emissionshandel. Konkret funktioniert der so, dass jeder, der CO₂ produziert, dafür das Recht in Form von Verschmutzungszertifikaten erwerben muss.
Wer weniger ausstößt, braucht weniger Zertifikate. Das soll den Klimaschutz voranbringen.
Der Preis für die Zertifikate kann auf zwei Arten generiert werden: einerseits durch echten Handel, nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Dann sind Ausreißer nach oben und unten möglich. Oder er wird politisch festgesetzt. So ist es im Verkehrs- und Gebäudesektor derzeit. Ein echter "Handel" findet da also nicht statt. Für eine Tonne CO₂ wird im Moment pauschal ein Preis von 30 Euro im nationalen System verlangt. Das Geld speist den Klima- und Transformationsfonds. Und der braucht mehr Geld.
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Denn inzwischen wurden ihm so viele Aufgaben zugewiesen, dass das Geld knapp wird. So soll demnächst auch die Förderung für den Tausch alter Heizungen aus dem Fonds bezahlt werden. Deshalb soll dem Bericht zufolge Ende des Jahres der CO₂-Preis auf 40 Euro pro Tonne steigen. Für alle Verbraucher von Brennstoffen wirkt sich das unmittelbar aus.
An der Tankstelle muss der Autofahrer mit etwa sechs Cent mehr pro Liter rechnen. Aber auch im Heizungskeller wird man das merken. Und da alle Gebäude auch in Industrie und Mittelstand geheizt werden müssen, mittelbar wohl auch über anziehende Preise für etliche Produkte.
Eigentlich hätte der CO₂-Preis dieses Jahr laut Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ja schon 35 Euro betragen müssen. Doch um die Belastung durch die Energiepreise nicht noch weiter zu erhöhen, blieb man 2023 wie 2022 bei 30 Euro pro Tonne. Dafür wurde das Gesetz geändert. Für 2024 wurde ein Preis von 35 Euro festgelegt. Davon rückt die Regierung nun wohl ab. Das bringt dem Klimafonds zusätzliche Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro. Geld, das in die Förderung des Heizungstauschs gehen soll.
CSU-Generalsekretär Martin Huber kritisiert das Vorgehen. "Die Ampel ist eine Deindustrialisierungs-Koalition. Während die Wirtschaft in der ganzen Welt wächst, steckt Deutschland in der Rezession. Die Erhöhung des CO₂-Preises kommt zur Unzeit und gibt der Industrie das Signal, dass sie in Deutschland unerwünscht ist", sagte Huber unserer Berliner Redaktion. Mit ihrer Energiepolitik mache die Bundesregierung Deutschland als Wirtschaftsstandort unattraktiv.
ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand betont die Notwendigkeit von Ausgleichsmaßnahmen. Er sagte unserer Zeitung: "Wenn der CO₂-Preis steigt, muss auf der anderen Seite mit dem Klimageld für eine Entlastung der Bevölkerung gesorgt werden – das war auch das Versprechen der Bundesregierung." Über ein Klimageld sollten Bürger zurückerhalten, was sie mit dem CO₂-Preis bezahlen. Alle Ampel-Parteien wollten das. Allein, es existiert bis heute nicht. In Österreich gibt es bereits den Klimabonus.
Noch völlig unklar ist, was ab 2027 passiert. Dann löst der europäische Emissionshandel im Verkehr- und Gebäudesektor den nationalen ab. Die FDP will einen frühen Übergang, indem die Zertifikate richtig gehandelt werden. "Für einen reibungslosen Übergang in das EU-System wäre es sinnvoll, bereits 2024 einen nationalen CO₂-Zertifikatehandel für Wärme und Verkehr einzuführen", sagte der klimapolitische Sprecher der Fraktion, Lukas Köhler unserer Zeitung.
Bleibt es bei den bisherigen gesetzlichen festen Vorgaben, kann der Preis in Deutschland 2026 bei 65 Euro pro Tonne liegen. Die EU will aber einen Richtwert von 45 Euro einhalten. Passiert nichts, würde das Tanken damit also wieder billiger. Doch so weit dürfte es nicht kommen. In den Ampel-Parteien ist schon von einem nationalen Mindestpreis die Rede.