Wärmeplanung

Ist Baden-Württemberg zu schnell und zu vorbildlich?

Statt 2028 soll im Südwesten die Wärmeplanung bereits 2024 vorliegen. Das könnte ein Nachteil werden, wenn dann Förderprogramme fehlen sollten.

16.06.2023 UPDATE: 16.06.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Ist bemüht um Klarheit seitens des Bundes: Umweltministerin Thekla Walker. Foto: dpa

Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die grundsätzliche Einigung der Bundesregierung beim geplanten Gebäudeenergiegesetz (GEG) sorgt in Baden-Württemberg für Unruhe. Gerät dem Südwesten seine Vorreiterrolle bei der Wärmewende zum Nachteil? Das Landes-Energieministerium meldet Beschwichtigendes aus Berlin.

"Aktuell hat der Bund klargestellt, dass bereits vorhandene Wärmepläne nach Landesrecht anerkannt werden sollen", erklärte das Ressort von Umwelt- und Energieministerin Thekla Walker (Grüne) unserer Redaktion. "Das Umweltministerium geht davon aus, dass dies im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens auch so bleibt."

Damit wäre eine der Hauptsorgen vom Tisch, die der Kompromiss der Bundesregierung im Südwesten ausgelöst hat. In "Leitplanken" zur weiteren GEG-Beratung hatten die Ampel-Parteien am Dienstag vereinbart, bis spätestens 2028 deutschlandweit eine verpflichtende Kommunale Wärmeplanung einzuführen, gefolgt von dem Satz: "Solange keine Kommunale Wärmeplanung vorliegt, gelten beim Heizungstausch die Regelungen des GEG noch nicht."

Das Problem: Baden-Württembergs Klimaschutzgesetz verpflichtet die 104 größten Städte des Landes, schon bis Ende 2023 Wärmeplanungen vorzulegen – mit teilweise anderen Vorgaben. Schnell war deshalb diese Woche die Frage aufgetaucht, was Baden-Württembergs Pläne noch wert sind, wenn die GEG-Regeln in Kraft treten.

"Es ist natürlich jetzt unsere Erwartungshaltung, dass zunächst mal diese baden-württembergischen Wärmeplanungen dann auch Bestandsschutz genießen", sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des baden-württembergischen Städtetags, Susanne Nusser, unserer Redaktion. Die Städte müssten in die Umsetzung gehen können.

Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag erklärte: "Der Bund darf Länder nicht dafür bestrafen, dass sie bei den Regeln zur Energieversorgung vorangehen." Er wies aber darauf hin, dass noch kein konkreter Gesetzentwurf vorliege. Auch Max Peters vom Kompetenzzentrum Wärmewende bei der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg riet zum Abwarten. "Bei den am Dienstag vorgestellten Ergebnissen des Koalitionsausschusses handelt es sich um Eckpunkte. Diese müssen noch in einen Referentenentwurf des GEG eingepflegt werden, und sind dann Gegenstand weiterer politischer Auseinandersetzungen."

Energieministerin Thekla Walker hatte am Mittwoch den Bund aufgefordert, seine Vorgaben so zu gestalten, dass sie zu Baden-Württembergs Blaupause passen. Am Donnerstag hatte sie offenbar Klarstellungen erhalten. "Bürgerinnen und Bürger, die in einem der 104 Stadtkreise bzw. einer Großen Kreisstadt wohnen, haben also Klarheit, dass an ihrem Wohnort zu Ende des Jahres ein kommunaler Wärmeplan vorliegen wird, an dem sie sich orientieren können", erklärte ihre Pressestelle.

Das betrifft rund die Hälfte der Landesbewohner. Für sie würden, wenn die Pläne des Bundes nicht noch modifiziert werden, die neuen Öko-Regeln beim Austausch defekter Heizungen schon ab 2024 gelten und damit Jahre früher als anderswo in der Republik. Manche Experten vermissen Anreize für die dortigen Gemeinden, den Rückstand aufzuholen.

Zu ihnen gehört Martin Pehnt, Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg. "Das darf aus meiner Sicht nicht sein, dass die Vorreiterkommunen bestraft werden, die jetzt schon Wärmeplanungen haben, dass die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen quasi den Druck, den Streit aus Berlin abbekommen", sagte er am Mittwoch den "Tagesthemen". Pehnt war am Donnerstag für Nachfragen nicht erreichbar.

Auch Städtetag- Vize-Geschäftsführerin Nusser sieht hier zumindest noch Klärungsbedarf. "Wir haben früher Planungssicherheit, wir haben vielleicht auch eher die Möglichkeit, dann noch Wärmepumpen am Markt beschaffen zu können", gab sie zwar zu bedenken. Sie warnte aber auch davor, eine Verpflichtung in Kraft zu setzen, "bei der die Menschen in Baden-Württemberg hinten runterfallen, weil es noch keine Förderung gibt, während die in Nordrhein-Westfalen, die erst 2028 fertig werden, dann mit einer Förderung hinterlegt sind."

Ministerin Walker sieht angesichts des Zuspruchs im Land kein grundsätzliches Akzeptanzproblem. "Baden-Württemberg ist Vor- und Spitzenreiter bei der kommunalen Wärmeplanung. Dass auch die Kommunen sie wollen, zeigt die große Resonanz auf unser Förderprogramm für Gemeinden, die keine Wärmeplanung vorlegen müssen, aber dennoch wollen."

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