Zukunft der Schlemmermeyer-Filialen ist ungewiss
Auch die Filialen in der Region sind betroffen. Die Inflation und die Kaufzurückhaltung gaben den Ausschlag.

Von Joris Ufer
München/Heidelberg. Wurst, Käse oder Antipasti – seit seiner Gründung 1975 hat sich das Feinkostgeschäft Schlemmermeyer zu einem bundesweit beliebten Anlaufpunkt für Delikatessen entwickelt. Am Dienstag hat das Münchner Traditionsunternehmen Insolvenz angemeldet. Die Zukunft der insgesamt 16 Filialen ist damit ungewiss. Auch die Zweigstellen in Heidelberg und Mannheim könnten betroffen sein. Bis Ende Juli kann der laufende Betrieb und die Bezahlung der rund 130 Beschäftigten jedoch über das Insolvenzgeld sichergestellt werden. Das geht aus einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters hervor. Demnach soll auch der Verkauf in den Filialen zunächst weitergehen.
Stammkunden wissen in dieser Situation aber noch nicht, was sie langfristig zu erwarten haben. "Die Preise hier sind im Vergleich zu anderen Läden wirklich in Ordnung und auch die Qualität stimmt", sagt ein Mann, der mehrmals pro Woche in der Heidelberger Filiale isst. Gerade verbringt er seine Mittagspause im Außenbereich des Geschäfts in der Hauptstraße. "Ich fände es schade, wenn Schlemmermeyer schließen müsste. Eigentlich hatte ich immer den Eindruck, dass es hier gut läuft". Von der Insolvenz habe er nichts geahnt. Mitarbeiterinnen vor Ort wollten sich auf Nachfrage der RNZ mit Verweis auf die Münchner Firmenleitung nicht äußern.
Es ist eine bittere Pille für den Delikatessenhändler. Noch in den Jahren 2019 und 2020 hatte Schlemmermeyer laut eigenen Angaben eine erfolgreiche Umstrukturierung vorgenommen. Die Coronapandemie überstand das Unternehmen in der Folge verhältnismäßig gut. Trotz Lieferproblemen und mehreren Lockdowns kam es in dieser Zeit weder zu Kurzarbeit noch zu betriebsbedingten Kündigungen. "Seit März 2022 wurde die wirtschaftliche Lage aber zunehmend kritischer, weil sich die rasch steigende Inflation sowohl im Einkauf als auch durch eine Kaufzurückhaltung der Kunden sehr negativ auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung ausgewirkt hat", erklärt die Geschäftsführung in einer Stellungnahme. Zuletzt erzielte das Unternehmen noch einen Umsatz von rund sieben Millionen Euro.
Als vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Münchner Amtsgericht den Anwalt Michael Jaffé bestellt. Die Ausgangslage ist angesichts der Nachfrageschwäche im Handel und einer schwierigen konjunkturellen Lage angespannt. "Wir müssen für jeden Standort prüfen, ob es eine Fortführungsperspektive geben kann. Dies hängt auch vom Interesse potenzieller Investoren ab", teilt Jaffé seine Einschätzung mit. "Das kann auf einzelne Standorte genauso gerichtet sein, wie auf eine Komplettübernahme. Die Marke Schlemmermeyer hat grundsätzlich einen guten Klang, große Bekanntheit und steht für hohe Qualität". Jaffé will möglichst viele Filialen erhalten.
Doch zumindest die Gehälter der Beschäftigten sind vorerst gesichert. Am Donnerstag erklärt ein Sprecher des Insolvenzverwalters, dass die Agentur für Arbeit der Vorfinanzierung zugestimmt habe. Damit könnten jetzt auch die noch fehlenden Gehälter für den Mai ausgezahlt werden und die Zahlungen für Juni und Juli seien sichergestellt. Die Wirtschaftlichkeit allerdings gestaltet sich von Standort zu Standort jeweils unterschiedlich. Während einige Geschäftsstellen hochdefizitär sind, laufen andere wie zum Beispiel die älteste am Viktualienmarkt in München nach wie vor profitabel. Wie die Situation von Schlemmermeyer in Mannheim und Heidelberg aussieht und was den dortigen Beschäftigten bevorsteht, dazu äußert sich das Unternehmen trotz Anfrage der RNZ bis Redaktionsschluss nicht.
Derzeit führt Insolvenzverwalter Jaffé eine Bestandsaufnahme sowie eine wirtschaftliche Analyse durch. Davon wird auch die Zukunft der Beschäftigten in der Region abhängen. Wie viele Standorte der Feinkostkette und damit auch Arbeitsplätze am Ende gerettet werden können, müssen die kommenden Wochen und Monate zeigen. Denn nicht nur Inflation und Kundenverhalten machten dem Unternehmen zu schaffen. Wie viele Branchen, ist auch das Feinkostgeschäft vom Fachkräftemangel in Deutschland betroffen. Laut Geschäftsleitung kam es im Zuge dessen immer wieder zu Problemen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Diese seien so weit gegangen, dass einzelne Filialen wegen Personalmangels zumindest zeitweise geschlossen werden mussten.




