Filial-Schließungen "schwerer Schlag für Einzelhandel der Region"
Erhalten bleiben in der Region die Filialen Heidelberg (Hauptstraße), Mannheim, Speyer und Heilbronn. Doch auch hier sollen 30 Prozent der Stellen wegfallen.

Von Matthias Kros
Heidelberg. Zwei Telefon-Konferenzen beendeten am Montag das monatelange Warten. Bundesweit konnten sich die Betriebsräte der angeschlagenen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zuschalten und erfahren, ob ihre Filiale zu den 52 gehört, deren Ende der Aufsichtsrat zuvor in einer außerordentlichen Sitzung besiegelt hatte. Hastig wurden danach kurze Mitarbeiterversammlungen einberufen. Auch in Heidelberg, wo das traditionsreiche Warenhaus am Bismarckplatz bis zum 31. Januar 2024 dicht machen muss.
Gleiches gilt für die Filiale in Viernheim, die in das Rhein-Neckar-Zentrum integriert ist. Immerhin kehrt der Konzern Heidelberg nicht ganz den Rücken, denn das Geschäft in der Hauptstraße bleibt erhalten. Gleiches gilt für das Haus in Mannheim (Paradeplatz), das allerdings immer als sicher galt. Galeria Karstadt Kaufhof hatte erst vor rund zwei Jahren die zweite Mannheimer Filiale in der Kunststraße geschlossen. Erhalten bleiben darüber hinaus die Filialen in Speyer (Maximilianstraße) und Heilbronn (Fleiner Straße).
Nach Schätzungen der Gewerkschaft Verdi sind in der Filiale am Bismarckplatz gut 70 Mitarbeitende beschäftigt, deren Arbeitsplatz nun wegfällt. Etwa ebenso viele dürften in der Filiale an der Hauptstraße tätig sein. Auch ihre Stellen wackeln, dem Vernehmen nach sollen auch in den Filialen, die erhalten bleiben, 30 Prozent der Stellen wegfallen.
Sabine Möller, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi Rhein-Neckar, sprach von einem "schweren Schlag für den Einzelhandel in der Region". Nachdem es vor gut zwei Jahren Mannheim getroffen habe, wo die Kaufhof-Filiale in der Kunststraße geschlossen wurde, treffe es jetzt auch Heidelberg. "Die Filiale am Bismarckplatz ist doch ein Fixpunkt in der Stadt", sagte sie enttäuscht. Die betroffenen Beschäftigten müssten nun erst Mal den Schock verarbeiten.
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Zwar sei der Schritt nicht völlig überraschend gekommen, "aber wenn es dann Gewissheit wird, ist es dennoch hart", sagte die Arbeitnehmervertreterin. "Schließlich geht es um Menschen, um Familien." Viele von ihnen arbeiteten bereits seit Jahrzehnten für Galeria Karstadt Kaufhof und seien entsprechend eng mit ihrem Arbeitgeber verbunden, so Möller. Und alle hätten bis zum Schluss die Hoffnung nicht aufgegeben.
Die Verdi-Vertreterin betonte, dass die Schließung "nicht die Schuld der Mitarbeitenden" sei. "Dafür trägt allein das Unternehmen die Verantwortung", sagte sie und sieht hier schwere Versäumnisse. Viel zu wenig habe die Geschäftsführung auf das Wissen und die Vorschläge der Beschäftigten gehört. Statt ein neues Konzept zu erarbeiten sei immer nur gespart worden.
Mirko Geiger, Vorsitzender des DGB Heidelberg Rhein-Neckar sagte, dass es nun wichtig sei, dass die betroffenen Mitarbeitenden eine Perspektive bekämen und nicht in die Arbeitslosigkeit abrutschten. Bis Ende Januar 2024 sei genügend Zeit, die Weichen neu zu stellen und der DGB werde den Kollegen auf Wunsch beratend zur Seite stehen und auch bei einer möglichen Vermittlung zu anderen Arbeitgebern helfen.
Den Mitarbeitern rät Geiger, "jetzt nicht abzuwarten, sondern zu handeln". Die Agentur Agentur für Arbeit vor Ort sei bereits informiert. Als Alternative zur Tätigkeit im Handel brachte er auch eine mögliche Umschulung zur Erzieherin ins Spiel. Auch eine mögliche finanzielle Abfindung könne beim Überbrücken helfen. Da sich Galeria Karstadt Kaufhof im Insolvenzverfahren befindet, fällt diese allerdings nicht allzu üppig aus. In dem Ende Januar geschlossenen Interessenausgleich war eine Obergrenze von 7500 Euro pro Beschäftigtem vereinbart worden.
Tatsächlich galt es schon lange als wahrscheinlich, dass eines der beiden Warenhäuser in der Heidelberger Innenstadt schließen würde, da die beiden Filialen nur rund 200 Meter auseinanderliegen und Doppelstandorte bei den Sanierungsgesprächen von Anfang an unter "besondere Beobachtung" gestellt worden waren. Beide Filialen gelten zudem als renovierungsbedürftig, in den vergangenen Jahren wurde vergleichsweise wenig investiert.
Was am Ende den Ausschlag zugunsten der Hauptstraße gab, vermochte am Montag niemand zu sagen. Der Standort am Bismarckplatz gehört der Gesellschaft des Kaufhof-Eigentümers René Benko, in der Hauptstraße ist Kaufhof Mieter. Für letztere Filiale dürfte gesprochen haben, dass sie über ein eigenes Parkhaus verfügt und die Besucherfrequenz höher ist als am Bismarckplatz.
Insgesamt schließt Galeria Karstadt Kaufhof in Baden-Württemberg sechs Filialen, neben Heidelberg noch in Esslingen, Leonberg, Pforzheim, Reutlingen und in der Stuttgarter Eberhardstraße.
Update: Montag, 13. März 2023, 20.06 Uhr
Heidelberg. (mk/dpa) Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. In der Region fallen bis zum 31. Januar 2024 die Standorte in Heidelberg (Bismarckplatz) und Viernheim (Rhein-Neckar-Zentrum) weg. Erhalten bleiben damit in der Region die Filialen Heidelberg (Hauptstraße), Mannheim (Paradeplatz), Speyer (Maximilianstraße) und Heilbronn (Fleiner Straße).
Nach Schätzungen der Gewerkschaft Verdi sind in der Filiale am Bismarckplatz gut 70 Mitarbeitende beschäftigt, Etwa ebenso viele dürften in der Filiale an der Hauptstraße tätig sein. Auch ihre Arbeitsplätze wackeln, dem Vernehmen nach sollen auch in den Filialen, die erhalten bleiben, 30 Prozent der Stellen wegfallen.
Sabine Möller, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi Rhein-Neckar, sprach von einem schwarzen Tag für den Einzelhandel in der Region. Nachdem es vor gut zwei Jahren Mannheim getroffen habe, wo die Kaufhof-Filiale in der Kunststraße geschlossen wurde, treffe es jetzt auch Heidelberg. "Die Filiale am Bismarckplatz ist doch ein Fixpunkt in der Stadt", sagte sie enttäuscht. Die betroffenen Beschäftigten müssten nun erst Mal den Schock verarbeiten. Zwar sei der Schritt nicht völlig überraschend gekommen, "aber wenn es dann Gewissheit wird, ist es dennoch hart", sagte die Arbeitnehmervertreterin.
"Schließlich geht es um Menschen, um Familien." Viele von ihnen arbeiteten bereits seit Jahrzehnten für Galeria Karstadt Kaufhof und seien entsprechend eng mit ihrem Arbeitgeber verbunden, so Möller. Und alle hätten bis zum Schluss die Hoffnung nicht aufgegeben. Die Verdi-Vertreterin betonte, dass die Schließung "nicht die Schuld der Mitarbeitenden" sei. "Dafür trägt allein das Unternehmen die Verantwortung", sagte sie.
Mirko Geiger, Vorsitzender des DGB Heidelberg Rhein-Neckar meinte, dass es nun wichtig sei, dass die betroffenen Mitarbeitenden eine Perspektive bekämen und nicht in die Arbeitslosigkeit abrutschten. Bis Ende Januar 2024 sei genügend Zeit, die Weichen neu zu stellen und der DGB werde den Kolleginnen und Kollegen auf Wunsch beratend zur Seite stehen und auch bei einer möglichen Vermittlung zu anderen Arbeitgebern helfen. Den Mitarbeitenden rät Geiger, "jetzt nicht abzuwarten, sondern zu handeln". Die Agentur Agentur für Arbeit vor Ort sei bereits informiert.
Tatsächlich galt es schon lange als wahrscheinlich, dass eines der beiden Warenhäuser in der Heidelberger Innenstadt schließen würde, da die beiden Filialen nur rund 200 Meter auseinanderliegen und Doppelstandorte bei den Sanierungsgesprächen von Anfang an unter "besondere Beobachtung" gestellt worden waren. Beide Filialen gelten zudem als renovierungsbedürftig, in den vergangenen Jahren wurde vergleichsweise wenig investiert.
Der Standort am Bismarckplatz gehört der Gesellschaft des Kaufhof-Eigentümers René Benko, in der Hauptstraße ist Kaufhof Mieter. Für letztere Filiale dürfte gesprochen haben, dass sie über ein eigenes Parkhaus verfügt und die Besucherfrequenz höher ist.
"Das ist zweifellos heute für uns alle ein schwerer Tag", sagte der Galeria-Generallbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Montag bei der Veröffentlichung der Schließungsliste. Das Unternehmen habe in den vergangenen Wochen intensiv um jeden einzelnen Standort gerungen. Insgesamt 52 Warenhäuser könnten aber angesichts der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der lokalen Gegebenheiten nicht fortgeführt werden.
Betroffen von den Filialschließungen sind Warenhäuser in Großstädten wie Berlin und Düsseldorf ebenso wie Filialen in kleineren Kommunen wie Paderborn, Reutlingen oder Pforzheim. Insgesamt 21 Filialen sollen nach den Plänen des Konzerns bereits zum 30. Juni 2023 ihre Tore für immer schließen, die übrigen 31 Häuser zum 31. Januar 2024.
Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats werden im Zuge der Insolvenzverfahrens "weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren". Es würden nicht nur Stellen in den Schließungsfilialen wegfallen. Geplant seien auch Flächenreduzierungen und ein Personalabbau in den verbleibenden Häusern und in den Zentralfunktionen.
Das Unternehmen selbst sprach von mehr als 4000 Betroffenen. Sie sollen das Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, um sich für eine neue Stelle weiter zu qualifizieren.
"Dies ist ein rabenschwarzer Tag", erklärte der Gesamtbetriebsrat. Dass es soweit gekommen sei, liege nicht nur an der Corona-Pandemie und den Folgen des Unkraine-Krieges, sondern auch an hausgemachten Fehlern. Das Management stehe jetzt in der Verantwortung, der verbleibenden Belegschaft eine längerfristige berufliche Zukunft zu garantieren.
Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden 77 Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten.
Mit Blick auf das geplante Maßnahmenpaket sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach: "Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft." Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.
Galeria hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland.
Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, betonte, in vielen von Warenhausschließungen betroffenen Städten werde die aktuelle Entwicklung auch als städtebauliche Chance verstanden. "Es gibt schon Ideen oder Pläne, wie neues Leben in die Kaufhäuser einziehen kann: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Co-Working-Labs, Künstler-Ateliers oder mit dem Bürgerservice, als Mehr-Generationenhaus oder Wohngebäude." Ehemalige Kaufhausstandorte, die bereits umgenutzt worden seien, böten dafür gute Beispiele.
Auch der Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung, Boris Hedde, sagte: "Das Warenhaus hat nicht mehr die große Bedeutung für die Innenstädte wie früher. Man muss ihm nicht nachweinen, sondern neue Konzepte für den Handel in der Innenstadt finden." Der Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms blickt eher skeptisch auf die geplanten Maßnahmen: "Es ist die Frage, ob der Einschnitt diesmal wirklich tief genug geht. Ich hätte es eher für sinnvoll gehalten, dass weniger Warenhäuser fortgeführt werden, damit auch wirklich genug Geld und Managementkapazität für die notwendige Modernisierung der verbleibenden Häuser vorhanden ist."
Die Gewerkschaft Verdi kündigte dagegen an, sie wolle nun die vorgelegte Schließungsliste genau prüfen, um nach Möglichkeiten zu suchen, um einige der Filialen doch noch zu erhalten.
Update: Montag, 13. März 2023, 17.12 Uhr
Diese Galeria-Warenhäuser sollen geschlossen werden
Essen. (dpa) Galeria Karstadt Kaufhof hat angekündigt, 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser in Deutschland zu schließen. Dies soll in zwei Schritten geschehen.
Zum 30. Juni 2023 sollen folgende 21 Standorte geschlossen werden (in alphabetischer Reihenfolge):
Celle, Coburg, Cottbus, Duisburg Düsseldorfer Straße, Erlangen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamburg-Harburg, Hamburg-Wandsbek, Leipzig Neumarkt, Leverkusen, München-Bahnhof, Neuss, Nürnberg Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Offenbach, Paderborn, Regensburg Neupfarrplatz, Saarbrücken am Bahnhof, Siegen, Wiesbaden Kirchgasse.
Zum 31. Januar 2024 ist dann die Schließung dieser 31 Filialen geplant:
Bayreuth, Berlin-Charlottenburg, Berlin-Müllerstraße, Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Darmstadt am weißen Turm, Dortmund, Düsseldorf Schadowstraße, Essen, Esslingen, Frankfurt Zeil, Hanau, Heidelberg Bismarckplatz, Hildesheim, Kempten, Krefeld, Leonberg, Limburg, Lübeck, Mönchengladbach, Oldenburg, Pforzheim, Reutlingen, Rosenheim, Rostock, Schweinfurt, Siegburg, Stuttgart-Eberhard-Straße, Viernheim-RNZ, Wuppertal.
Update: Montag, 13. März 2023, 15.07 Uhr



