Windkraft, Hackschnitzel, Neckar

Wo in Eberbach Potenziale für Klimaneutralität liegen

Ein Meilensteinplan soll die grobe Richtung für die weiteren Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035 aufzeigen.

21.12.2022 UPDATE: 21.12.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 43 Sekunden
Der vorgestellte Meilensteinplan soll Eberbach zur Klimaneutralität verhelfen. Foto: Stefan Weindl

Von Peter Bayer

Eberbach. Was ist der beste Weg Eberbachs zur angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2035? Aufschluss soll der Meilensteinplan geben, den Dr.-Ing. Jan Markus Mücke von der beauftragten Firma energielenker projects GmbH in der jüngsten Sitzung des Eberbacher Gemeinderats vorstellte. Mit dem Meilensteinplan soll die Stadt ein Werkzeug erhalten, das den theoretischen Absenkpfad aufzeigt und eine grobe Richtung für die weitere Tätigkeit der Stadt hin zur Klimaneutralität aufzeigt.

Um die Treibhausgasneutralität (THG-Neutralität) zu erreichen, wird der komplette Ausstieg aus den fossilen Energieträgern angestrebt, soll der Anteil erneuerbarer Energien stark ausgebaut werden. Das größte Potenzial sieht Mücke im Bereich der Windkraft. So soll im Gewann Hebert ein Windpark mit bis zu fünf Anlagen entstehen. Diese sollen jährlich rund 78.000 Megawattstunden Strom erzeugen. Herausforderungen dabei sind der langwierige Planungsprozess, der Natur- und Artenschutz sowie hohe Errichtungs- und Betriebskosten. Es gelte, so Mücke, die Bürgerschaft mit einzubeziehen. Die hatte sich im April mit 61,36 Prozent für eine Verpachtung der Flächen und damit für den Ausbau der geplanten Anlagen ausgesprochen.

Ein weiterer Punkt ist der Ausbau von Photovoltaik (PV)-Anlagen auf Dachflächen. Ziel ist die Erschließung von 50 Prozent des Potenzials laut Energieatlas Baden-Württemberg. Im Bilanzjahr 2017 betrug die Einspeisemenge an Strom aus PV-Dachflächenanlagen der Stadt 1537 MWh. Die Meilensteine in diesem Bereich liegen bis 2025 bei rund 16.000 MWh, bis 2030 bei 23.600 MWh und bis 2035 schließlich bei fast 31.000 MWh. Ein großes Hindernis für die Installation einer PV-Anlage sei häufig der mangelnde Informationsstand bezüglich der Thematik. Im Mittelpunkt der ersten Teilmaßnahme müsse daher eine breite Informationsoffensive stehen, in deren Fokus die Vorteile einer Installation stünden. Außerdem sei von der Stadt ein zentrales Beratungsangebot einzurichten, welches auch über Fördermöglichkeiten informiert.

Die zweite Maßnahme sei eine finanzielle Förderung einer Energiewende Beratung, um die Verbreitung von PV-Anlagen voranzutreiben. Hier kündigte Detlef Kermbach, Leiter des Stadtbauamts an, dass die Stadt im Februar 60 kostenfreie Beratungen (SolarHub) anbiete. Auch gezielte finanzielle Anreize für Balkon-PV-Anlagen hatte der Gemeinderat ja bereits beschlossen. Auch sollen geeignete Parkplätze überdacht und mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Wird das für 2035 angestrebte Ziel – knapp 31.000 MWh – erreicht, entspreche das einer Einsparung von 19.275 Tonnen CO2. Weitere Einsparungen seien möglich. Ferner soll eine Potenzialanalyse zu PV-Freiflächenanlagen durchgeführt werden.

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Bis 2035 sieht der MSP eine Deckung von 65 Prozent des Wärmebedarfs aus Wärmenetzen vor. Die erreichbaren Einsparungen sind stark vom Ausmaß des Netzausbaus und des erreichten Energieträgermixes für die Fern- und Nahwärme abhängig. Im Vergleich zu Öl- und Gasheizungen kann mit Einsparungen von bis zu 90 Prozent gerechnet werden. Insgesamt wurden in der Stadt 2017 circa 105.000 MWh im Sektor Industrie über Wärmenetze bereitgestellt. Die 2010 in Betrieb genommene Hackschnitzelanlage hat einen Wärmeoutput von jährlich 4000 MWh.

Weitere Ziele sind der Austausch von 100 Prozent (2035) der Öl- und Gasheizungen 2030: 60 Prozent) gegen Heiztechniken auf Basis erneuerbarer Energien. Die jährliche Sanierungsquote privater Haushalte soll von 0,8 auf 2,4 Prozent steigen, die Fahrleistung des Individualverkehrs bis 2030 um 14 und bis 2035 um 20 Prozent reduziert werden. Der Anteil alternativer Antriebe soll bis 2030 um 30 und bis 2035 um 53 Prozent gesteigert werden. Der Gemeinderat hat im November 2021 die Erstellung eines klimafreundlichen Mobilitätskonzeptes für die Stadt Eberbach beschlossen. Das fertige Konzept soll 2023 vorliegen.

Heiko Stumpf (CDU) sieht in dem Meilensteinplan einen guten Ansatz, man werde es aber nicht ohne die Bürger schaffen. Die Stadt müsse mit gutem Beispiel vorangehen. Er kritisierte, dass die Naturschutzbehörde gegen Photovoltaikflächen auf dem Breitenstein sei. Bürgermeister Peter Reichert merkte dazu an, dass selbst die Liegewiese im Freibad als Landschaftsschutzgebiet eingestuft werde. Für Windkraftanlagen gebe es Möglichkeiten im Schutzgebiet. "Ich hoffe auf eine politische Änderung, aber im Moment sehe ich da keine Chance", so Reichert.

Auch Patrick Joho (CDU) hält den MSP für sinnvoll, erachtete es jedoch als falsch, ihn in voller Gänze zu beschließen. Er stellte für seine Fraktion einen Änderungsantrag. So solle die Verwaltung konkrete Maßnahmen zeitnah umsetzen und überprüfen, welche den größten Effekt haben. Die Maßnahmen im MSP basierten auf statistischen Werten. So gebe es Maßnahmen, welche Eberbach nur schwer beeinflussen könne. Es sollte ein Finanzplan erstellt werden. "Das präzisiert unseren Vorschlag", stimmte Reichert zu. Nicht jedoch Peter Stumpf (AGL), der darin keinen zentralen Unterschied zum Verwaltungsvorschlag sah. Ein Finanzplan auf zwölf Jahre sei nicht realistisch und würde alles nur verzögern. Er halte diesen für überflüssig. "Dass man erst die Maßnahmen umsetzt, die man umsetzen kann, ist doch klar."

Markus Scheurich (SPD) erinnerte daran, dass die Aktion für Ende 2021 geplant war. Viele Maßnahmen würden parallel laufen. Nach wie vor sei es ein ambitioniertes Ziel. Man müsse die Maßnahmen schärfen und die Ziele konkretisieren.

Lothar Jost (AGL) sprang seinem Fraktionskollegen Stumpf bei und sprach sich strikt gegen eine Änderung des Antrags aus. Der MSP sei ambitioniert, dass es bei der Abarbeitung große Schwierigkeiten zu überwinden gebe, sei klar. Peter Stumpf befürchtete, dass ein Finanzplan noch einmal ein Jahr koste. 65 Prozente der Haushalte mit Nahwärme zu versorgen sei "sehr ambitioniert". Doch "es muss angegangen werden, wir brauchen einen Wärmeplan". Eberbach habe das Potenzial durch Hackschnitzel und den Neckar. "Der Meilensteinplan ist eine ganz wichtige Voraussetzung. Er zeigt, es sind hohe Ziele, aber nicht Utopia, den CO2-Ausstoß von vierzehn auf eine Tonne zu reduzieren." Man solle den Strombedarf ausschließlich auf Eberbacher Gemarkung erzielen, den Bürger mitnehmen.

"Ich will uns ja nicht loben, aber im Kreis sind wir ziemlich weit", ordnete Reichert den Stand in Eberbach im Vergleich zu anderen Kommunen ein. Dass der Wald beim Weg zur Klimaneutralität nicht eingerechnet werde, sei ein Irrsinn, sagte Udo Geilsdörfer (Freie Wähler). "Der Bund sackt ein, was ihm passt und rechnet sich alles zugute", kritisierte er. "Es wurde von mir schon im Bund lanciert", merkte Jan-Peter Röderer (SPD) auf eine entsprechende Anmerkung Geilsdörfers an. Schließlich wurde der geänderte Antrag, die Verwaltung mit der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zu beauftragen, bei fünf Gegenstimmen angenommen.

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