1. FC Kaiserslautern ist in harter Drittliga-Realität angekommen
Abgeebbte Euphorie: Die Extreme liegen beim FCK nur drei Wochen auseinander. Der Niedergang hat Nerven gekostet.
Von Tobias Schächter
Kaiserslautern. Über 41.000 Menschen im Stadion, ein Sieg gegen 1860 München und feiernde Fans: Nach dem ersten Spiel der Vereinsgeschichte in Liga 3 herrschte Euphorie in Kaiserslautern. Die FAZ schrieb launig: "Eine neue Liga ist wie ein neues Leben." Und FCK-Abwehrspieler Kevin Kraus, gekommen vom Zweitligisten FC Heidenheim, erklärte beseelt: "Die Zuschauerzahl ist in der dritten Liga natürlich Wahnsinn, da merkt man, wo man spielt. Wir müssen diese Riesen-Euphorie-Welle mit Erfolgen weitertragen."
Drei Wochen und drei weitere Spiele in Liga 3 ist dieses Stimmungsbild erst her. Aber von Euphorie ist nichts mehr zu spüren rund um den Betzenberg, nachdem der viermalige Deutsche Meister in Großaspach nur ein 1:1 erreichte, zuhause gegen Preußen Münster 1:2 verlor und jüngst in Halle 0:2 unterging.
Vielmehr schleicht sich langsam schon wieder große Skepsis ein angesichts der mauen Leistungen zuletzt. Die Extreme liegen bei einem Traditionsklub wie dem 1. FC Kaiserslautern manchmal eben nur drei Wochen auseinander.
Der Niedergang des Fritz-Walter-Klubs hat Nerven gekostet, nun merken die Anhänger, dass der direkte Wiederaufstieg für den klammen Absteiger kein Selbstläufer ist. Eine gute Möglichkeit, die Stimmung wieder zu drehen, besteht heute im Pokalspiel gegen den großen Favoriten TSG Hoffenheim.
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Doch an eine Pokalsensation gegen den Champions-League-Teilnehmer glaubt in der Pfalz niemand so recht, auch wenn die TSG auf einige Leistungsträger verzichten muss. Aber FCK-Trainer Michael Frontzeck verspricht trotzig: "Wir werden uns nicht in den eigenen Strafraum zurückziehen und warten, was der Gegner macht. Mit den Zuschauern im Rücken wollen wir uns in diese Aufgabe reinbeißen und einen großen Pokalfight liefern."
Frontzeck hat den FCK erst im Januar in auswegloser Situation übernommen, den Abstieg konnte er nicht vermeiden. Aber der sichtbare Aufwärtstrend gewährte ihm einen kleinen Vorschussbonus, der aber langsam schwindet. Frontzeck merkt, dass der Druck auf ihn und die Mannschaft größer wird. "Wir hatten turbulente Tage mit teilweise hysterischen Ausmaßen", stellte der 54-Jährige am Mittwoch irritiert fest, und erklärte kämpferisch: "Man muss ohne Wenn und Aber zu solchen Tagen wie dem in Halle stehen. Aber ich lasse mir die zehn Wochen, die vorher waren, nicht einfach so an die Wand klatschen."
Frontzeck muss eine ganz neue Mannschaft formen, nur wenige Spieler aus dem letztjährigen Kader sind geblieben, 16 Neue wurden geholt. Die Vorbereitung verlief hoffnungsvoll und schürte Erwartungen. Doch in den Pflichtspielen ist ein Trend erkennbar, der Sorgen machen muss: Diese Elf tut sich schwer, Torchancen herauszuspielen und Tore zu erzielen - mehr als ein Treffer gelang in keinem der vier Ligaspiele.
Das hat auch damit zu tun, dass Frontzeck in einer 4-4-2-Grundordnung spielen lässt mit zwei defensiven Sechsern, die mehr quer als nach vorne spielen und selbst fast nie aufs Tor schießen: Gino Fechner, 20, und Mads Albaek, 28. Die beiden zweitligaerfahrenen Profis enttäuschten bisher.
Aber die Schwäche liegt eben auch im System mit zwei defensiv denkenden Sechsern. Noch ist die Lage nicht dramatisch, aber sollte der FCK nicht nur das Pokalspiel gegen Hoffenheim, sondern auch das folgende Derby gegen den Karlsruher SC verlieren, wird es ungemütlich.
Frontzeck und TSG-Trainer Julian Nagelsmann haben übrigens den gleichen Berater, die beiden treffen sich einmal im Jahr zur Weihnachtsfeier der Beraterfirma. Eine nette Gruppe sei das, sagt Frontzeck und lobt Nagelsmann: "Er gehört zu den Top-Trainern in Deutschland."
Am heutigen Samstag würde Frontzeck seinen Kollegen mit der TSG gerne aus dem Pokal kegeln - das wäre sicher nicht schlecht für die Stimmung. Der FCK erwartet 25.000 Zuschauer.