TSG Hoffenheim

Kasim Adams Nuhu soll die Abwehr stärken

Abwehrrecke Kasim Adams Nuhu, "Hoffes" fünfter Neuzugang, wäre ohne die Königsklassen-Teilnahme nicht geholt worden

01.08.2018 UPDATE: 02.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden

Für Kasim Adams Nuhu (Mitte) geht mit dem Wechsel nach Hoffenheim ein Traum in Erfüllung. Foto: Hinterramskogler

Von Joachim Klaehn

Windischgarsten. Kasim Adams Nuhu betritt die Terrasse des Hoffenheimer Mannschaftshotels Dilly’s und schüttelt zur Begrüßung jedem höflich die Hand. "Hallo, ich bin Kasim", sagt er, setzt sich in einen Lounge-Sessel und schaut mit leuchtenden Augen in die Runde. Der 23-jährige Ghanaer strahlt Fröhlichkeit und Natürlichkeit aus - er freut sich wie ein kleiner Junge auf all die sportlichen Herausforderungen, die mit "Hoffe" bevorstehen.

Adams versteht Deutsch ganz gut, weil er die letzten beiden Jahre für Young Boys Bern agierte, doch er spricht lieber Englisch - afrikanisch geprägtes Englisch. Nach wenigen Minuten des ungezwungenen Dialogs fällt auf, dass er immer wieder über den Nagel des kleinen Fingers seiner linken Hand streicht. Ist es eine Verlegenheitsgeste? Ein Glücksbringer? Oder ein Fingerzeig für seine künftigen Gegenspieler?

Nichts von alledem. "Es gibt kein Geheimnis darum", erwidert der kräftige Kerl aus Accra, der das Einmaleins des Fußballs in der Jugend des Erstligisten Medeama Sporting Club erlernte. Viele außergewöhnlich gute Kicker stammen aus der pulsierenden Hauptstadt, auch Anthony Yeboah, Michael Essien, Asamoah Gyan, Isaac Vorsah oder eben Kasim Adams Nuhu.

Hintergrund

Anschauungsunterricht pur

Trainingslager diverser Bundesliga-Klubs, die gerne nach Österreich kommen, bieten Anschauungsunterricht pur für einheimische Fußballer. Daraus machen Tobi und Niklas keinen Hehl. Akribisch werden die Übungen von Nagelsmann

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Anschauungsunterricht pur

Trainingslager diverser Bundesliga-Klubs, die gerne nach Österreich kommen, bieten Anschauungsunterricht pur für einheimische Fußballer. Daraus machen Tobi und Niklas keinen Hehl. Akribisch werden die Übungen von Nagelsmann und Co. verfolgt, analysiert und aufgesaugt. Die beiden jungen "Ösis" kennen die Bundesliga aus dem Effeff, sind begeistert von der Intensität der Übungseinheiten. "Mit solchen Diagonalbällen kannst du sogar die Bayern schlagen", rutscht Tobi heraus. Die jungen Kerle spielen beim Bezirksligisten Union Schlierbach, 40 Kilometer von Windischgarsten entfernt. Sie sind rundum happy, denn mit Haris Bukva (30) haben sie einen Ex-Profi als neuen Trainer bekommen. "Einfach voll geil", sagt Niklas.

"Pedalritter"

Wie bereits 2017 beäugt TSG-Fan Mattias Marx (18) aus dem niedersächsischen Lilienthal das Training des Kraichgauklubs aufmerksam. Mattias ist kein Weg für seine Lieblinge zu weit. Rund 1000 Kilometer hat er bis Windischgarsten mit dem Fahrrad in Etappen zurückgelegt. Das Timing stimmte exakt - nach einer Woche "Pedalritt" war er pünktlich beim ersten Training da. Solche "Edelfans" wissen nahezu alles, sagen Julian Nagelsmann ohne Scheu, dass das Team etwa mehr Ecken, Freistöße und Kopfbälle trainieren soll. Am Freitag (ab 18.30 Uhr) ist Mattias Marx beim Fangrillen selbstverständlich dabei. Nagelsmann dürfte eine fachliche Einschätzung über Standards erhalten.

Fußball lohnt sich

Das Projekt "Fußball-Trainingscamps" lohnt sich für den Landstrich Oberösterreich - 2017 wurden 14.000 Übernachtungen von Sportlern und Fans registriert sowie eine Wertschöpfung von rund zwei Millionen Euro erzielt. Die Organisatoren hoffen, diese Zahl 2018 übertreffen zu können. Insofern ist 1899 Hoffenheim ein guter Werbepartner, erst recht als frischgebackener Champions-League-Klub. Neben den Kraichgauern haben auch deutsche Vereine wie der 1. FC Heidenheim, Erzgebirge Aue oder die U 17 von 1860 München in diesem Sommer Trainingslager in Oberösterreich fest gebucht. jog

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"Hoffes" neuer Innenverteidiger hat schlichtweg vergessen, den einzig langen Nagel abzuschneiden. Er kann sich darüber amüsieren - und doch passt diese kleine metaphorische Szene: Kasim Adams Nuhu soll helfen, den Laden in der Königsklasse, der Bundesliga und im DFB-Pokal hinten dicht zu halten. Er ist das fehlende Element - der Nagel für Nagelsmann.

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Adams berichtet nur häppchenweise aus seiner Kindheit in Ghana. "Es war eine harte Zeit", sagt er rückblickend, "wir haben manchmal Fußball gespielt, ohne etwas gegessen zu haben." Die harte Schule des Lebens - ob er als Schüler den Stock des Lehrers zu spüren bekam, weil eine Klassenarbeit nicht genug war, die Kleidung nicht richtig saß oder vielleicht auch die Nägel nicht geschnitten waren, darüber spricht er nicht, obwohl körperliche Züchtigungen im Schulsystem des westafrikanischen Landes nicht unüblich waren.

Lieber erzählt Adams über Fußball, seinen Wechsel mit 18 Jahren in die A-Jugend von CD Leganés unweit von Madrid, seine Zeit bei Real Club Deportivo Mallorca aus Las Palmas, in der zweiten und ersten Mannschaft. Es sei ein langer Weg von Westafrika nach Spanien gewesen. "Es war nicht einfach. Der Fußball war ganz anders als in meiner Heimat", deutet Adams an, dass seine Ankunft in Europa wohl eine Art von Kulturschock bedeutete, inklusive einer längeren Eingewöhnungsphase.

Doch als U 17-Nationalspieler hatte Adams einen Agenten gefunden, der ihn zu Leganés transferierte. "Wenn man eine solche Chance bekommt, muss man sie nutzen", meint er lächelnd, zumal auch er wie jedes Talent in Ghana von Länderspielen im Trikot der "Black Stars" träumte. Er debütierte im November 2017 beim 1:1 im WM-Qualifikationsspiel gegen Ägypten. Einige Monate später wurde Adams Schweizer Meister mit den Young Boys.

Nun also für ihn der nächste logische Schritt. "Wir haben immer Bundesliga im Fernsehen geschaut", berichtet er unprätentiös, "mit dem Wechsel nach Hoffenheim geht für mich ein Traum in Erfüllung." Anpassungsprobleme bei den Blauen sieht er nicht. Adams hatte vorab ein tiefergehendes Gespräch mit Trainer Julian Nagelsmann. "Hoffenheim hat einen sehr guten Trainer. Er war der Grund für mich, hier zu unterschreiben", sagt er unmissverständlich. Bis zum 30. Juni 2023 läuft sein neuer Vertrag - ein Quantensprung für Adams, aber auch durchaus für die TSG. Ohne Champions League "hätte es diesen Zukauf nicht gegeben. Bei Kasim hängt perspektivisch ganz viel Fantasie dran", räumt Manager Alexander Rosen im Trainingslager ein.

Natürlich hatte sich Adams genau erkundigt. Vor allem bei Isaac Vorsah (30), TSG-Akteur zwischen 2007 und 2012. Insgesamt 110 Mal trug Vorsah seinerzeit den 1899-Dress. "Isaac gab mir ein gutes Gefühl - ich soll das machen", so Adams. Er glaubt, dass die junge Hoffenheimer Mannschaft die Qualität dafür hat, die Gruppenphase der Königsklasse zu überstehen. "Ein sehr guter Schritt für mich. Meine Art Fußball zu spielen, passt zur TSG", ordnet er seine "Schnupperwoche" bei den "Nagelsmännern" ein.

Angst kennt Adams (normalerweise) nicht. Nur im Felsklettergarten von Rosenau sollte es anders sein. Nach der ersten Station war für ihn Schluss. "Ich war ängstlich, es war das erste Mal für mich", so Adams ehrlich. Als er die Terrasse verlässt, grinst er breit. "Hoffes" Neuzugang steht das Glück ins Gesicht geschrieben.

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