TSG Hoffenheim gegen Schalke

Orchester mit jungem Geiger (plus Fotogalerie)

Die "Nagelsmänner" funktionieren auch beim 2:0 gegen Schalke 04 und bejubeln dabei den Premierentreffer eines Mosbachers

24.09.2017 UPDATE: 25.09.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 47 Sekunden

Ballt beide Fäuste: "Hoffes" 19-jähriges Mittelfeld-Talent Dennis Geiger (2.v.r.) unmittelbar nach seinem Tor zum 1:0 (13.). Foto: Imago

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Noch kann er nicht die erste Geige spielen, doch die Entwicklung von Dennis Geiger ist wirklich verblüffend. Am Samstagnachmittag war der Mosbacher Junge, der das Fußball-ABC beim SV Alemannia Sattelbach erlernte und im Sommer 2009 in die damalige U 12 der TSG 1899 Hoffenheim wechselte, die mitentscheidende, prägende Figur des glücklichen 2:0 (1:0) der "Nagelsmänner" gegen den FC Schalke 04. Das 1:0 von Geiger (13.) sollte der Wegbereiter des vierten Dreiers in dieser Saison und dessen Bundesliga-Premierentreffer sein, wodurch "Hoffe" drei Stunden lang sogar an der Tabellenspitze stand, ehe der BVB im Borussen-Duell die Gladbacher mit 6:1 abfertigte.

Hintergrund

Baumann: Es war einiges los vor seinem Tor, aber er musste selten eingreifen.

Nordtveit: In der Defensive ordentlich, hätte sich der Norweger fast in die Torschützenliste eingetragen. Doch seinen Klasse-Kopfball parierte Fährmann (11.).

Vogt: Anfangs mehrere

[+] Lesen Sie mehr

Baumann: Es war einiges los vor seinem Tor, aber er musste selten eingreifen.

Nordtveit: In der Defensive ordentlich, hätte sich der Norweger fast in die Torschützenliste eingetragen. Doch seinen Klasse-Kopfball parierte Fährmann (11.).

Vogt: Anfangs mehrere Abspielfehler, danach souverän wie gewohnt und zweikampfstark.

Hübner: 95 Minuten lang so grimmig zu gucken, schafft auch nicht jeder. Meckert zu viel mit Schiri und Gegnern. In der Abwehr eine feste Größe.

Kaderabek: Zeigte seine Offensivqualitäten kaum.

Geiger: Sein Debüt-Treffer kam aus der Feinkostabteilung - cool gemacht, präzise eingenetzt. Ballsicher, laufstärkster Hoffenheimer.

Zuber: Rasant sein Riesenslalom durch die Schalker Reihen und das folgende Zuspiel auf Kollege Geiger vor dem Führungstreffer. Fing stark an, ließ dann aber nach.

Amiri: Spielte sich gerade in die Partie, da musste er nach einer knappen halben Stunde wegen einer Fußprellung raus. Sein Spielwitz fehlte.

Kramaric: Fiel kaum auf. Eine schwache Vorstellung des Stürmers.

Gnabry: Nach mehrwöchiger Verletzungspause erstmals wieder dabei. Eifrig, aber im Abschluss glücklos.

Uth: Dieses Mal mit einigen Chancen und einem Pfostentreffer - aber ohne Tor.

Rupp: Kam für Amiri. Kämpfte sich ins Spiel und belohnte sich mit dem Treffer zum 2:0.

Wagner: Konnte sich gegen den langen Naldo & Co nicht entscheidend durchsetzen.

Schulz: Fügte sich reibungslos ins Gefüge ein. rol

[-] Weniger anzeigen

"Spitzenreiter, Spitzenreiter, hej, hej", skandierten die TSG-Fans lautstark um 17.20 Uhr, als die Blitztabelle auf den beiden Videoleinwänden in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena von der Stadionregie gezeigt wurde.

"Der Start in die Bundesliga ist uns geglückt", sagte Kevin Vogt hinterher in der Mixed Zone lächelnd. Der Abwehrchef feierte vorgestern sein 26. Wiegenfest und war logischerweise nach dem neuerlichen Erfolgserlebnis rundum glücklich. Genugtuung und Erleichterung zugleich spiegelten sich in Vogts Gesicht wider: "Ja, das war wirklich ein Kraftakt. Fußballerisch haben wir nicht unser bestes Spiel gemacht, wir hatten extrem schwere Beine. Aber es war eine reife Leistung, es steckt eine unglaublich gute Mentalität in dieser Mannschaft."

Vogt als "Zaunkönig", der erst 19-jährige Jungspund Geiger als unermüdliche Arbeitsbiene und der eingewechselte Heidelberger Lukas Rupp - dieses Hoffenheimer Trio schlüpfte gegen engagierte, aber ziemlich nachlässig agierende Schalker Knappen in die Hauptrollen. Rupp kam vor ausverkauftem Haus (30.150 Zuschauer) nach einer halben Stunde für den verletzten Nadiem Amiri aufs Spielfeld - und nach für ihn entbehrungsreichen Zeiten durfte "Ruppinho" das i-Tüpfelchen in der Nachspielzeit setzen. Hoffenheim profitierte dabei von einer Fehleinschätzung des Schiedsrichter-Gespanns. Nullvier hätte Einwurf bekommen müssen, stattdessen schnappte sich die TSG das Rund, Mark Uths hoher Befreiungsschlag segelte Richtung Gästestrafraum, FC-Keeper Ralf Fährmann drosch über den Ball und Rupp schob zum erlösenden, viel umjubelten 2:0 (90.+3) ein.

Auch interessant
Spitzenteam der Bundesliga: Hoffenheim und Nagelsmann: Reife im Frühherbst
2:0 gegen Schalke: Nagelsmann schlägt Tedesco im "Streber"-Duell
TSG 1899 Hoffenheim: Reifeprüfung auf der Insel bestanden

Für Rupp selbst ein befreiender Moment: Seit dem 25. September 2016 hatte der technisch versierte Mittelfeldakteur nicht mehr getroffen - das letzte Mal beim 2:1 gegen Schalke, nach einem kapitalen Bock von Bentaleb (41.). "Es ist lange her", befand Rupp in kleiner Runde, "es freut mich natürlich sehr, dass ich den Deckel drauf gemacht habe."

Solche Szenen nehmen Fußballprofis gerne mit - wie Teams, bei denen sich Mehrfachbelastungen und Englische Wochen früher oder später bemerkbar machen. "Wir haben nicht verdient gewonnen. Ein Unentschieden oder eine Niederlage wären auch möglich gewesen", sagte Julian Nagelsmann in wohltuend realistischem Duktus. Ein indirektes Kompliment für die strukturelle Aufbauarbeit seines geschätzten Trainerkollegen Domenico Tedesco, der mit Fug und Recht behaupten durfte: "Mit unserer Leistung bin ich absolut einverstanden. Leider waren wir im Abschluss nicht gut, das müssen wir uns ankreiden lassen."

In der Tat: Konoplyankas Lupfer an die Latte (49.), sein gefährlicher Schlenzer (55.) sowie Burgstallers Gelegenheiten (56. und 82.) waren Zeugnisse der Gegenwehr des Revierklubs. Andererseits hatte Goalgetter Mark Uth zweifach die frühzeitige Erhöhung (57., Außenpfosten/77.) auf dem Fuß, was der schlitzohrige Kölner trocken kommentierte: "Ich muss einen machen - aber es kann ja nicht immer sein."

Immer beeindruckender oder unheimlicher - je nach Blickwinkel - wird die Serie der strebsamen Kraichgauer. Noch nie seit dem Aufstiegsjahr 2008 sind sie so stark in eine Erstliga-Spielzeit gestartet. Nicht mal unter Ralf Rangnick, nicht mal 2016/17. Seit inzwischen 21 Heimspielen ist "Hoffe" ungeschlagen, eine Macht zu Hause geworden. Die letzte Niederlage datiert vom 14. Mai 2016, seinerzeit zogen die Badener mit 1:4 gegen Schalken den Kürzeren, während die Westdeutschen dadurch die direkte Qualifikation in die Europa League packten.

Hoffenheim hat nach der Verhinderung des Abstiegs viel dazugelernt. Was die aktuelle Mannschaft, auch ohne die abgewanderten Asse Niklas Süle und Sebastian Rudy auszeichnet, ist ihre ausgeprägte Widerstandsfähigkeit sowie das Gütesiegel, zum richtigen Zeitpunkt den entscheidenden Punch zu landen. Ein Zeichen von Qualität ist ferner, wie zuletzt beim FSV Mainz 05 (3:2) großartige Moral zu beweisen oder wie am Samstag eine eher durchschnittliche Partie über die Zeit zu bringen. Sinnbild dafür war ein Block von Geburtstagskind Vogt, der sich mit allerletzter Power in den Schussversuch von Thilo Kehrer (81.) warf.

Wer kritische Punkte überwindet, der zieht das Spielglück auf seine Seite. Und Kollektive, die geschickt Verantwortung auf möglichst viele Schultern verteilen, ohne gleich permanent Hierarchien zu kippen, sind in aller Regel erfolgreich. Wie heißt es so schön: Wo jeder die erste Geige spielen möchte, geht das Orchester flöten. In Hoffenheim treffen momentan alle den richtigen Ton - zumindest gilt das fürs deutsche Oberhaus…

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.