Hoffenheim gegen Werder Bremen

Vernagelt und verhagelt

Im Saisonendspurt verliert Hoffenheim mit 0:1 gegen Werder Bremen - "Bescheidener Abschied" für Erfolgscoach Julian Nagelsmann

12.05.2019 UPDATE: 13.05.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden

Bremens Johannes Eggestein markiert gegen Ermin Bicakcic und Torhüter Oliver Baumann das 0:1. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Es sieht ganz danach aus, als ob die TSG 1899 Hoffenheim auf der Zielgeraden der 56. Bundesliga-Spielzeit doch noch eine Europapokal-Teilnahme verzockt. Der Kraichgauklub hat es vor dem Saisonfinale am Samstag bei Mainz 05 nicht mehr in der eigenen Hand, muss in der Karnevalshochburg einen Auswärtsdreier holen und gleichzeitig darauf hoffen, dass die unmittelbaren Konkurrenten Eintracht Frankfurt und der VfL Wolfsburg patzen. Die Luft scheint beim Dorfverein raus zu sein - kaum einer glaubt nach dem unerklärlichen Leistungsabfall in den vergangenen drei Wochen noch an das Happy End einer turbulenten Runde.

Hintergrund

Kaderabek: Eine gute Vorbereitung für Szalai, ansonsten ungewohnt blass.

Vogt: Präsent und zweikampfstark. Noch der beste TSG-Akteur.

Bicakcic: Im Kopfball-Duell mit Johannes Eggestein zweiter

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Kaderabek: Eine gute Vorbereitung für Szalai, ansonsten ungewohnt blass.

Vogt: Präsent und zweikampfstark. Noch der beste TSG-Akteur.

Bicakcic: Im Kopfball-Duell mit Johannes Eggestein zweiter Sieger.

Brenet: Muss seine Bundesliga-Tauglichkeit weiter unter Beweis stellen.

Grillitsch: Schwächen im Spielaufbau. Unglücklich in seinen Aktionen.

Demirbay: Mangelhaft.

Amiri: Stets bemüht. Verletzte sich ohne gegnerische Einwirkung. Das frühzeitige Saisonende für ihn.

Kramaric: Besaß die besten zwei Chancen (38. und 81.), vergab sie, weil es im Abschluss an Präzision fehlte.

Szalai: Nur in der Anfangsphase auffällig. Prüfte Baumann mit einem Querschläger.

Belfodil: Versuchte es vorne immer wieder. Einer der dürftigeren Auftritte des wuchtigen Algeriers.

Baumgartner: Erstliga-Debütant. Technisch gute Anlagen, zwei, drei vielversprechende Dribblings.

Joelinton: Physisch gleich da. Formidabler Lupfer auf Kramaric. Hat in letzter Zeit dem Team gefehlt.

Nelson: Setzte wenige Impulse. jog

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Cheftrainer Julian Nagelsmann hatte sichtlich Probleme, die Contenance zu wahren. Denn ausgerechnet in seinem letzten Heimspiel vor dem bevorstehenden Wechsel zu RB Leipzig taten sich die Hoffenheimer schwer damit, eine ordentliche Leistung abzuliefern. "Wir waren in unserem Offensivspiel deutlich fahriger als wir es hätten sein müssen", sagte Nagelsmann nach dem enttäuschenden 0:1 (0:1) gegen Tabellennachbar Werder Bremen, der sich dieses Erfolgserlebnis dank der größeren Zähigkeit und Leidenschaft verdient hatte. Somit dürfen die Grün-Weißen selbst noch von Europa träumen.

Gerade in den Partien gegen die "Wölfe" (1:4), in Mönchengladbach (2:2) und nunmehr gegen die ersatzgeschwächten, tapferen Werderaner (0:1) nahm das Verhängnis für die TSG seinen Lauf. "Wir haben ganz viele gute Ausgangspositionen verschenkt", ärgerte sich Nagelsmann zurecht. Vor ausverkauftem Haus (30.150 Zuschauer) zeigte Hoffenheim gegen die Elf vom Osterdeich eine der schwächsten Heimvorstellungen 2018/19. Den Blauen fehlte es im Duell mit Abwehrchef Moisander und Co. an Tempo, Dynamik, Ideen und Durchschlagskraft vor dem von Jiri Pavlenka vorzüglich gehüteten Kasten. "Heute hatten wir leider zwei oder drei Spieler, die nicht auf der Höhe waren, darunter auch Strukturspieler", nörgelte Nagelsmann, ohne explizit Namen zu nennen. "Ich will nicht den gleichen Fehler wie meine Spieler machen", ergänzte er süffisant.

Nadiem Amiri (r.u.) verletzt sich heftig. Foto: APF

Wen er unterdessen damit meinte, brauchte er gar nicht näher auszuführen. Insbesondere die zentrale Achse mit Florian Grillitsch, Kerem Demirbay und Andrej Kramaric blieb vieles schuldig. Und es hatte fürwahr einen faden Beigeschmack, dass der zu Bayer Leverkusen abwandernde Regisseur Demirbay und Nagelsmanns jüngster Fundamentalkritiker Kramaric in einem TSG-Endspiel Magerkost anboten.

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Symptomatisch: Die beste Chance versemmelte nach feiner Kombination Kramaric (38.), als er den Ball an den Pfosten bugsierte. Im Gegenzug gelang Werder prompt das entscheidende 0:1 durch Johannes Eggesteins Kopfball (39.), der sich im Nahkampf mit Ermin Bicakcic entschlossen durchsetzte. Vorausgegangen war dieser Aktion ein kollektives Nickerchen der Hausherren, an dem Demirbay (Rückpass), Baumann (verunglückter Pass) und Brenet (schwaches Stellungsspiel) maßgeblich beteiligt waren. Wie so oft in dieser Saison unterlief der TSG ein herbes Missgeschick. "Wir schießen mehr oder weniger ein Eigentor", analysierte Nagelsmann die mannschaftsinterne Fehlerkette, dessen Meinung sich weitgehend mit der des Trainerkollegen Florian Kohfeldt deckte. Es sei ein "wildes Spiel" gewesen, so die beiden jüngsten Bundesliga-Coaches im Gleichklang.

Die TSG-Verantwortlichen sagen danke: Geschäftstführer Görlich (r. oben v.l.), Manager Rosen, Präsident Hofmann und Geschäftsführer Briel verabschieden Nagelsmann (M.). Foto: APF

Die krassen Unterschiede auf der Gefühlsebene waren hingegen im Stadionbauch deutlich spürbar. Kohfeldt (36) entspannt: "Es war von uns eine wahnsinnige Teamleistung, das ist der Teil, der mich stolz macht." Nagelsmann bekümmert und zugleich schonungslos: "In nahezu allen Spielen liegen wir statistisch relativ weit vorne. Doch es ist Statistik für die altbekannte Tonne - die Realität sieht deutlich trister aus."

In der Tat: Die bittere Niederlage gegen Bremen spiegelte die Saison wider. Aus Sicht der "Nagelsmänner" war’s ein schlimmer Nachmittag. Nadiem Amiri (Außenbandriss im Sprunggelenk) verletzte sich unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff heftig. Hinzu kam der Umstand, dass das Schiedsrichter-Gespann um Bastian Dankert nicht souverän wirkte. Es mangelte an Fingerspitzengefühl beim Referee, besonders in der hektischen Schlussphase nahmen die Diskussionen und Wortgefechte allseits zu.

So hatte sich Nagelsmann das Adieu im Sinsheimer Wohnzimmer nicht vorgestellt. "Die Stimmung ist schon verhagelt, da bin ich ehrlich", sagte er im Hinblick auf die Party am Samstagabend auf einem Schiff in Heidelberg, "der Abschied ist bescheiden."

Vor Beginn des Spiels hatten sich die TSG-Verantwortlichen ausdrücklich für die "wunderbare Zeit" symbolisch bedankt, nach dem Match ergriff der 31-Jährige emotionalisiert das Mikrofon und entschuldigte sich vor der Südkurve: "Sorry für die letzten drei Spiele." Kapitän Kevin Vogt konstatierte im Fernsehen: "Wir hätten super gerne einen Dreier geholt. Wir haben die Kugel einfach nicht über die Linie gekriegt. Später muss aber bessere Stimmung herrschen. Das hat sich Julian verdient, bei dem, was er hier geleistet hat."

Es herrschte bei "Hoffe" rundum eine eher delikate Gemengelage. Präsident Peter Hofmann (60) sagte der RNZ in der Mixed Zone: "Die Ergebnisse haben auf den anderen Plätzen ja gepasst, richtig schade. Es gibt noch eine kleine Chance in Mainz." An einen positiven, versöhnlichen Ausklang denken allerdings nicht mehr viele. Nagelsmann selbst räumte zerknittert ein: "Es ist jetzt nicht einfach, sich noch einmal aufzurappeln."

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