Hoffenheim gegen Leverkusen

Leverkusen und die TSG betreiben Werbung für die Bundesliga

Hoffenheimer Imagepolitur: Freuen können sich über das 4:1-Spektakel freilich nur die Kraichgauer

04.11.2018 UPDATE: 05.11.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Weil Joelinton (Mitte) zweimal, aber auch Vincenzo Grifo (32) und Reiss Nelson (9) trafen. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Leverkusen. Kurz vor dem finalen Pfiff wurde es auf den Rängen der BayArena doch noch einmal laut. Als das Ergebnis aus München auf der Anzeigetafel erschien - die großen Bayern hatten das 1:1 gegen das kleine Freiburg kassiert - brandete Jubel auf.

Nicht, weil der Rheinländer aus Prinzip schadenfroh ist. Sondern vielmehr, weil man am Bayerkreuz den Branchenprimus immer noch als Rivalen ansieht. Schließlich verfügt man auch in diesem Jahr über einen Kader, der Meisterträume erlaubt, sollte der Rekordmeister tatsächlich einmal schwächeln.

Grob aus ihren Träumen gerissen wurden die meisten der 27.589 Zuschauer unmittelbar danach vom Schiedsrichter. Als Tobias Stieler die Partie beendete, wandelte sich der Jubel in ein gellendes Pfeifkonzert. Leverkusen war zurück im Hier und Jetzt, in der bitteren Realität. Und da blinkte ein 1:4 gegen die TSG Hoffenheim auf der Anzeigetafel.

Hintergrund

Einzelkritik 

Baumann: Verzockte sich beim Gegentreffer - ein verschmerzbarer Fauxpas.

Adams: Gewohnt rustikal, diesmal aber ohne Aussetzer.

Vogt: Hängte sich erst voll rein, musste dann verletzt raus. Reicht’s beim Kapitän für

[+] Lesen Sie mehr

Einzelkritik 

Baumann: Verzockte sich beim Gegentreffer - ein verschmerzbarer Fauxpas.

Adams: Gewohnt rustikal, diesmal aber ohne Aussetzer.

Vogt: Hängte sich erst voll rein, musste dann verletzt raus. Reicht’s beim Kapitän für Lyon?

Akpoguma: Katastrophaler Start. Vor allem gegen Bellarabi überfordert. Später stabiler.

Kaderabek: Tolle Vorarbeit für Joelintons Kopfball zum 2:1.

Schulz: Wieder mal in Galaform. Unzählige Durchbrüche über links.

Nordtveit: Defensiv ohne Fehl und Tadel auf der "Sechs", offensiv ausbaufähig.

Grillitsch: Denker und Lenker, Strippenzieher und Kilometerfresser.

Grifo: Betrieb Eigenwerbung.

Nelson: Licht und Schatten. Aber: Sein Traumtor zum 1:0 war der Dosenöffner.

Joelinton: Zwei Tore gemacht, einen Elfmeter rausgeholt. Viel besser geht’s nicht.

Bicakcic: Übernahm die zentrale Verteidigerposition von Vogt. Auf "Eisen-Ermin" ist Verlass.

Belfodil: Kam für Nelson. Unauffällig.

Bittencourt: Spät für Grifo im Spiel. nb

[-] Weniger anzeigen

Binnen weniger Sekunden wurde die eklatante Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der Werkself vor Augen geführt. Denn während sich 1899 durch den dritten Dreier in Folge auf Rang sieben wieder an die Champions-League-Plätze herangerobbt hat, hängt Bayer 04 im grauen Tabellenmittelfeld fest.

Auch interessant
Exzellente Vorstellung: Warum "Vince" sogar auf die Siegprämie verzichten würde
Hoffenheim gegen Leverkusen: Hoffenheim rotiert zum Erfolg – Variabel nach Lyon
Stimmen zu Leverkusen: Nagelsmann hat ein "außergewöhnliches Spiel" gesehen
Dritter Bundesligasieg in Folge: Effiziente Hoffenheimer gewinnen in Leverkusen (plus Fotogalerie)

So richtig freuen konnte sich über "ein "schönes, rassiges Spiel" daher auch nur "Hoffe"-Trainer Julian Nagelsmann: "Das war Werbung für die zuletzt häufig kritisierte Bundesliga." Und auch für Hoffenheim beeindruckende Imagepolitur. Erstmals gelangen der TSG drei Auswärtssiege am Stück, weswegen Vincenzo Grifo konstatierte: "Wir sind wieder voll im Soll." Der Italiener hatte freilich großen Anteil daran: Die 1:0-Führung durch Reiss Nelson bereitete er mit einer kurzen Ecke vor (19. Minute), auch für Joelintons Treffer zum 4:1 leistete er die Vorarbeit (73.) - und das 3:1 besorgte "Vince" vom Elfmeterpunkt höchst selbst (49.).

Weil dazwischen auch noch Joelinton das schöne Zusammenspiel von Kaderabek und Grillitsch per Kopf veredelte (34.), während Leverkusen trotz guter Leistung nur durch Bellarabis schlitzohrigen Schuss ins kurze Eck traf (30.), fand Nagelsmann "das Ergebnis sicherlich ein wenig zu hoch." Leverkusens Kapitän Lars Bender verstand gar die Welt nicht mehr. "Wir suchen jetzt erst mal nach Erklärungen, wie nach solch einem Spiel ein 1:4 zustande kommen kann", motzte Bender und behauptete: "Wir waren über weite Strecken die bessere Mannschaft, haben vielleicht unser bestes Heimspiel in dieser Saison abgeliefert."

20:10 Torschüsse, fast 60 Prozent Ballbesitz, die deutlich bessere Zweikampfquote - auch Heiko Herrlich versuchte seinen wackligen Stuhl durch Statistiken ein wenig zu stabilisieren. In Wahrheit wusste auch Herrlich, der ziemlich geknickt auf dem Podium der Pressekonferenz saß, dass sein Gegenüber den besseren Matchplan hatte.

Mit frischem Personal - Nagelsmann brachte im Vergleich zum 0:2 im Pokal in Leipzig gleich acht Neue - wurde eine Halbzeit lang hoch verteidigt und forsch angelaufen, so dass die Gastgeber nur in den Anfangsminuten Räume bekamen, ihre Offensivpower auf den Rasen zu bringen. "Nach dem Wechsel waren wir etwas müde und haben uns entschlossen, tiefer zu verteidigen", erklärte Nagelsmann seine taktische Anpassung.

Bedanken wollte sich der Trainer dann bei Oliver Baumann. Der TSG-Torhüter, der bei Bellarabis Ausgleich nach eigenem Bekunden "zockte", auf den Querpass spekulierte und dafür bestraft wurde, habe es durch einige starke Paraden in Hälfte zwei ermöglicht, auf Konter zu spielen, so Nagelsmann. Zwei davon über Joelinton brachten Erfolg, weil Tah im Strafraum das Bein stehen ließ und Jedvaj sich vom Brasilianer überrumpeln ließ.

Der 22-jährige Joelinton (Baumann: "Bei Jo denkst du, der ist 28, bei diesem Körper, bei dieser Reife, mit der er aus Wien zurückgekehrt ist"), der bockstarke Nico Schulz - aber eben auch der zuletzt formschwache Grifo oder der diesmal im Mittelfeld ackernde "Howie" Nordtveit standen beim Sturm auf die BayArena an vorderster Front. "Hut ab vor denjenigen, die in letzter Zeit weniger gespielt haben, aber heute eine überragende Partie gemacht haben", sagte Baumann. Und Nagelsmann befand: "Der absolute Wille, der absolute Charakter war heute wieder zu spüren."

So blieb nach dem raschen Wechselbad der Gefühle, welches das Heimpublikum am Ende durchleben musste, vor allem die Meinung der mitgereisten Hoffenheimer Schlachtenbummler im Ohr. "Hier - regiert - die TSG!"

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.