Florian Grillitsch bei 1899 Hoffenheim

Wenn der Mittelfeldspieler zum Verteidiger wird

Unter Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann hat der 22-Jährige auch die Arbeit nach hinten gelernt

05.04.2018 UPDATE: 06.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

"Dominanter Part": Florian Grillitsch hat sich in Hoffenheim prächtig entwickelt. Rechts Benjamin Hübner. Foto: APF

Von Tobias Schächter

Zuzenhausen. Florian Grillitsch lässt sich nicht mehr einfach so wegdrücken. Das merken auf dem Platz die Gegenspieler und auch aus der Stammelf der TSG Hoffenheim ist der 22 Jahre junge Mittelfeldakteur derzeit nicht wegzudenken. "Florian spielt inzwischen einen dominanten Part, seine Entwicklung geht in die richtige Richtung", lobt TSG-Trainer Julian Nagelsmann seinen Sechser. Letzten Sommer vom SV Werder Bremen zur TSG gekommen, brauchte der 1,87 Meter große Grillitsch Anlaufzeit.

Nach der 6:0-Gala am vergangenen Wochenende gegen Köln wurde das Offensivduo Gnabry/Uth gefeiert - aber auch Grillitsch, dessen Entwicklung beeindruckt. Der Österreicher ist mittlerweile feiner Techniker und Abräumer im Herzen der Hoffenheimer Elf, statt Zögerlichkeit regiert Entschlossenheit sein Spiel. Nagelsmann erzählt: "Er musste am Anfang ein bisschen geweckt werden, dass er nicht nur sauber kickt, sondern auch ein bisschen arbeiten muss."

Grillitsch erinnert sich sehr gut an ein Gespräch mit dem Trainer am Anfang der Saison, als dieser ihm klarmachte, was er von ihm verlangt: "Julian hatte ja recht, man muss nicht nur mit Ball, sondern auch gegen den Ball arbeiten." Das musste Grillitsch erst verinnerlichen, vielleicht auch, weil er ursprünglich ein offensiv denkender Zehner war. Wie in Bremen agierte Grillitsch in Hoffenheim zunächst auf der Achter-Position, aber Nagelsmann beorderte ihn dann im Verlauf der Spielzeit auf die Sechs. "Ich will immer den Ball, da passt die Sechs", sagt Grillitsch.

Der Trend in der Liga geht ein bisschen in die Richtung, Spielmachertypen auf diese strategisch wichtige Position zu beordern. Der ehemalige Hoffenheimer Jugendtrainer Domenico Tedesco machte das mit Max Meyer in Schalke, auch Sebastian Rudy begann ja ursprünglich als Zehner, bevor er letzten Sommer durch seinen Wechsel zum FC Bayern in Hoffenheim eine Lücke auf der Sechs hinterließ. Die schlossen im Verlauf der Saison Dennis Geiger (derzeit verletzt) und Florian Grillitsch immer besser.

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Dass Grillitsch gestalten kann, überrascht nicht. Eher erstaunt, wie schnell er seine Lektionen gelernt hat und nun auch ein defensiver Stabilisator geworden ist. "Man muss auf der Sechs mehr in den Zweikampf gehen, und sehr diszipliniert sein", sagt Grillitsch, dessen Spielverständnis ihm hilft, die Räume des Gegners zu verengen. "Eine meiner Hauptaufgaben ist die Kontersicherung. Ich muss, auch wenn wir den Ball haben, schon sehen, wo die Konter des Gegners laufen könnten", erklärt Grillitsch, der sich auch in der österreichischen Nationalmannschaft festgespielt hat. Jüngst gelang ihm gegen Luxemburg sein erstes Tor im achten Einsatz. Seine Entwicklung sei nun der "Dank für harte Arbeit", sagt Grillitsch: "Ich habe an Erfahrung und durch Julian Nagelsmann einen anderen Blick auf den Fußball gewonnen."

Auch Grillitsch erlebte in der Vorrunde ja zum ersten Mal eine Dreifachbelastung mit Spielen in Liga, Pokal und Europapokal. Das zehre schon an den Kräften, gibt er zu. Die Enttäuschung über das frühe Aus in der Europa League hat die Mannschaft überwunden, der Ehrgeiz erneut in die Europapokalränge vorzustoßen, ist nach zuletzt zehn Punkten in vier Spielen wieder groß. Selbst Champions-League-Platz vier ist plötzlich wieder in Reichweite. "Klar wollen wir auf die internationalen Plätze", sagt Grillitsch: "Wir haben noch ein paar schwere Spiele vor uns. Aber wenn wir die Form halten, dann haben auch wir gute Chancen."

Am kommenden Sonntag könnte die TSG mit einem Sieg in Frankfurt einen direkten Konkurrenten in der Tabelle überholen. "Die Eintracht ist eine sehr unangenehme Mannschaft, aber wir kommen mit Selbstvertrauen und mit breiter Brust", betont Grillitsch. Den Aufwärtstrend zuletzt macht er auch an der geringeren Belastung fest: "Wieder mehr Zeit für Training ist einer der Faktoren für den Aufschwung, denn nur über das Training kann man sich verbessern."

Grillitsch verließ mit 17 das Elternhaus, um sich den Traum vom Bundesligaspieler zu erfüllen. In Hoffenheim befindet er sich auf dem Weg, ein gestandener Erstligaprofi zu werden. Dass er mit Großklubs wie dem AC Milan in Verbindung gebracht wird, ehre ihn, sagt er. Aber er versichert, sich bei Hoffe wohl zu fühlen und keine Wechselgedanken zu hegen.

Um das Ziel Europapokal erneut zu erreichen, braucht die Mannschaft eine Fähigkeit, die Florian Grillitsch in den letzten Monaten entwickelt hat, er sagt: "Wir brauchen nicht in Schönheit zu sterben."

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