Vor dem Bayern-Spiel: Ein Rekord als Menetekel

In Hoffenheim könnte der FC Bayern eine 30 Jahre alte Bestmarke der Bundesliga einstellen.

02.11.2013 UPDATE: 02.11.2013 05:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Haben die Münchner Thomas Müller, Franck Ribéry und Arjen Robben (v.l.) auch heute in Sinsheim gut lachen? Foto: dpa
Von Maik Rosner

München. In dieser Woche hat Bastian Schweinsteiger, 29, ein paar weitreichende Überlegungen angestellt, und nebenbei steckte er damit ungewollt auch exakt jenen Zeitrahmen ab, um den es an diesem Wochenende gehen wird. Schweinsteigers Gedanken kreisten um eine ferne Zukunft, darum, was aus ihm im Jahre 2043 geworden sein könnte. "Es wäre schon witzig, wenn in 30 Jahren Philipp Lahm, Thomas Müller und ich anstatt Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge die Regie bei Bayern führen würden. Thomas würde viel nach außen reden und Philipp und ich entscheiden, was passiert", sagte der Münchner Nationalspieler. Er changierte wohl zwischen Scherz und Wunschdenken.

30 Jahre, das ist auch jene Bezugsgröße, die den FC Bayern an diesem Samstag in Hoffenheim beschäftigt - und damit die gesamte Bundesliga. Verliert die Mannschaft von Trainer Pep Guardiola nicht bei der TSG 1899, wäre der Rekord des Hamburger SV aus dem Jahre 1983 eingestellt. 36 Spiele lang blieb der HSV damals ungeschlagen. "Ein Jahr keine Niederlage, das ist etwas Sensationelles. Der Rekord des HSV war eigentlich für die Ewigkeit gedacht", sagt Vorstandschef Rummenigge. "Es bedeutet uns schon etwas, aber das, was am Ende zählt, ist der Titel", findet Torwart Manuel Neuer.

Felix Magath, vor 30 Jahren einer der Rekord-Hamburger, zweifelt auch nicht an diesem übergeordneten Ziel. "Diese Bayern haben eigentlich keinen Gegner mehr, jedenfalls nicht in Deutschland", sagte er. Dass die Münchner zunächst einmal drauf und dran sind, die bisher als unerreichbar geltende Bestmarke in den kommenden Wochen womöglich sogar zu überbieten, dürfte auch jene auf den Plan rufen, die darin ein weiteres Indiz für einen ungesunden Trend sehen. Sie erkennen in der ständigen Rekordjagd des FC Bayern ein Menetekel. Das gilt vor allem für Heribert Bruchhagen. Der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt hat sich schon häufig über die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen den europäischen Schwergewichten und den Mittel- und Unterbauten der nationalen Ligen mokiert.

Bruchhagen findet, dass es auf Dauer die Attraktivität der Ligen gefährde, wenn die Meistertitel nur noch innerhalb elitärer Zirkel ausgespielt werden. "Spanische Verhältnisse", wird das genannt, weil in der Primera Division der FC Barcelona und Real Madrid Platz eins fast ausschließlich unter sich ausmachen. In den vergangenen 30 Jahren wurde nur fünfmal keiner dieser beiden Klubs Meister.

Auch in Deutschland zeichnet sich diese Entwicklung zunehmend ab, sagen Kritiker, und sie verweisen aktuell auf die Ligatabelle, in der die drei Champions-League-Teilnehmer FC Bayern, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen bereits nach nicht einmal einem Drittel der Saison weit enteilt sind. Hierzulande weniger wegen der nationalen TV-Einnahmen, die sich zwischen oben und unten zwar ebenfalls markant unterscheiden, aber dennoch fernab spanischer oder englischer Größenordnungen bewegen. Sondern vor allem wegen der immensen Geldströme aus der Champions League, die Vereine wie der FC Bayern und Dortmund zuverlässig anzapfen. Befürworter verweisen darauf, dass internationale Erfolge für deutsche Klubs ohne die derzeitige Praxis der Uefa allenfalls eine zufällige Ausnahme sein könnten.

Die Zuspitzung auf einige wenige, dieses häufig zu beobachtende und logische Grundprinzip der Marktwirtschaft, wird schwer aufzubrechen sein. Doch das Problem ist erkannt. Sogar Hoeneß, mit Bruchhagen eher selten einer Meinung, hat sich gesorgt. "Ich finde schon, dass wir uns Gedanken machen müssen, dass die oberen zwei, drei Klubs nicht total davonlaufen, dass die anderen mithalten", sagte der Präsident des FC Bayern im April. Am zementierten Zweikampf zwischen den Münchnern und Dortmundern wird sich aber trotz der aktuell hartnäckigen Leverkusener vorerst wohl nichts ändern. Bei allem Respekt vor Bayer 04 - der BVB sei "der schwere Gegner, den es für uns zu schlagen gilt", prognostizierte Hoeneß in dieser Woche.

Hoffenheim? Nur eine Durchgangsstation. Am Dienstag, in der Champions League in Pilsen, wartet schon die Einstellung des nächsten Rekordes. Der neunte Siege in Folge, aufgestellt vom FC Barcelona. Vor zehn Jahren.

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