Sechser-Problem und Millionenspiel

Zuzenhausen. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Sejad Salihovic muss 1899 noch einmal tief in die Tasche greifen

21.01.2013 UPDATE: 21.01.2013 09:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Sein Ausfall bringt die Verantwortlichen unter Zugzwang: der verletzte Hoffenheimer Co-Kapitän Sejad Salihovic. Foto: APF
Von Joachim Klaehn

Zuzenhausen. Ein Zweikampf in der neutralen Zone, einer wie er fünfzig Mal in einer Partie vorkommt: Der Hoffenheimer Sejad Salihovic prallt nach einem Schussversuch des Mönchengladbachers Thorben Marx mit diesem zusammen, beide stehen wieder auf - weiter geht's. Doch am Gesichtsausdruck des neuen 1899-Vizekapitäns und am ganzen Habitus ist in den Folgeminuten abzulesen: Da stimmt etwas nicht! Daniel Williams läuft sich warm, dann erfolgt in der 36. Minute bereits der Wechsel. Tags darauf erhält der abstiegsbedrohte Kraichgauklub die Hiobsbotschaft: Der 28-jährige Bosnier hat sich einen Riss des Außenmeniskus im rechten Knie zugezogen. Dies ergab eine eingehende Untersuchung am Sonntagmorgen in der Heidelberger Uniklinik.

Ein nachträglicher Schock, ein Rückschlag. Eine Diagnose, durch die sich die personelle Gesamtsituation beim nordbadischen Patienten dramatisch zuspitzt. Denn "Sali", der sich bereits am Dienstag im Straubinger "Sporthopaedicum" von Dr. Gerd Ebner und Dr. Jürgen Eichhorn operieren lässt, wird für unbestimmte Zeit ausfallen. Weil sich auch Mittelfeldkollege Sebastian Rudy einer Arthroskopie kurz vor Weihnachten am rechten Sprunggelenk unterzogen hatte und erst im März zurückkehren dürfte, hat "Hoffe" nun ein echtes Sechser-Problem. Ohnehin herrscht ein Mangel an Kreativkräften wie etwa Boris Vukcevic, die die "Abteilung Attacke" erfolgversprechend in Szene setzen können. Beim 0:0 gegen Gladbach ging das neue Sicherheitskonzept von Trainer Marco Kurz (43) auf, nach alarmierenden 41 Gegentreffern in der Vorrunde bewies Hoffenheim diesbezüglich Bundesliga-Tauglichkeit - in der Abwehr.

Doch im Sturm ist der Wurm drin. Kurz räumte auf Nachfrage in der anschließenden Pressekonferenz ein: "Die Umkehrbewegung war in Ordnung, aber wir müssen im eigenen Aufbauspiel ansetzen, um in die gefährliche Endzone zu kommen." Zwei, drei Chancen von Firmino, Weis und Joselu sind in einem angekündigten "Neustart-Spiel" herzlich wenig. Allein der unermüdlich rackernde Vorbereiter Kevin Volland kann es nicht richten. Es fehlt ein "Knipser", was wiederum ein bezeichnendes Licht auf die verfehlte sommerliche Einkaufspolitik wirft. Der Spanier Joselu (Real Madrid) kostete sechs, der Schweizer Eren Derdiyok (Bayer Leverkusen) 5,5 Millionen Euro - da müssen die damaligen Scouts und Verantwortlichen Hoffenheims schon sehr überzeugt von den Treffkünsten des Duos gewesen sein.

Derdiyok (Vertrag bis 2016) zahlt es mit seiner Schildkröten-Mentalität nicht zurück. Ein hoch dotierter Spaziergänger, wie die Sportbild jüngst enthüllte. Gesucht wird bei "Hoffe" noch der Maulwurf, wenngleich der Verein gewiss ganz, ganz andere Sorgen hat ...

Manager Andreas Müller (50) ist bis zum Transferschluss am 31. Januar gefordert. "Wir müssen dem Trainer weitere Alternativen geben", sagte Müller am Samstag. Intern soll es von Gesellschafter Dietmar Hopp längst das Signal gegeben haben, in personelle Nachrüstungen zu investieren. Das Schreckensszenario Bundesliga-Abstieg würde nämlich dem Verein wesentlich teurer zu stehen kommen als dies bei fieberhafter, kostenintensiver Suche auf dem Spielermarkt zu befürchten gilt.

Müller sagte nach dem zwiespältigen Rückrunden-Auftakt: "Es war ein Schritt in die richtige Richtung." Dem weitere folgen müssen - auf dem Spielfeld und abseits des Rasens. Die Terrier-Tugenden eines Tobias Weis und die Staubsauger-Qualität eines Daniel Williams werden für die knifflige Rettungsaktion kaum ausreichen. Die Erkenntnisse aus dem Gladbach-Spiel sind spärlich, aber spätestens seit vorgestern ist klar: Es ist ein Kampf an allen Fronten. Ein Millionenspiel um die Erstklassigkeit.

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