Die Freudenberg-Firmenzentrale in Weinheim. Foto: Dorn
Von Matthias Kros
Weinheim. Die beabsichtigte Kündigung eines Betriebsratsmitglieds bei dem Weinheimer Mischkonzern Freudenberg geht in die nächste Runde. Am Montag sei beim Landesarbeitsgericht in Mannheim Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 22. Juli eingegangen, teilte ein Gerichtssprecher am Dienstag auf Anfrage mit (Aktenzeichen: 19 TaBV 4/20).
Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass Freudenberg einem Betriebsratsmitglied außerordentlich kündigen wollte. Dem allerdings hätte die Mehrheit des Betriebsrates zustimmen müssen. Da die Arbeitnehmervertreter das Votum verweigerten, versuchte der Weinheimer Konzern die Zustimmung durch das Arbeitsgericht Mannheim ersetzen lassen – ohne Erfolg. Ende Juli entschied die 13. Kammer des Arbeitsgerichts Mannheim, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt sei.
In dem Verfahren geht es hauptsächlich darum, wie viel Zeit der nicht freigestellte Betriebsrat für diese Tätigkeit aufwenden und deshalb betriebliche Aufgaben ablehnen darf. In erster Instanz erkannte dabei das Gericht zwar durchaus eine "beharrliche Arbeitsverweigerung" des Betriebsratsmitglieds und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis dadurch "stark belastet" sei. Angesichts der mehr als 28-jährigen Betriebszugehörigkeit und dem zumindest teilweise bestehenden Zusammenhang zwischen Kündigung und Betriebsratstätigkeit sei eine außerordentliche Kündigung aber nicht gerechtfertigt, erklärte Richterin Kerstin Miess in ihrem Urteil. Zudem habe sich auch das Unternehmen nicht immer konstruktiv verhalten.
Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern, die unter besonderem Schutz stehen, sind in Deutschland sehr selten. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit bei der Auseinandersetzung in Mannheim. Das gewerkschaftsnahe Komitee "Solidarität gegen Betriebsrats-Mobbing" hatte die bisherigen Verhandlungstermine stets genutzt, um vor dem Gerichtsgebäude zu demonstrieren. Das aktuelle Verfahren richtete sich gegen den Vorsitzenden des erst im Juli vergangenen Jahres gegründeten Betriebsrates der Freudenberg & Co. KG, also der strategischen Führungsgesellschaft (Holding) der Gruppe mit etwa 240 Mitarbeitern.
Generell gilt für Betriebsratsmitglieder in Deutschland ein Sonderkündigungsschutz. Kündigungen sind grundsätzlich nur außerordentlich möglich, und auch nur dann, wenn der Betroffene seine Arbeitnehmerpflichten schwerwiegend verletzt – wenn also dem Arbeitgeber jede weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist. Das kann beispielsweise bei Diebstahl am Arbeitsplatz der Fall sein, bei Beleidigung des Chefs, bei sexuellen Übergriffen oder bei politischer Agitation.
Freudenberg äußerte sich am Dienstag zunächst nicht zu der Beschwerde gegen die Entscheidung des Mannheimer Arbeitsgerichts. Ob es zwischenzeitlich Versuche gegeben hat, eine außergerichtliche Lösung zu finden, blieb damit offen. Im Prozess im Juli sah es dafür jedenfalls schlecht aus. Damals hatte der Rechtsanwalt, der den Betriebsrat vertritt, deutlich gemacht, dass sich sein Mandant "für kein Geld der Welt aus dem Arbeitsverhältnis herauskaufen" lasse.
Anfang Januar hatte eine Freudenberg-Sprecherin betont, dass es bei diesem Verfahren keineswegs darum gehe, die Rechte der Arbeitnehmervertretung infrage zu stellen. Freudenberg arbeite seit Jahrzehnten in zahlreichen Konzerngesellschaften mit Betriebsräten und Gewerkschaften gut und vertrauensvoll zusammen.