Es läuft nicht rund bei der deutschen Bahn. Die Kundschaft ist frustriert und verärgert, die Politik stellt Forderungen auf. Foto: dpa
Von Petra Sorge, RNZ-Berlin
Berlin. Nur jeder fünfte ICE läuft fehlerfrei. Doch die Bahn hat noch viele Probleme mehr. In einer zweitägigen Klausur befasste sich der Aufsichtsrat ausführlich mit den zahlreichen Problemen und versprach am Freitag Besserung. Wo hakt es? Und wie sollen die vielen Probleme behoben werden?
Zu viele Verspätungen: Pünktlicher werden im Fernverkehr - das hatte sich der Konzern für dieses Jahr erneut vorgenommen. Die Zielmarke: 82 Prozent. Doch die wurden weit verfehlt, wie eine umfangreiche Analyse zeigt, die der Bahn-Vorstand am Freitag dem Aufsichtsrat vorlegte. Nur 71,8 Prozent der Intercity, Eurocity und ICE fuhren im Oktober nach Fahrplan. Bezogen aufs Jahr beträgt die Pünktlichkeit 75 Prozent, schätzt das Papier zu den Bereichen Infrastruktur, Fern-, Nah- und Güterverkehr, das den Namen "Unsere Agenda für eine bessere Bahn" trägt. Dabei gelten Züge immer noch als pünktlich, wenn die planmäßige Ankunftszeit um weniger als sechs Minuten überschritten wurde.
Mängel bei den ICE: Noch schonungsloser fiel die Analyse bei den technischen Fehlern aus. Nur 20 Prozent der ICE rollen voll funktionsfähig durch Deutschland.
Pläne des Vorstands: Dass sich Verspätung an Verspätung reiht, hat auch mit einem Verschleiß der Infrastruktur zu tun. Gleise, Weichen, Stellwerke und die großen ICE-Instandhaltungswerke müssen erneuert werden. Schätzungen zufolge beläuft sich der Investitionsstau auf 50 Milliarden Euro. Der Aufsichtsrat billigte am Freitag ein umfassendes Modernisierungsprogramm, das der Bahn-Vorstand umsetzen soll. In den kommenden Jahren steigen laut dem Papier die Mittel für Mitarbeiter, Infrastruktur, rollendes Material, Qualität und Digitalisierung. Von Investitionen "auf Rekordniveau" ist die Rede. Der Konzern will seine mobilen Teams stärken und die Wartungsstunden von 130.000 auf 225.000 Stunden erhöhen. Doch dafür fehlt das Personal. Im Budget für 2018 waren ursprünglich 13.400 zusätzliche Mitarbeiter eingeplant. Nötig wären aber 24.300.
Knappe Haushaltsmittel: Wie dieses Versprechen eingelöst werden soll, ist ungewiss. Im gerade verabschiedeten Bundeshaushalt 2019 sinken die Investitionen in die Schieneninfrastruktur. 50 Millionen Euro weniger soll es für den Gleisbau geben, 2017 waren es noch 100 Millionen mehr. Dabei hatten Union und SPD sich im Koalitionsvertrag verständigt, bis 2030 die Fahrgastzahlen in der Bahn zu verdoppeln. Mit den jetzigen Budgetplänen sei das Ziel unerreichbar, warnte der Verband "Allianz pro Schiene".
Vorschlag der Konzernzerschlagung: "Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass der Konzern sich neu aufstellt", forderte gestern der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die verschiedenen Töchter, die alle für das Netz verantwortlich seien, müssten zu einer Infrastruktur-Gesellschaft fusionieren. Zudem müsse das Netz- vom Transportgeschäft getrennt werden. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lehnte den Vorschlag klar ab.