Von Michael Zehender
Heidelberg. Seit Mitte Oktober hat es in weiten Teilen von Deutschland nicht mehr geregnet. Die Flüsse - allen voran der Rhein - führen kaum noch Wasser. Am Kölner Pegel wurde gestern der historische Tiefststand von genau noch einem Meter erreicht. Der Schifffahrt bereitet das zunehmend Probleme - aber auch andere Branchen, die direkt oder indirekt von den Wasserstraßen leben, haben zu kämpfen. Eine Übersicht über die wirtschaftlichen Auswirkungen.
> Strom: Mehrere Turbinen stehen derzeit an den Rhein-Kraftwerken des Karlsruher Energieversorgers EnBW still. "Unsere Erzeugung an Wasserkraft liegt derzeit 20 bis 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau", so eine Sprecherin. Nach ihren Angaben könnte das Wasseraufkommen bald ähnlich niedrige Werte wie nach dem Jahrhundertsommer 2003 erreichen. Vergleichbare Werte wie EnBW nennen auch Eon und RWE. Doch auch wenn in Baden-Württemberg die Wasserkraft mit zehn Prozent an der Gesamtstrommenge einen hohen Anteil hat, sehen die Energieversorger die Stromversorgung nicht gefährdet. Ein Grund dafür: Aufgrund des guten Wetters erzeugen Solaranlagen derzeit für Novemberverhältnisse sehr viel Energie. Betroffen sind die Energieversorger noch an anderer Stelle: Ein Großteil der in ihren Kohlekraftwerken verfeuerten Kohle wird per Schiff transportiert - und hier entstehen deshalb höhere Kosten.
> Diesel: "Dieselpreis auf Rekordhoch" titelten in den vergangenen Tagen die Zeitungen. Ein Grund dafür - neben niedrigen Lagerbeständen oder hoher Nachfrage nach dem verwandten Heizöl - dürfte auch im aktuellen Niedrigwasser liegen. Denn ein Großteil des Diesels wird per Schiff zu den Abnehmern gebracht. "Wenn es nicht bald regnet, müssen wir andere Transportmöglichkeiten finden", heißt es bei Shell Deutschland. Das sei jedoch schwierig: "Wir haben schon alles auf der Straße, was rollt."
> BASF: Mehr als 40 Prozent seiner Fracht wickelt der Ludwigshafener Chemieriese BASF per Schiff ab. Dennoch macht man sich in der Konzernzentrale keine Sorgen. "Der Warenumschlag läuft derzeit normal. Die BASF ist auf solche Situationen vorbereitet", sagte ein Sprecher gegenüber der RNZ. Ein Teil der Fracht werde nach einem Notfallplan auf die Schiene verlagert. Der finanzielle Mehraufwand hierfür halte sich jedoch in Grenzen.
> SCA: Der Mannheimer Hygieneproduktehersteller SCA ("Zewa") ist nach eigenen Angaben "massiv von dem Niedrigwasser betroffen". Fast der komplette Zellstoff komme per Schiff nach Mannheim, so eine Sprecherin. "Hier müssen wir derzeit höhere Kosten in Kauf nehmen, da die Schiffe nicht voll beladen werden können." Die Werksleitung greift deshalb bereits zu außergewöhnlichen - wenn auch nicht ganz ernst gemeinten - Mitteln: Die Mitarbeiter sollten Kerzen in die Fenster stellen, damit es bald wieder regnet, lautete der Appell auf der gestrigen Betriebsversammlung.
> Logistik: Viele Unternehmen verlagern ihre Transporte auf Schiene oder Straße. Doch vor allem bei der Bahn ist das Ende der Fahnenstange offenbar bald erreicht. "Auf dem Markt ist so gut wie kein Waggon mehr verfügbar", heißt es bei den Logistikfirmen. Dementsprechend steigen natürlich sowohl bei Lkws als auch bei Zügen die Preise. Wenig zu leiden haben übrigens die Binnenschiffer - und das, obwohl ihre Schiffe wegen des Niedrigwassers teilweise nicht einmal zur Hälfte beladen werden können. Als Ausgleich bekommen sie einen so genannten Niedrigwasserzuschlag von den Kunden.