Hat Hoffenheim den "einen oder anderen zu viel" ausgeliehen?
In der Winterpause war der aufgeblähte 30-Mann-Kader resolut reduziert worden – vielleicht zu resolut

Noch nicht bei "Hoffe" angekommen: Kasim Adams (l.), hier gegen Luka Jovic. Foto: APF
Von Achim Wittich
Frankfurt. Oliver Baumann stapfte völlig konsterniert durch die Katakomben der Frankfurter Arena. Hoffenheims Nummer 1 war unschwer anzusehen, dass der späte Knockout beim Europa-Kontrahenten die Nerven arg strapazierte. "Es tut gerade total weh", musste der 28 Jahre alte Rückhalt eingestehen. Schmerzhaft war das Ende wieder einmal für die TSG-Profis, die sich zwar - wie bei der irren Aufholjagd in Dortmund - mit toller Moral zurückmelden können. Die sich aber viel häufiger in dieser wechselhaften Saison in letzter Sekunde die Früchte ihrer Arbeit von den Kickstiefeln nehmen lassen.
Deshalb ist der Tabellendritte der vergangenen Runde nach dem neuerlichen Schlussdrama endgültig kein Kandidat mehr für eine Champions-League-Qualifikation und er hat auch beim Kampf um ein Plätzchen in der Europa League aktuell nur die Verfolgerrolle inne.
Die Aussage von Stürmer Andrej Kramaric auf der Vereinshomepage könnte es nicht treffender ausdrücken: "Die ganze Saison ist wie dieses Spiel heute. Wir sollten es eigentlich gewinnen. Wir arbeiten und spielen gut, aber verlieren zu viele Punkte, die wir eigentlich brauchen, um in die Europa League zu kommen. Man kann es nicht beschreiben, es ist einfach schade."
Frust statt Lust also an den närrischen Tagen im Kraichgau, der vorgezogene Aschermittwochkater bereitete auch dem Sportdirektor Kopfschmerzen. "Natürlich hinterfrage auch ich mich und man könnte darüber nachdenken, ob man nicht den einen oder anderen zu viel abgegeben hat", gestand Alexander Rosen ein. Er spielte damit auf die Tatsache an, dass der zuvor für eine - wie erhofft - längere Dreifach-Belastung aufgeblähte 30-Mann-Kader in der Winterpause resolut reduziert worden war. Unter anderem war man bei der sportlichen Führung der Meinung, mit Kevin Akpoguma, Havard Nordtveit und Justin Hoogma gleich drei Innenverteidiger nach Hannover, Fulham und zum FC St. Pauli ausleihen zu können. Eine Entscheidung, die sich nach der anhaltenden Verletzungsmisere gerade bei den Defensivspezialisten als diskutabel herausstellt.
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Doch, und diesbezüglich ist Rosen zuzustimmen, konnte er als Kaderplaner mit einer derartigen Zuspitzung der Personalnot nicht rechnen. Julian Nagelsmann fand auf der Pressekonferenz verständlicherweise die große Ausfallquote ebenfalls alles andere als lustig. "Wir haben seit drei Wochen zwölf Feldspieler im Training", berichtete er am Samstag.
Vor allem Kapitän Kevin Vogt - wenn überhaupt von Nagelsmann aufgeboten und einsatzfähig - hat sich zum Sorgenkind entwickelt, findet einfach nicht zu alter Leistungsstärke zurück. Benjamin Hübner, ebenfalls ein Leistungsgarant, konnte bei den Hessen wieder einmal verletzt nicht für Stabilität sorgen. Und: Mit Kasim Adams, der es bisher eh nur auf zehn Erstliga-Einsätze bei "Hoffe" gebracht hat, haben sich die Kraichgauer einen Wackelkandidaten ins eigene Fußballhaus geholt.
Schon bei seinem Debüt zum Saisonstart in München stand der Mann aus Ghana bis zu seiner Auswechslung vor einem Platzverweis, in der Champions League in Lyon war es dann damit soweit und diesmal schlich er nach seinem gelb-roten Rauswurf tief geknickt vom Platz. Nur ein "Schulterklopfer", wie von Alexander Rosen angekündigt, wird nicht ausreichen, um den 23-Jährigen zur erhofften Verstärkung werden zu lassen.