Torhüter Michael Esser kommt ablösefrei für verletzten Oliver Baumann
Ex-DFBler Denni Strich erweitert die Direktoren-Ebene des Bundesligisten

Von Joachim Klaehn
Zuzenhausen. Karrieren von Profisportlern können ganz überraschende Wendungen nehmen. So ist es im Fall von Michael Esser. Bis letzte Woche konnte der lange Kerl mit dem Gardemaß eines Basketballers (1,98 Meter) nicht davon ausgehen, dass er vom Zweitligisten Hannover 96 zum Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim wechseln würde. Bis sich Stammtorhüter Oliver Baumann im Rahmen von "Hoffes" Trainingslager in Marbella/Spanien gravierender verletzte und demnächst wegen eines Meniskusschadens im linken Knie operiert werden muss und somit wahrscheinlich bis zum Saisonende ausfällt. Nun dürfte Esser bereits am Samstag (15.30 Uhr/Sky) zum Rückrunden-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt seine Erstliga-Rückkehr nach rund achtmonatiger Zwangsabstinenz feiern.
Denn der Kraichgauklub hat auf den Ausfall von Baumann erwartungsgemäß reagiert und sich zügig auf einen Modus mit dem 32-jährigen Esser geeinigt. Der Mann aus Castrop-Rauxel, zuvor beim VfL Bochum, Sturm Graz, SV Darmstadt 98 und eben seit Sommer 2017 in der Landeshauptstadt Niedersachsens am Ball, wurde von der TSG am Dienstag bis zum Saisonende verpflichtet. Essers 96-Vertrag wäre ohnehin im Sommer ausgelaufen, die Hannoveraner Verantwortlichen Martin Kind und Jan Schlaudraff hatten zu Jahresbeginn verlautbaren lassen, dem Torhüter im Falle eines vorzeitigen Abschieds keine Steine in den Weg legen zu wollen.
Originalton des allmächtigen 96-Bosses Martin Kind: "Michael ist ein guter Torwart und ein super Typ mit tollem Charakter. Er hat sich in schwierigen Zeiten professionell und fair verhalten. Deshalb ist es selbstverständlich, ihm diese Chance zu ermöglichen." Vor Weihnachten war bereits Essers Comeback bei den Darmstädter "Lilien" kolportiert worden, zumal der solide Schlussmann seinen Stammplatz an der Leine vergangenen Sommer an Weltmeister Ron-Robert Zieler (vorher VfB Stuttgart) verloren hatte. Die Situation gestaltete sich also für Esser unbefriedigend. Während der aktuelle 96-Trainer Kenan Kocak eine neue Nummer zwei sucht, hat Hoffenheim seine entstandene Lücke geschlossen. Esser kommt ablösefrei nach Nordbaden und Alexander Rosen, TSG-Direktor Profifußball, ist von den Qualitäten des Nachrückers überzeugt.
"Wir reagieren damit auf eine durchaus anspruchsvolle Situation auf der Torhüter-Position und haben dafür in Michael eine ideale Lösung gefunden", sagte Rosen über den kurzfristig erfolgten Wintertransfer. Akuter Handlungsbedarf herrschte nicht nur wegen Oliver Baumann, sondern weil sich auch Ersatztorwart Alexander Stolz (Sehnenentzündung im Ellenbogen) und Nachwuchskraft Daniel Klein (Handbruch) mit langwierigen Problemen herumplagen, so dass Cheftrainer Alfred Schreuder mit Philipp Pentke lediglich ein gesunder Schlussmann zur Verfügung gestanden hätte. Esser wird beim Dorfklub die Rückennummer 28 erhalten. Sein letztes Bundesliga-Spiel bestritt der gelernte Klempner am 11. Mai 2019 beim 3:0 über den SC Freiburg, damals trug sich auch sein alter und neuer Teamkollege Ihlas Bebou in die 96-Torschützenliste ein.
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Nicht nur am TSG-Kader wird augenblicklich gebastelt, nein, auch hinter den Kulissen stellt sich die Fußball-Spielbetriebs GmbH perspektivisch auf. Am Dienstag gab Hoffenheim bekannt, dass mit Denni Strich (53) die Hoffenheimer Führungsspitze in Bälde erweitert wird. Der studierte Betriebswirt, in Worms aufgewachsen, wird ab 1. Februar die bestehende Direktoren-Ebene um Rosen (Profifußball), Dirk Mack (Nachwuchs) und Christian Frommert (Kommunikation & Medien) strategisch ergänzen und den neugeschaffenen Posten Sales & Marketing übernehmen. Strich kommt vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) in Frankfurt, dort war er 18 Jahre lang, etwa als Marketing-Direktor sowie als Geschäftsführer der DFB GmbH, vielfältig tätig. Sein Erfahrungsschatz, Knowhow und Netzwerk dürften Hoffenheim weiter voranbringen.
"Mit der neuen Position wollen wir nicht nur den gestiegenen Vertriebs-Anforderungen und den digitalen Transformationsprozessen Rechnung tragen, sondern auch unsere Marketing-, Hospitality- sowie Event-Aktivitäten noch stärker vernetzen und auf unsere Zukunftsstrategie ,TSG ist Bewegung‘ abstimmen", wird Geschäftsführer Dr. Peter Görlich in einer Pressemitteilung zitiert. Demnach wird Strich, der den weltgrößten nationalen Sportfachverband auf eigenen Wunsch verließ, ganz im Sinne der zukunftsträchtigen Weiterentwicklung des Klubs seine neue Herausforderung positiv annehmen.
Denni Strich hat als Profi insgesamt 79 Zweitliga-Spiele für Union Solingen, Rot-Weiß Oberhausen und den FC Homburg bestritten. Außerdem ist er der Sohn des Ex-Bundesliga-Torhüters Horst-Dieter Strich (78) vom 1. FC Kaiserslautern, der 2000 eine Torwartschule für Kinder und Jugendliche initiierte. Für den vierten TSG-Direktor geht ein Traum in Erfüllung. "Die TSG Hoffenheim ist ein junger, innovativer und spannender Klub", sagte Denni Strich zur Einstimmung. "Hoffe" soll durch ihn einen zusätzlichen Energieschub bekommen.