Zukunft und Vergangenheit
Doch Nagelsmann bevorzugt gegen Leipzig das Hier und Jetzt

Von Joachim Klaehn
Zuzenhausen. Julian Nagelsmann (31) ist ein "Bulle" ante portas - und so sehr sich Hoffenheims Cheftrainer darüber mokieren mag, dass sein feststehender Wechsel im Sommer 2019 nach Leipzig ein medial aufgebauschtes Thema sei, für den Brause-Klub ist Nagelsmann ein wichtiger Baustein für die Zukunft. RasenBallsport wird eine Ablösesumme in Höhe von fünf Millionen Euro an die Kraichgauer überweisen und hat den ambitionierten Jungtrainer mit einem Vertrag bis 2023 ausstaffiert. Am heutigen Nachmittag (15.30 Uhr/Sky) treffen die Ligarivalen in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena aufeinander. "Ich brenne auf drei Punkte", sagt Nagelsmann im Vorfeld, "wir wollen versuchen, Vollgas zu geben."
Typisch Nagelsmann eben. Superlative? Ein für alle Beteiligten außergewöhnlicher Kick? Ein Trainer-Duell an der Seitenlinie? Ach was, wischt Nagelsmann dies alles beiseite. "Mich interessiert null komma null, wer auf der anderen Seite steht", so der Oberbayer.
Dies sieht Schwabe Ralf Rangnick etwas anders: Er spricht ausdrücklich von Brisanz, was mit der gemeinsamen Zukunft, aber auch mit Rangnicks Vergangenheit bei der TSG 1899 zusammenhängt. Der Backnanger, Architekt jenes Höhenfluges, der "Hoffe" 2008 in die Bundesliga führte, und Initiator des exquisiten Trainingszentrums in Zuzenhausen, ging am Neujahrstag 2011 aus Wut. Die TSG-Entscheider ließen Leistungsträger Luiz Gustavo zum FC Bayern ziehen, Rangnick wertete es als Affront, da der Deal hinter seinem Rücken eingefädelt worden war.
Hintergrund
Fünftes Aufeinandertreffen
Hoffenheim und Leipzig trafen in der Bundesliga erst vier Mal aufeinander: 2:2, 1:2, 4:0 und 5:2 lauten aus TSG-Perspektive die bisherigen Resultate. Auch das Torverhältnis (12:6) spricht für den Kraichgauklub. Das letzte
Fünftes Aufeinandertreffen
Hoffenheim und Leipzig trafen in der Bundesliga erst vier Mal aufeinander: 2:2, 1:2, 4:0 und 5:2 lauten aus TSG-Perspektive die bisherigen Resultate. Auch das Torverhältnis (12:6) spricht für den Kraichgauklub. Das letzte Spiel am 21. April hatte es in sich, RB wurde in der Red Bull Arena von der TSG regelrecht gedemütigt.
So könnten sie heute beginnen
Hoffenheim: Baumann - Akpobuma, Vogt, Bicakcic - Kaderabek, Grillitsch, Schulz - Bittencourt, Kramaric - Szalai, Joelinton.
Leipzig: Gulacsi - Laimer, Konate (Orban), Upamecano, Saracchi - Ilsanker, Demme - Kampl, Sabitzer - Augustin, Werner.
Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach). jog
An die Ära Rangnick in Hoffenheim erinnert sich Nagelsmann nur schemenhaft. Es hätte seinerzeit kurze Begegnungen gegeben, mit Rangnick, aber auch mit Nachwuchsdirektor Bernhard Peters. "Das ist lange her", meint Nagelsmann, "er hat das Zentrum mitgeplant - das steht ja immer noch." Der Durchmarsch ins Oberhaus, die erste sensationelle Bundesliga-Spielzeit, von all diesen Erfolgsparametern würde die TSG "heute noch Früchte tragen", obschon der damalige Fußball mit dem heutigen nicht zu vergleichen sei, wie Nagelsmann hervorhebt.
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In den letzten Pressekonferenzen reagierte der eloquente Fußballlehrer zunehmend patzig auf Nachfragen zu seinem nächsten Arbeitgeber. "Ich habe vor diesem Spiel keinen Kontakt gehabt, ich habe seit der Vertragsunterzeichnung kein einziges Telefonat mit RB Leipzig gehabt", grantelt er, "ich habe es schon 48 Mal gesagt und sage es auch noch 48 Mal. Und wenn ich etwas sage, kann man es mir auch glauben."
Verständlicherweise redet Nagelsmann lieber über das rein Sportliche, Belastungssteuerungen, Verbesserungen der Standards, Pep Guardiola, Manchester City sowie die mit Spannung erwartete Champions-League-Heimpremiere am kommenden Dienstag (18.55 Uhr/Sky). Er habe bereits eine grundlegende Vorstellung, wie man dem englischen Meister entgegentreten werde, wenngleich es nicht ganz einfach sei, "die entscheidenden Dinge von Pep Guardiola rauszufiltern."
Die "Nagelsmänner" träumen vom Coup gegen das Starensemble, das laut transfermarkt.de einen Gesamtmarktwert von 1,06 Milliarden Euro besitzt, dagegen muten die 214,85 Millionen Euro der Hoffenheimer relativ bescheiden an. Nagelsmann kämpferisch: "Für die Tabelle der Gruppenphase ist es sehr bedeutend, wenn wir gewinnen würden."
Freilich zählt erst einmal Leipzig. Nach den Hopp-Anfeindungen beim 1:1 gegen Borussia Dortmund hoffen alle auf attraktiven Sport sowie ein friedliches Fußballfest. "Ich erwarte, dass es Pro-Dietmar-Hopp-Plakate gibt", zählt TSG-Präsident Peter Hofmann (59) im Duell mit den Leipzigern auf eine Welle der Sympathie. "Hoffe" und RB verbindet, dass sie beide - leider - zu Zielscheiben von Hassattacken geworden sind.