Kiels Trainer Tim Walter (r.) tröstet Fabian Schleusener. Der Anschlusstreffer des Sandhäuser Stürmers zum 1:2 fiel zu spät. Foto: dpa
Von Wolfgang Brück
Kiel. Die Sorgen werden nicht kleiner für den SV Sandhausen. Nachdem der Fußball-Zweitligist vor zwei Wochen zum ersten Mal in dieser Saison einen der Abstiegsplätze verlassen konnte, rutschte er jetzt wieder ab. Das 1:2 am Samstag bei Holstein Kiel war bereits die achte Niederlage in dieser Saison, das fünfte sieglose Pflichtspiel in Folge. Trainer Uwe Koschinat sprach von einem "Rückschlag im Abstiegskampf".
Wie schon viel zu oft in dieser Saison wurde ein früher Rückstand zum Verhängnis. Kingsley Schindler stellte bereits nach neun Minuten die Weichen. Der Kieler kam nach einer Freistoßflanke des Ex-Sandhäusers Alexander Mühling ungehindert zum Kopfball. Beim 2:0 waren die Gäste von der Geschwindigkeit einer Kieler Kombination überfordert. Jae-Sung Lee vollstreckte (33.). Es sind Momente, in denen Zweifel an der Zweitliga-Tauglichkeit aufkommen.
Es ist kinderleicht geworden, gegen Sandhausen Tore zu schießen. Dabei war noch letzte Runde die stärkste Abwehr der Liga am Hardtwald zuhause. Nicht geändert hat sich dagegen, dass sich die Kurpfälzer schwer tun, Tore zu erzielen. Auch in Kiel dauerte es lange, bis die Bemühungen belohnt wurden Fabian Schleusener gelang mit seinem siebten Pflichtspieltor der (zu) späte Anschlusstreffer (83.).
Voraus ging ein knappes Dutzend vergebener Torchancen. Schon in der zweiten Minute war Andrew Wooten am früheren Oftersheimer Handball-Torwart Kevin Kromholm vorbei, traf den Ball aber nicht richtig. So ging’s weiter bis in die Nachspielzeit, als Fabian Schleusener den Ausgleich auf dem Fuß hatte. Es war zum Haare raufen.
Uwe Koschinat tadelte neben der "mangelnde Konzentration" in der Abwehr die "fehlende Präzision" im Angriff. Aber er lobte auch. "Laufbereitschaft und Spielanlage" hätten ihm gefallen, erklärte der Trainer. Und dass die Kieler statt der üblichen acht bis zehn Chancen diesmal nur drei, vier gehabt habe.
Er wollte auch nicht den Debütanten zu hart kritisieren. "Marcel Seegert hat seine Aufgaben erfüllt", sagte der Fußballlehrer, "wenn auch nicht vollständig". Dem couragierten Mannheimer merkte man an, dass links in der Viererkette nicht seine Lieblings-Position ist und dass die Spielpraxis fehlt. Der Trainer glaubt auch nicht, dass Philipp Försters eher offensive Ausrichtung auf der Sechs zu Lasten der Defensive geht. Ein Chef, der sich schützend vor seine Mitarbeiter stellt. Das wünscht man sich.
Es ist ja auch richtig: Selten hat man den SV Sandhausen in einem fremden Stadion so dominant erlebt wie in Kiel. "Wir haben ein richtig gutes Auswärtsspiel gemacht", fand Sportchef Otmar Schork. Niklas Lomb widersprach: "Es war ein überragendes Auswärtsspiel."
Mit einem Ecken-Plus von 7:1 und 20:9-Torschüssen für den Gast. "Wir waren die bessere Mannschaft. Es ist nicht zu begreifen", ärgerte sich der Torwart, der den Konkurrenz-Kampf gegen Marcel Schuhen fürs Erste gewonnen hat.
Zwar versuchte Sandhausen viel, sah der wenig beschäftigte Lomb "Angriffswelle auf Angriffswelle" aufs Holstein-Tor rollen, doch dort, wo die Spiele entschieden werden, in den Strafräumen, machen die Kurpfälzer zu viel falsch - und das schon seit Saisonbeginn. Ändert sich daran nichts, wird das siebte Zweitliga-Jahr zum verflixten.
Noch besteht die Möglichkeit, dass der weihnachtliche Wunschzettel von Uwe Koschinat in Erfüllung geht. Acht Punkte bis zur Winterpause aus den drei Heimspielen am Sonntag (13.30) gegen Heidenheim und danach gegen Regenburg und Fürth sowie auswärts bei den taumelnden Bielefeldern sind denkbar.
Psychologisches Geschick ist gefragt und darf beim 47-jährigen Fußballlehrer auch vorausgesetzt werden. Einerseits will Uwe Koschinat die Profis "nicht in Watte packen", andererseits ist auch nicht heilsam, in den Wunden zu bohren. Sportchef Otmar Schork empfiehlt: "Ich habe einige positive Dinge gesehen, darauf lässt sich aufbauen."
Kiel: Kronholm - Dehm, Schmidt, Wahl, van den Bergh - Meffert - Mühling (58. Honsak), Kinsombi - Lee (85. Karazor) - Schindler (79. Okugawa), Serra.
Sandhausen: Lomb - Klingmann (68. Behrens), Karl, Verlaat, Seegert (58. Paqarada) - Linsmayer, Förster - Gislason, Müller (77. Vollmann) - Schleusener, Wooten.
Schiedsrichter: Arne Aarnink (Nordhorn); Zuschauer: 8404; Tore: 1:0 Schindler (9.), 2:0 Lee (33.), 2:1 Schleusener (83.).