In dieser Spielzeit noch ohne einen einzigen Treffer: Sandhausens Rurik Gislason. Foto: vaf
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Zeiten waren das. Als man sich beim SV Sandhausen über ein 1:1 gegen den FC Erzgebirge Aue grämte, weil der Relegationsplatz außer Sichtweite zu geraten drohte. Der Relegationsplatz zur Bundesliga, wohlgemerkt. Die Konstellation, die heute beneidenswert erscheint, liegt genau ein Jahr zurück. Rurik Gislason, in dieser Saison noch torlos, glich damals die Führung der Gäste durch Pascal Köpke aus.
Eine Punkteteilung könnte auch am heutigen Samstag (13 Uhr/Sky) zu wenig sein. Dabei gehört der Verein aus der nach Sandhausen kleinsten Zweitliga-Gemeinde zu den am meisten unterschätzten Gegner. Beim 0:1 am Mittwoch gegen den 1. FC Köln hatten die Sachsen so viel Ballbesitz wie noch keine andere Mannschaft gegen den Ex-Bundesligisten. "Von Aue besteht ein falsches Bild", warnt Uwe Koschinat, "die stellen sich nicht nur hinten rein."
Der Trainer des SV Sandhausen hat einen Verdacht. Er vermutet, dass sein Kollege Daniel Meyer einen Trick anwendet, mit dem schon Sepp Herberger 1954 Weltmeister wurde. Er schonte am Mittwoch Robert Herrmann und Clemens Fandrich und verzichtete in der letzten halben Stunde auf Antreiber Jan Hochscheidt und den zwölfmaligen Torschützen Pascal Testroet. Das deutet ebenso wie die Anreise bereits am Donnerstag darauf hin, dass das heutige Spiel am Hardtwald einen hohen Stellenwert für den FC Erzgebirge hat.
Auf eine Kampfansage wie beim letzten Heimspiel, als er ankündigte, man wolle Darmstadt mit in den Abstiegskampf ziehen, verzichtet Uwe Koschinat diesmal. Mit dem Kollegen verbindet ihn ein gutes Verhältnis. In Köln, wo Meyer die A-Junioren des FC trainierte, trafen sich die Fußballlehrer gelegentlich zu einem Kaffee. Mit neun Punkten mehr belegen die Gäste, bei denen es mit 2:0 (Tore: Andrew Wooten und Fabian Schleusener) den bisher einzigen Sandhäuser Auswärtssieg gab, den zwölften Platz. Sandhausen könnte auf sechs Zähler verkürzen.
Während Nicki Adler, der in der Saison 13/14 mit neun Treffern bester Torschütze am Hardtwald war, inzwischen von Aue in seine Heimat zu Lok Leipzig weiter gezogen ist, wird es heute mit einem anderen ehemaligen Sandhäuser ein Wiedersehen geben.
Robert Herrmann hat allerdings keine guten Erinnerungen an Sandhausen. Gerade mal 52 Minuten stand er - beim 1:2 in Fürth - auf dem Rasen. Erst warf ihn ein wiederholter Fußbruch zurück. Anfang letzten Jahres schied sein Vater freiwillig aus dem Leben.
Aus "menschlichen Gründen" erteilte Sportchef Otmar Schork dem Linksfuß die Freigabe. Der Berliner wollte näher an der Heimat sein, um seine Mutter zu unterstützen.
Zwischen 5 000 und 6 000 Zuschauer erwartet Pressechef Markus Beer heute am Hardtwald. Wer im Rahmen der Aktion "Happy Auer" für eine Karte zahlt, erhält zwei Tickets. Die letzte Gelegenheit, diese Aktion zu nutzen, besteht heute zwischen 11.30 Uhr und 12.30 im Fanshop.
"Wir werden nicht von Massen unterstützt", sagt Uwe Koschinat, "aber wir haben ein sehr persönliches Verhältnis zu unseren Fans. Sie haben Spaß am Zweitliga-Fußball."
Seine Profis wollen dafür sorgen, dass dies noch lange der Fall sein wird.