Die Vorentscheidung am Hardtwald: Nils Röseler (Nummer 23) trifft zum 2:0 für den SV Sandhausen. Foto: vaf
Von Claus Weber
Sandhausen. Die Kollegen auf der Pressetribüne rieben sich die verwundert die Augen. Den Fans vor den heimischen Bildschirmen wird es nicht anders ergangen sein. Der SV Sandhausen meldete sich am Freitagabend mit einem 4:0 (2:0)-Sieg über den 1. FC Heidenheim eindrucksvoll zurück. Die Kurpfälzer, die zuletzt fünf deutliche Pleiten mit 0:17 Toren kassiert hatten, wirkten wie ausgewechselt. Der Sieg war hochverdient, hätte sogar noch deutlicher ausfallen können. Und das gegen den Angstgegner von der Ostalb, der den Großteil der bisherigen Duelle gewonnen und zuletzt 2009 am Hardtwald verloren hatte. Unglaublich!
"Es war ein sensationelles Spiel", sagte Geschäftsführer Volker Piegsa und strahlte: "Sandhausen ist zurück!"
Auch Michael Schiele, der nach nur einem Sieg in sieben Spielen unter Druck geraten war, konnte endlich jubeln. "Wir sind sehr erleichtert", meinte der Trainer und gab zu: "Die letzten Wochen waren nicht angenehm, wir haben trotzdem die Ruhe bewahrt und uns diesen Sieg verdient."
Nur Jürgen Machmeier, der sich über ein vorgezogenes Geschenk für seinen 60. Geburtstag am Dienstag freuen konnte, schien nicht ganz so überrascht. "Ich hatte schon die letzten drei Tage ein gutes Gefühl", erklärte der Präsident, "weil es gute Gespräche gab und viele gute Dinge veranlasst wurden." Die Sandhäuser Tugenden seien ein Stückweit verloren gegangen, hatte Machmeier vor dem Baden-Württemberg-Derby die schwachen Leistungen der letzten Monate erklärt und Gier, Leidenschaft und Opferbereitschaft eingefordert.
Der Wunsch des Chefs war seinen Angestellten Befehl. "Heute war von Anfang an Energie in der Mannschaft", freute er sich, "es war so, wie wir es uns immer vorgestellt hatten."
Sandhausen legte los wie die Feuerwehr, zeigte Biss, Wille und Engagement. Die Schwarz-Weißen warfen sich in jeden Ball, spielten zielstrebig nach vorn und hätten durch Aleksandr Zhirov und Alexander Esswein schon nach drei Minuten in Führung gehen können.
Sechs Minuten darauf fiel der erlösende Treffer zum 1:0: Nach einem Zweikampf von Daniel Keita-Ruel und Patrick Mainka am ersten Pfosten springt der Ball zu Julius Biada, der goldrichtig steht und nur noch einschieben muss. Das erste Tor nach fast 500 Minuten (!) wirkte wie eine Befreiung, war Balsam für das angekratzte Selbstbewusstsein.
Sandhausen drehte jetzt erst so richtig auf. Die Rote Karte nach einer Notbremse von Kevin Sessa an Julius Biada (23.) spielte den Gastgebern allerdings in die Karten. Biada – am Freitagabend der überragende Spieler – scheiterte nach einer halben Stunde an Torwart Müller. Doch zwei Minuten später klingelte es doch noch im Heidenheimer Tor: Nils Röseler köpfte nach einer maßgeschneiderten Ecke von Alexander Rossipal ein. Der junge Linksverteidiger überzeugte bei seinem dritten Einsatz von Beginn an mit starken Standards – und sogar einem Tor. Rossipals Freistoß aus 25 Metern schlug in der 59. Minute zum 3:0 ein. Heidenheims Schlussmann hatte sich verschätzt. Endlich hatte Sandhausen auch einmal das Glück, das in den letzten Partien gefehlt hatte.
Und damit nicht genug: Torjäger Kevin Behrens, der erst in der 76. Minute eingewechselt wurde, stellte nach einem Doppelpass mit Keita-Ruel den 4:0-Endstand her (82.), mit dem die Kurpfälzer nicht nur ihre Negativserie beendeten, sondern auch die Abstiegsränge verließen. Braunschweig könnte am Montag wieder vorbeiziehen. Doch ein Heimsieg über starke Düsseldorfer scheint eher unwahrscheinlich. Es sei denn die Niedersachsen zeigen eine ebenso deutliche Leistungssteigerung wie die Sandhäuser, bei denen sich einer ganz besonders freute. Mikayil Kabaca, der wegen seiner Kader-Zusammenstellung zuletzt viel Kritik hatte einstecken müssen, fiel ein Riesen-Stein vorm Herzen. "Nach der Pleitenserie der letzten Wochen ist das Selbstvertrauen wieder zurückgekehrt", atmete der Sportlicher Leiter auf, "das war heute unheimlich wichtig."
Sandhausen: Wulle - Röseler, Kister, Zhirov - Diekmeier, Paurevic (89. Ouahim), Taffertshofer (70. Zenga), Rossipal - Biada (76. Behrens), Esswein (76. Pena Zauner), Keita-Ruel (90. Bouhaddouz).
Heidenheim: Kevin Müller - Busch, Mainka, Hüsing, Theuerkauf (66. Steurer) - Sessa - Leipertz (66. Föhrenbach), Burnic (36. Geipl) - Thiel (36. Schöppner) - Thomalla (66. Schimmer), Kühlwetter.
Schiedsrichter: Badstübner (Windsbach); Tore: 1:0 Biada (9.), 2:0 Röseler (32.), 3:0 Rossipal (59.), 4:0 Behrens (82.); Rote Karte: Sessa (23. Heidenheim/Notbremse).