Nach dem Offensivspektakel gab es nun eine Defensivschlacht
Ausgeglichen, aber nicht aussichtslos geht’s für die Academics nach dem 61:90 gegen die Bayern ins dritte Spiel der Halbfinalserie.

Von Nikolas Beck
Heidelberg. Auch Dyn, dem übertragenden TV-Sender, ist nicht entgangen, wo das Herz des Basketballs in diesen Wochen besonders laut schlägt. Am Mittwochabend tauchten die Moderatoren unmittelbar vor Spielbeginn ein ins Epizentrum des Academics-Wahnsinns, trafen Cheftrommler Matthi Burgbacher mitten im Fanblock zum Gespräch und wollten wissen, wie die Fans gedenken, zur nächsten Sensation beitragen zu können. "Wir sind am Limit", grinste das Gründungsmitglied des Kollektiv Neckarkurve und erinnerte an die Hexenkesselatmosphäre der vergangenen Partien: "Wir können nur die Energie matchen, die hier ohnehin in jedem Heimspiel herrscht. Nichts mehr nachlegen."
Das Problem an diesem Abend: Den Bundesliga-Basketballern ging’s genauso. Nach dem Paukenschlag zum Auftakt der Playoff-Halbfinalserie gegen Bayern München, als die Heidelberger am vergangenen Sonntag einen überragenden Auftritt hingelegt hatten, setzte es in Spiel zwei eine 61:90 (33:37)-Niederlage. Ausgeglichen, aber alles andere als aussichtslos geht’s also am Samstag zu Spiel drei wieder nach München.
Doch der Reihe nach: Nicht wenige hatten eine Basketball-Schlacht erwartet, in der das kleine Überraschungsteam den Zorn eines besonders physisch agierenden großen Titelfavoriten zu spüren bekommen würde. Zumal Bayerns Devin Booker, auf dem Papier ein echter Matchup-Albtraum für die Heidelberger, nach seiner Verletzung am Sonntag wieder mitwirken konnte.
Und tatsächlich: Ein Basketball-Leckerbissen war’s erst einmal nicht: 17 Fouls, acht gegen die Academics, neun gegen die Münchner, pfiffen die Unparteiischen, eher kleinlich, alleine in den ersten zehn Minuten. Fast hatte man den Eindruck als spielten die Münchner gegen Michael Weathers – und die Referees gegen beide. Der US-Amerikaner, seit Wochen in unwiderstehlicher Form, erzielte zehn der ersten elf Punkte der Hausherren, hielt die Academics im Spiel und brachte sie Anfang des zweiten Abschnitts erstmals überhaupt in Front (18:17/11. Minute).
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Bitterer aus Sicht der Gäste: Nach nur anderthalb Minuten auf dem Feld verletzte sich abermals ein Bigman. Gar nicht gut sah es aus, wie der gebürtige Speyerer Elias Harris zu Boden ging, sich das Knie hielt und gestützt von seinen Kollegen vom Feld humpelte. Betretene Stille herrschte nur kurz: Als Bakary Dibba per Dunking nachlegte, schien es, als könnte sich Burgbacher tatsächlich geirrt haben.
Aber die Münchner sind nicht umsonst ein Team gespickt mit Weltmeistern, lassen sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Nach einer für Playoffs nicht untypischen Halbzeit, in der beide Teams nur jeden dritten ihrer Würfe trafen, ging es für das Team von Trainer Danny Jansson mit einem knappen 33:37-Rückstand in die Halbzeit. "Spiel eins war ein Offensivspektakel, heute ist es genau das Gegenteil davon", sagte Jansson im Pausen-Interview.
"Wir sehen zwei Teams, die richtig kämpfen und alles daran setzen, das System des Gegners zu brechen", so der Academics-Coach, der die Marschrichtung für den zweiten Durchgang vorgab: "Ich bin stets der Überzeugung, dass Tempo am Ende gewinnt – diesbezüglich müssen wir einen besseren Job machen."
Taten seine Schützlinge aber nur bedingt: Obwohl DJ Horne, der wegen drei früher Fouls vor der Pause nur drei Minuten gespielt hatte, wieder mitwirken konnte, waren es erst einmal die Münchner, die das Gaspedal durchdrückten. Schnell war der Academics-Rückstand zweistellig (39:49/24.), am Ende des dritten Viertels sogar bei minus 20 (45:65).
Wer nun aber dachte, dies könnte den Dome abkühlen, sah sich getäuscht. Wenngleich es nicht noch mal eng wurde an diesem Abend: Wie energisch vor den finalen zehn Minuten traditionell zum Techno-Hit Sandstorm die Schals gewedelt wurden, durfte für Spiel drei durchaus als Ansage an den Meister verstanden werden. Cheftrommler Burgbacher und Co. können sich vielleicht nicht weiter steigern. Nachgelassen wird in Heidelberg aber sicher nicht. Das gilt freilich für jene Jungs vom Neckar, die auf dem Feld stehen, ganz genauso.
Heidelberg: Weathers 17 (2 Dreier), Dibba 15 (2), Horne 11 (1), Zipser 6 (1) Mikesell 5, Ersek 3 (1), Keßen 4, O’Brien, Vengert
München: Napier 16 (2), Voigtmann 13 (2), Obst 13 (4), Booker 12 (1), , White 10 (2), Giffey 8, Weiler-Babb 7 (1), Lucic 4, Brankovic 4, Kharchenkov 3 (1), Hollatz, Harris
Stenogramm: 4:7 (5.), 6:12 (8.), 16:17 (1. Viertel), 23:22 (13.), 28:32 (18.), 33:37 (Halbzeit), 39:49 (24.), 41:58 (28.), 45:65 (3. Viertel), 48:71 (33.), 57:82 (38.), 61:90 (Endstand)