Nach sexuellen Übergriffen

Der "Weinstein des Fechtens" ist entlassen

Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht - Landestrainer verliert Job

15.04.2018 UPDATE: 16.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden
Symbolfoto: dpa

Tauberbischofsheim. (CPB) Der Arbeitsgerichtsprozess zwischen einem Fecht-Landestrainer (der Name ist der Redaktion bekannt) als Antragsteller und dem Landessportverband Baden-Württemberg (LSV) als Anstellungsträger und Arbeitgeber ist am Donnerstag letzter Woche mit einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht in Stuttgart zu Ende gegangen. Beide Seiten vereinbarten Stillschweigen über die Inhalte des Vergleichs.

Wie "Spiegel online" berichtet, wurde vereinbart, dass der Landestrainer seinen Arbeitsplatz rückwirkend zum 31. März 2018 verliert und der LSV die geforderte Abfindung in Höhe von 150.000 Euro nicht zahlen muss. Damit wurde das Interesse des LSV, den Landestrainer zu entlassen, vollumfänglich erreicht.

Dem Landestrainer wurde von mehreren am damaligen Olympiastützpunkt und heutigen Bundesleistungszentrum Fechten in Tauberbischofsheim trainierenden Fechterinnen zur Last gelegt, ihnen sexuelle Gewalt angetan zu haben. Carolin Golubytskyi, die einzige Tauberbischofsheimer Fechterin, die sich für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro qualifiziert und dort Rang 18 im Florett-Einzel erreicht hatte, offenbarte sich 2016 einem für solche Themen zuständigen Vertrauensmann des LSV. Sie berichtete von einem Turnier 2003, bei dem der Trainer sie im Hotel in betrunkenem Zustand missbraucht haben soll. Der LSV, dessen Präsidentin Elvira Menzer-Haasis (Albstadt) und dessen Hauptgeschäftsführer Ulrich Derad (Stuttgart) die Angelegenheit zur Chefsache machten, sprachen im Dezember 2016 die fristlose Kündigung aus. Die Befragungen mehrerer Fechterinnen hatten Carolin Golubytskyis Aussage bestätigt, ihre Zimmernachbarin Sandra Bingenheimer bestätigte sie auch vor Gericht.

Der Landestrainer, dem die Athletinnen ein Alkoholproblem, obszöne Bemerkungen und handfeste Übergriffe bis in das Jahr 2016 hinein vorwerfen, akzeptierte die fristlose Kündigung nicht und zog vor das Arbeitsgericht. Der Prozess zog sich fast eineinhalb Jahre hin und wurde in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt. Dem Vergleichsvorschlag des Gerichts folgte der Landestrainer zunächst nicht, sondern behauptete wahrheitswidrig, unschuldig zu sein. Erst als er erfuhr, dass zwölf weitere Fechterinnen ihn gegenüber dem LSV-Vertrauensmann schwer beschuldigt hatten, lenkte er ein und stimmte dem Vergleich zu.

Damit ist die Unterstellung des "Spiegel" vom Januar 2018, der LSV habe die Vorwürfe der Fechterin nicht Ernst genommen und in diesem Fall sexuellen Missbrauchs nicht entschieden genug gehandelt, vom Tisch. Aus dem Umfeld des geschassten Landestrainers waren die absurdesten Vorwürfe gegen die Funktionäre des LSV geäußert worden, von Intrigen war die Rede und von Bestechung der Zeuginnen durch die Finanzierung von Urlauben. Es handelte sich allerdings um ein Trainingslager, das vom "Spitzensportland Baden-Württemberg" gefördert worden ist.

Richtig ist, dass die LSV-Führung sofort, konsequent und richtig gehandelt hat, als die Missbrauchsvorwürfe bekannt geworden waren. Da Übergriffe bis ins Jahr 2016 erfolgt sein sollen und damit nicht verjährt sind, ist es an der Zeit, dass die Staatsanwaltschaft sich um den ehemaligen Landestrainer, einen "Harvey Weinstein des Fechtens", kümmert. In Tauberbischofsheim aber könne nun wieder in Ruhe gearbeitet werden, sagte die seit 2016 wirkende LSV-Präsidentin Elvira Menzer-Haasis dem "Spiegel".

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