Rechtlich fragwürdig

Hermes stattet Boten mit Gerät für Finger-Unterschrift aus

Das sorgte für Verunsicherung - Juristen haben Zweifel

21.11.2018 UPDATE: 22.11.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden

Ob das so korrekt ist? Auf den neuen Geräten der Hermes-Boten kann man mit dem Finger unterschreiben. Foto: J. Scholz

Von Lukas Werthenbach

Region Heidelberg. Die Berichte mehrerer RNZ-Leser haben sich bestätigt: Der Lieferdienst Hermes stattet seine Paketboten derzeit mit neuen Geräten aus. Darauf quittieren Kunden den Empfang eines Pakets mit ihrer Unterschrift - sie brauchen dafür nur ihren Finger. Aus rechtlicher Sicht gibt es aber Zweifel an diesem Verfahren.

Ausgelöst wurde die Diskussion durch die Geschichte einer Leimenerin, die eine Zustellung angeblich mit ihrem Fingerabdruck quittieren musste. Als sie sich dagegen weigerte, habe der Zusteller ihr das Paket ihrer Erzählung zufolge wieder aus der Hand gerissen.

Nun ist klar: Im konkreten Fall handelte es sich um ein Missverständnis. Die neuen Geräte können gar keine Fingerabdrücke speichern, sagt Ingo Bertram, Pressesprecher der Hermes Europe GmbH mit Sitz in Hamburg. Die Reaktionen zahlreicher RNZ-Leser weisen jedoch darauf hin, dass vor allem die ungewohnte "Unterschrift per Finger" für Verunsicherung gesorgt hat. Zudem häufen sich die Berichte von Kommunikationsproblemen zwischen Kunden und Paketzustellern.

"Wir sind noch in der Einführungsphase der neuen Geräte", erklärt Hermes-Sprecher Bertram. Die zugehörigen Stifte sind "leitende Stifte", sogenannte Touchpens. Da sie aber separat ausgeliefert würden, hätten einige Boten diese wohl noch nicht erhalten, sagt Bertram. Daher würden manche Zusteller darum bitten, den Finger quasi als Stiftersatz zu nutzen. Es gebe auch keine Anweisung von Hermes, dass man nicht mit Stift unterschreiben solle.

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Unterschreibe man jedoch mit einem gewöhnlichen Stift - wenn auch mit eingezogener Mine - , könnte dies das Display zerkratzen. Deshalb hatten wohl einige Boten laut mehreren Lesern vehement untersagt, einen Stift zu nutzen. Doch wie gut lässt sich auf einem solchen Display mit einer Diagonale von rund 12 Zentimetern per Finger unterschreiben?

Oliver Buttler, Abteilungsleiter der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, zweifelt die rechtliche Gültigkeit solcher Unterschriften an. "Eine Unterschrift muss einen Wiedererkennungswert haben", sagt Buttler. Unterschreibe man aber mit dem Finger auf einem Touchscreen, unterscheide sich das "deutlich" von einer "normalen" Unterschrift per Stift. "Da kann ich auch mit einem Kreuz unterschreiben", so Buttler, "da gibt es keine richtige Vergleichbarkeit."

Auch der Neckarsteinacher Rechtsanwalt und Notar Matthias Streffer zweifelt an der "Gleichwertigkeit" der beiden Varianten. "Die Unterschrift per Finger muss ungefähr so aussehen wie die, die man mit Stift auf einem Papier leistet", sagt er. Dies sei auch der Grund, warum Notare bis heute jede Urkunde im Original auf Papier erstellen. Ein Schriftsachverständiger beispielsweise könne nicht einmal die Echtheit einer Unterschrift auf einem eingescannten Dokument feststellen, so Streffer. Diese Ansichten hält Hermes-Sprecher Bertram für "Quatsch". Am Ende sei es "völlig Wurst", ob man mit Finger oder Stift unterschreibe.

Dass es zwischen Hermes-Boten und Kunden immer wieder Kommunikationsprobleme gibt, bestätigt Bertram. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass der "Zustellermarkt in Deutschland völlig erschöpft" sei. Auch deswegen arbeite Hermes mit regionalen Logistikunternehmen als "Partner" zusammen. Diese wiederum würden ihre Stellen häufig im Ausland ausschreiben. Alle Boten, die nicht "Muttersprachler" seien, bekämen zwar "Crashkurse" in Deutsch. Missverständnisse und Sprachprobleme seien dadurch aber nicht auszuschließen.

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