Eine Fahrspur soll den Radlern gehören
Die schon totgeglaubte Idee eines Radwegs lebt wieder - Grünen-Landtagsabgeordneter bringt Verkehrsversuch ins Spiel

Von Christoph Moll
Neckargemünd/Heidelberg. Die Idee schien schon begraben zu sein, doch sie lebt noch immer: Weil es zwischen Neckargemünd und Schlierbach keinen Fahrradweg gibt, soll eine der vier Fahrspuren der B37 für Radfahrer reserviert werden. In den vergangenen Jahren war es um dieses Vorhaben immer stiller geworden, doch hinter den Kulissen wurde weiter gerungen. Nun könnte es tatsächlich so weit sein - zumindest probeweise.
Die Leidenschaft von Hermino Katzenstein ist das Fahrradfahren. In jeder freien Minute schwingt sich der Neckargemünder auf sein Zweirad - auch wenn er seit seiner Wahl zum Landtagsabgeordneten vor zwei Jahren nicht mehr ganz so viel Zeit dafür hat. Somit weiß der Grüne bestens, wie schlecht es um die Radwege in Neckargemünd und Umgebung bestellt ist - und will es ändern.
Hintergrund
Bei Radwegen klaffen noch weitere Lücken: Handlungsbedarf auch Richtung Ziegelhausen und Bammental
Nicht nur zwischen Neckargemünd und Schlierbach besteht in Sachen Radweg Handlungsbedarf. Zwischen Kleingemünd und Ziegelhausen sowie zwischen
Bei Radwegen klaffen noch weitere Lücken: Handlungsbedarf auch Richtung Ziegelhausen und Bammental
Nicht nur zwischen Neckargemünd und Schlierbach besteht in Sachen Radweg Handlungsbedarf. Zwischen Kleingemünd und Ziegelhausen sowie zwischen Neckargemünd und Bammental klaffen ebenso Lücken im Radwegenetz. Doch auch diese sollen geschlossen werden, wie der Grünen-Landtagsabgeordnete Hermino Katzenstein berichtet.
Kleingemünd-Ziegelhausen
"Erfreulich ist", sagt Hermino Katzenstein, "dass in diesem Abschnitt auf jeden Fall eine Radverkehrsanlage kommen wird." Vor zwei Wochen fanden hierfür Vermessungen statt. "Nun wird beschlossen, ob an jeder Fahrbahnseite ein Radweg gebaut wird oder ein Radweg für beide Richtungen." Da ein Eingriff in ein Wasserschutzgebiet notwendig sei, werde eine einjährige Kartierung von Flora und Fauna notwendig sein. "Der Baubeginn wird also - zu meinem Frust - frühestens in den 20er-Jahren sein", sagt Katzenstein. "In mir schlagen zwei Herzen: das des Umweltschutzes und das des Radfahrers, der gerne schnell eine Verbesserung möchte."
Neckargemünd-Bammental
"Für diesen Abschnitt wurde bisher leider am wenigsten erreicht", berichtet Katzenstein. "Es sind sich aber alle einig, dass der Radweg entlang der B 45 geführt werden muss." Alle anderen Varianten seien nicht zielführend. Insgesamt gibt es vier Varianten: Eine davon sei der Ausbau des bestehenden Pfades oberhalb der Eisenbahnlinie. Eine Prüfung ergab, dass dies wegen Abstützungen, Schutzgittern zur Eisenbahnlinie und der fehlenden Beleuchtung sehr aufwendig wäre. Außerdem sei diese Strecke wegen der Steigungen unattraktiv. Gleiches gelte für eine Route vorbei an der Kläranlage auf dem Hollmuthrücken zum Neckargemünder Mühlrain. Die Variante an der Elsenz zwischen der B 45 und dem Hollmuth sei wegen des dortigen Naturschutzgebiets problematisch.
Es bleibe also nur ein Radweg entlang der B 45, an der es derzeit nur einen schmalen Gehweg gibt. Da für einen Radweg ein Mindestabstand zur Bundesstraße von 1,50 Meter Pflicht ist, müsste die Böschung verbreitert werden - und somit auch ins angrenzende Naturschutzgebiet eingegriffen werden. Denkbar sei auch, dass die Fahrbahnbreite reduziert wird. Da das eigentlich zuständige Regierungspräsidium keine Kapazitäten für die Planung eines solchen Radwegs habe, könnten dies das Landratsamt oder die Gemeinden übernehmen, so Katzenstein. Dieser Vorschlag soll nun in Gesprächen zwischen den Bürgermeistern und dem Landratsamt vertieft werden. (cm)
Auf Initiative von Katzenstein fand nun ein Treffen im Verkehrsministerium in Stuttgart statt, an dem der Stellvertreter von Landesverkehrsminister Winfried Hermann, die Bürgermeister von Neckargemünd und Bammental, Frank Volk und Holger Karl, sowie Alexander Thewalt vom Verkehrsmanagement der Stadt Heidelberg teilnahmen. Dabei ging es um die Radwegeverbindungen zwischen Neckargemünd und Heidelberg sowie Neckargemünd und Bammental. Die Ergebnisse präsentierte Katzenstein nun.
Insbesondere ein Radweg an der B37 zwischen Neckargemünd und dem Heidelberger Stadtteil Schlierbach auf südlicher Neckarseite ist Katzenstein wichtig. Bislang habe sich aber der für die B37 zuständige Bund quergestellt, die neckarseitige Fahrspur "dem Autoverkehr zu entziehen", wie Katzenstein sagt, und zu einem Zwei-Richtungs-Radweg zu machen. Katzenstein: "Das wäre endlich eine vernünftige Lösung."
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Bisher würden auf dem schmalen Radstreifen neben den Autos nur die Unerschrockenen und Mutigen oder Touristen ohne Ortskenntnis fahren. "Das ist nicht ungefährlich und kann man nicht guten Gewissens einer Familie empfehlen", meint der Abgeordnete. "Würde es aber einen vernünftigen Radweg geben, dann würden Autofahrer umsteigen." Aktuell würden die meisten Radfahrer den neckarseitigen Gehweg nutzen, der aber für Fußgänger gedacht sei.

Hermino Katzenstein. Foto: heb
Zwar habe eine Befragung von Radfahrern auf beiden Neckarseiten im vergangenen Jahr eine leichte Präferenz für die gegenüberliegende nördliche Neckarseite ergeben, doch Katzenstein sieht auf Neckargemünder Seite das größere Potenzial. Er denkt insbesondere an Bewohner der Weststadt, die nicht erst über die Friedensbrücke fahren, um die Neckarseite zu wechseln und einen Umweg von anderthalb Kilometern in Kauf zu nehmen. Um das Potenzial herauszufinden, will Katzenstein einen Verkehrsversuch starten. Mit Betonelementen soll die neckarseitige Fahrspur zwischen Neckargemünd und Schlierbach provisorisch abgegrenzt und für ein Jahr als Radweg eingerichtet werden. Eine Zählanlage soll die Nutzung dokumentieren. "Diese Idee stieß in Stuttgart auf großes Interesse und wurde positiv aufgefasst", berichtet Katzenstein.
Bei einem Behördentermin im Mai soll das weitere Vorgehen geplant werden. "Eine Fahrspur für Autos zum Radweg zu machen ist natürlich ein Politikum", weiß der Landtagsabgeordnete, der aber überzeugt ist: Bei einem Verkehrsaufkommen von etwa 18.000 Fahrzeugen pro Tag sind keine vier Fahrspuren notwendig. "Dass die B37 hier völlig überdimensioniert ist, sieht man immer, wenn mal wegen Bauarbeiten eine oder mehrere Spuren wegfallen", meint Katzenstein. "Es merkt nämlich niemand." Der Grüne sieht "sehr gute Chancen", dass der Verkehrsversuch schon nächstes Jahr durchgeführt wird. "Wenn der Radweg nicht genutzt wird, kann er ohne großen Aufwand wieder rückgebaut werden", meint Katzenstein. "Ich gehe aber davon aus, dass der Versuch erfolgreich ist - das wäre ein Quantensprung für die Region und würde die letzte Lücke im Neckartalradweg schließen."
Bürgermeister Frank Volk berichtete im Gemeinderat von "vielen intensiven Gesprächen in den vergangenen Monaten", um die Lücken im Radwege-Netz zu schließen. Dass sich nun Lösungen abzeichnen, sei auch dem CDU-Landtagsabgeordneten Albrecht Schütte aus Bammental zu verdanken. "Wenn der Verkehrsversuch kommt, muss der Radweg auch genutzt werden", so Volk. Denn eine Fahrspur wegzunehmen, sei ein großer Eingriff. Dass bisher kaum Radler auf diesem Abschnitt fahren, sei kein Gegenargument: "Es macht schließlich keinen Spaß, wenn Autos mit Tempo 100 direkt an einem vorbeifahren."