"Ritter"-Wirt Giovanni "Gio" Ardita ist unerwartet gestorben
Ardita galt als Kult, war in allen Vereinen Mitglied und "hat das Dorf zusammengehalten".

Sinsheim-Eschelbach. (abc) Seit 1790 ist das Gasthaus "Zum Ritter" einer der Dreh- und Angelpunkte des kulturellen Lebens innerhalb des Dorfs. Das gilt erst recht, seit Giovanni "Gio" Ardita das Lokal übernommen hatte. Alle liebten und schätzten den Wirt – nicht nur für seine Grillhähnchen. In der Nacht auf Donnerstag ist "Gio" völlig unerwartet im Alter von 50 Jahren gestorben.
"Als ich das erfahren habe, ist mir die Spucke weggeblieben", berichtet Ortsvorsteher Wolfgang Maier. Mit Gio sei auch der Dorfmittelpunkt Eschelbachs dahingegangen. "Der Ritter war die zentrale Anlaufstelle für Jung und Alt. Jeder, der Kontakt gesucht hat, ist dorthin. Wir sind fassungslos im Moment."

Gio galt als Kult. Er war von jedem akzeptiert, in jedem Verein Mitglied, sogar bei den Landfrauen. Tragisch nannte Hildegard Wambsganß, Vorstandsmitglied der Landfrauen und Nachbarin des Verstorbenen, Gios Tod.
Der Sohn italienischer Gastarbeiter war gelernter Bäcker und wechselte später in die Gastronomie. "Gio war mein bester Freund. Wir haben zusammen gelernt und gearbeitet", erklärte Thorsten Edelmann, der in Eschelbach alljährlich Kerwepfarrer ist. "Normalerweise pfeift er immer, wenn er zur Arbeit kommt. Am Donnerstag hat er das aber nicht getan und mir dann auf Nachfrage von Gios Tod erzählt", erwähnte Vincenzo Innorcia, unter dem Edelmann in der Bäckerei der Jugendeinrichtung Stift Sunnisheim arbeitet. "Er war für mich eine Art sizilianischer Halbbruder, weil unsere Familien von dort stammen", erzählt der Bäckermeister.
"Gio war die wichtigste Institution in Eschelbach", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Musikvereins "Trachtenkapelle", Martin Koch. "Er hat das Dorf zusammengehalten, im ,Ritter‘ hat sich das Dorf getroffen. Dort wurde über alles gesprochen, was im Dorf passiert. Gio hat die Vereine zusammengehalten und zum Beispiel bei Festen unbürokratisch mit Getränken und Lebensmitteln ausgeholfen, wenn etwas gebraucht wurde", erzählte Koch voller Dankbarkeit. Wie sehr Gio mit der Dorfgemeinschaft und den örtlichen Vereinen verwurzelt war, beschrieb er so: "Wenn ein Verein ein Fest gemacht hat, dann hat Gio die Wirtschaft geschlossen und ist mit seinen Gästen dorthin."
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Nicht nur im Stadtteil galt Gio als Original, weshalb ihn der Fotograf Rasso Bruckert aus Mauer im Vorfeld der Heimattage für den Bildband "Sinsheimer Begegnungen" abgelichtet hat. Der Tod des "Ritter"-Wirtes ist nach dem frühen Tod seiner Mutter und eines Bruders ein weiterer Schicksalsschlag für die Familie: "Wir können das alles noch nicht fassen", erzählte ein Bruder von Gio, der im Zuge der Corona-Pandemie auch teilweise wieder zu seinen beruflichen Wurzeln zurückgekehrt war. Beide wollten eigentlich am Martinstag gemeinsam Brezeln backen, doch dazu kam es nicht mehr.
Gio hinterlässt eine Frau und zwei Töchter. Der "Ritter" ist seither geschlossen, Grabkerzen und Blumensträuße auf den Treppenstufen am Eingang zeugen von der Anteilnahme der Bevölkerung. "Wir haben uns zusammengesetzt, alte Fotos angesehen und ein Bier auf ihn getrunken. Gio hätte nicht gewollt, dass man um ihn weint", schließt Martin Koch.