Sinsheimer Grundschüler an Tod und Sterben herangeführt
Ein heikles Thema gingen das Kraichgau-Hospiz und die Waldangellocher Grundschule an.

Von Christopher Benz
Sinsheim-Waldangelloch. Um manche Themen macht man gerne einen großen Bogen. In der Hoffnung, am besten nie damit konfrontiert zu werden. Das trifft auf den Tod und das Sterben zu. Selbige Begriffe bedingen aber immer auch das Leben, und im Zusammenhang dieser Themen tut es nicht nur Erwachsenen gut, darüber zu reden und Erfahrungen auszutauschen.
In der Waldangellocher Grundschule näherten sich Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse ganz behutsam diesen Themen. Dank vieler einfühlsamer Menschen. Über fünf Tage begleiteten ehrenamtliche Mitarbeiter des Sinsheimer Kraichgau-Hospiz die Kinder. Jeder Tag widmete sich dabei einem bestimmten Thema: "Werden und Vergehen", "Krankheit und Leid", "Sterben und Tod", "Vom Traurig sein" sowie "Trost und Trösten".
Wechselnde Hospizbegleiter übernahmen die Moderation. "Vorab wurden fünf Kleingruppen gebildet, die die ganze Woche bestehen bleiben, um eine Vertrauensbasis zu schaffen", sagt Romina Beck vom Kraichgau-Hospiz.
Anhand von Geschichten, Bilderbüchern, Filmausschnitten, kreativen Angeboten, Pantomime oder auch Musik wurde den Kindern das Thema nähergebracht. Beck erläutert: "Wir wollen nicht belehren, sondern begleiten"; die ehrenamtlichen Hospizbegleiter seien hierfür ausgebildet und speziell für die Projektwoche von der "Bundes-Hospiz-Akademie GmbH" geschult worden.
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Sterben und Tod seien für Grundschulkinder sehr ernste, ja ungewöhnliche Themen. Sie gehörten allerdings zum Leben und an diesem Punkt würden die Hospizbegleiter ansetzen: "Das Thema ist nicht nur traurig, sondern richtet außerdem den Fokus auf die Lebensfreude und Achtsamkeit der Lebewesen und des Lebens", meint Beck.
Während der Projektwoche habe sich gezeigt, dass einige der Kinder schon Erfahrungen mit Krankheit, Tod und Trauer gemacht hätten. Darüber zu sprechen könne helfen, Erfahrungen zu verarbeiten und Ängste zu mindern. "Je offener und ehrlicher wir damit umgehen, umso besser gelingt uns ein natürlicher Umgang mit den sensiblen Fragen des Lebens", findet Beck. Kinder hätten diese Fragen und sie benötigten "ein Gegenüber, das sie ernst nimmt und nicht ausweicht". Eine dieser Fragen lautete beispielsweise, "wie Oma denn in die Urne gekommen" sei.
Bevor die Projektwoche startete, habe Verständnis geschaffen und über die Inhalte aufgeklärt werden müssen. "Wir haben im Vorfeld mit den Eltern gesprochen und dabei auch über das Für und Wider diskutiert", sagt Schulleiterin Ursula Müller. Vorbehalte habe man nehmen können. "Wie es in einem Hospiz aussieht" sei sicherlich kein Thema gewesen. Auch "positive Rückmeldungen von zuerst skeptischen Eltern" habe die Schulleiterin inzwischen erhalten.
Die Kinder hätten sich in geschütztem Rahmen von Kleingruppen mit der Zeit geöffnet und eigene erste Erfahrungen im Umgang mit dem Tod ausgetauscht. Viele der Schüler hätten schließlich schon einmal Großeltern verloren, oder den Verlust eines geliebten Haustiers verarbeiten müssen. "Es hat etwas gedauert und es war sehr wichtig, den Kindern die Zeit einer ganzen Woche dafür zu geben", findet Müller. Zuletzt fand eine kleine Abschlussfeier statt, zu der auch Eltern eingeladen waren. Kinder konnten zeigen, was sie in der Woche gelernt und erarbeitet haben.
"Hospiz macht Schule" ist ein Projekt, das eine spezielle Schulung der ehrenamtlichen Hospizbegleiter erfordert; neun Personen haben sich vergangenen Februar mit dem sensiblen Thema vertraut gemacht. Die erste Projektwoche gab es nun in Waldangelloch. Beck wünscht sich, "weitere Grundschulen im Raum Sinsheim zu besuchen".
Kontakte bestünden bereits und es soll keine einmalige Angelegenheit in Waldangelloch bleiben. Das Projekt ist speziell für Dritt- und Viertklässler konzipiert. Die Hospiz-Koordinatorin sagt: "Wir möchten das Thema Tod und Sterben aus der Tabuzone holen."