Steuererhöhungen sind in Neidenstein wohl unvermeidlich
Bei den Gemeindefinanzen steht das Burgdorf vor großen Herausforderungen.

Von Berthold Jürriens
Neidenstein. Corona ist in aller Munde, und auch Bürgermeister Frank Gobernatz kam in seiner Haushaltsrede nicht drum herum, die Pandemie als wesentlichen Einflussfaktor für das Zahlenwerk auszumachen. "Jammertal statt Schwarzbachtal", so hätte man die ersten Ausführungen vom Ortschef betiteln können, der ein düsteres finanzielles Bild von der Zukunft Neidensteins kreierte und dennoch Hoffnung für eine "Schritt-für-Schritt-Entwicklung" machte.
"Ich darf wohl behaupten, dass wir uns noch nie in den letzten Jahren so schwer getan haben, auf einen Nenner zu kommen, was den Haushaltsentwurf betrifft", sagte der Verwaltungschef bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Doppik-Regelungen und die Auswirkungen der Pandemie seien dafür verantwortlich, dass der Ergebnishaushalt, der die laufende Verwaltungstätigkeit abbildet, mit einem Minus von 446.000 Euro negativ ausfällt. "Ebenso im Minus und somit negativ ist der Finanzhaushalt mit 390.700 Euro."
Deshalb benötigt die Kommune eine geplante Kreditaufnahme von 400.000 Euro, "um flüssig zu bleiben". Im Jahr 2020 konnte man sich an 593.000 Euro liquiden Mitteln erfreuen, die sich Ende 2021 voraussichtlich auf 137.000 Euro reduziert haben werden. Somit gelte für den Gesamtfinanzhaushalt 2021 ein Finanzierungsmittelbedarf in Höhe von 456.000 Euro. Das wirke sich negativ auf die Liquidität der Gemeindefinanzen aus.
Zwar hatte die Verwaltung einmalige Einnahmen aus der Gewerbesteuerkompensation sowie weitere Corona-Hilfen erhalten, aber die bisherigen stabilen Gewerbesteuereinnahmen werden nach ersten Schätzungen sinken. "Wir können froh sein, wenn wir die geschätzten 650.000 Euro dieses Jahr erreichen", sagte Gobernatz.
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Einbußen vermeldete er auch beim Finanzausgleichsgesetz (FAG) in Höhe von 120.000 Euro. Nicht zu vergessen sei das zusätzliche Erwirtschaften für Abschreibungen von etwa 150.000 Euro aufgrund des neuen Haushaltsrechts. Und wäre das alles nicht schon schlimm genug, müsse man auch die Tilgungsleistungen von zwölf laufenden Krediten in Höhe von fast 174.000 Euro aufbringen. Gobernatz setzte noch einen drauf: "Nicht zu vergessen sind unsere Verpflichtungen, die sich aus den Mitgliedschaften in den Zweckverbänden, wie Hochwasser, Wasser oder Abwasser ergeben. Wir werden daher in 2021 mit dem Defizit leben müssen."
Immerhin, die Genehmigungsfähigkeit des Plans 2021 sei gesichert. Auch deshalb müsse weiterhin mit Maß und Besonnenheit auf einen ausgeglichenen Haushalt hingearbeitet und gleichzeitig auf finanzielle Hilfen von Land und Bund gehofft werden. Schon jetzt warne das Kommunalrechtsamt vor der wirtschaftlichen Situation, die in den nächsten Jahren für eine Haushaltsnotlage verantwortlich sein könnte, und verwies auf mögliche Erhöhungen der Hebesätze, berichtete Gobernatz weiter. "Wir haben nicht viele Stellschrauben, um die Einnahmen zu verbessern und somit müssen wir uns darüber Gedanken machen." Auch dazu passte das Zitat des Verwaltungschefs: "Die Defizite von heute sind die Steuern von morgen." Deswegen müsse man die "eine oder andere Maßnahme in finanzieller Hinsicht nochmals unter die Lupe nehmen", lautete sein Rat an das Gremium.
Dass die Kommune noch Geld einplant, sieht man an den Maßnahmen, beispielsweise einem kleinen Fußgängersteg in der Daisbacher Straße, für dessen Erneuerung 30.000 Euro ausgegeben werden sollen. Viel Geld fließt in das Fahrzeug der Feuerwehr, das mit 170.000 Euro zu Buche schlägt, aber dafür auch 60.000 Euro Fördermittel fließen werden. Insgesamt kostet die Maßnahme, die auf zwei Jahre verteilt ist, 374.000 Euro, davon werden 173.000 Euro gefördert. 200.000 Euro sind für Kanalsanierungen geplant, 110.000 Euro für die neue Straßenbeleuchtung in diversen Straßen, für die es 45.000 Euro Fördergeld gibt. Für die Straßengrundsanierung im Kirchgraben im Zusammenhang mit der Kanalsanierung sind insgesamt 331.000 Euro berücksichtigt, die auf zwei Jahre verteilt werden müssen. Hier werden Zuschüsse von rund 115.000 Euro erwartet.
Mit einem weiteren Kredit außerhalb des Haushalts möchte die Gemeinde das Baugebiet "Epfenbacher Berg III" abwickeln. "Für die Erschließung, das Umlegungsverfahren, die Vermessung und eine vertraglich vereinbarte Nachzahlung entstehen Kosten, die die Gemeinde zunächst ab Rechtskraft von Bebauungsplan und Umlegungsverfahren vorzulegen hat", erläuterte der Bürgermeister. Eine Genehmigung der Kommunalaufsicht werde aber benötigt. Die Rückführung des Kredites erfolge dann aus dem Erlös der Verkäufe der Bauplätze, die im Umlegungsverfahren übernommen werden. "Auf zusätzliche Einnahmen aus den Bauplatzverkäufen sind wir angewiesen."
Und auch Gobernatz’ Blick auf das Jahr 2022 sah nicht viel besser aus, denn aufgrund des zu erwartenden Liquiditätsengpasses werde im kommenden Haushalt eine erneute Kreditaufnahme in Höhe von 500.000 Euro erforderlich sein.