Beim Kuckucksholen wurde Kreuzung zur Tanzfläche (plus Fotogalerie)
Alles und jeder war auf den Beinen: Beim traditionsreichen Mühlbacher Kuckucksholen wurden Straßenkreuzung zur Tanzfläche.

Von Angela Portner
Eppingen-Mühlbach. Nach zwei Jahren Corona-Pause haben die Bürger beim traditionellen Kuckucksholen noch eins draufgelegt: Insgesamt waren diesmal 19 Gruppen und Vereine beim Umzug dabei. Die Straßenränder waren dicht von Schaulustigen bevölkert, und die Kinder hatten jede Menge zu tun, um die Bonbons einzusammeln, die man kiloweise über sie ausgeschüttet hatte.
Für die Erwachsenen wurden stattliche 120 Liter Freibier ausgeschenkt. Blutverschmierte Metzger zogen mit dem verschleierten Paar, das Liebe und Leben symbolisiert, und der Mehlfrau, die das Paar vor den bösen Blicken der Dämonen schützt, feiernd durch die Straßen. Die Feuerwehrkapelle spielte auf, und jede Straßenkreuzung wurde zur Tanzfläche.
Immer wieder ertönte der blutrünstige Urschrei der Metzger, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Im traditionellen Rock gekleidete Jäger präsentierten mit Freudenschreien den erlegten Kuckuck. Der Legende nach sollen seine übernatürlichen Kräfte auf sie übergehen und ihre Männlichkeit stärken.
Den altgermanischen Brauch des Kuckucksholens kann man bis ins Gründungsjahr des Ortes 1290 zurückverfolgen. Was damals von den hier lebenden Mönchen nur geduldet wurde, hat sich längst zum Mühlbacher "Nationalfeiertag" entwickelt, an dem im wahrsten Sinne des Wortes feucht-fröhliches Halligalli gemacht wird. Besonders in diesem Jahr schien alles und jeder auf den Beinen zu sein.
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Herold (Jochen Sachsenheimer) und Trompeter (Jens und Ruben Reimold) liefen in herrschaftlicher Tracht. Zugführer Tobias Holzwarth grüßte unablässig in Frack und Zylinder in die Menge. Die Kinder der Grundschule formierten sich mit ihren von bunten Bändern umwehten Fahrrädern. Die Schlepperfreunde hatten ihre alten Gefährte aufpoliert und üppig mit Grün geschmückt und tuckerten zwischen den Umzüglern. Dazwischen kickten die Minis vom Fußballverein vorsichtig ein paar Bälle, und vom historischen Feuerwehrwagen wurde immer wieder die alte Sirene angekurbelt.
Die Ortschaftsräte und Oberbürgermeister Klaus Holaschke zapften unablässig Palmbräu-Bier in die Krüge und verteilten es unter den Feiernden. Von anderen Fuhrwerken wurden großzügig hochprozentige Obstbrände, Sekt und alkoholfreie Getränke verteilt.
An jeder Straßenkreuzung stoppte der farbenfrohe Umzug, und die Blechbläser zückten ihre Instrumente, denen sie Polka- und Walzermelodien wie "Rosamunde" oder "Sweet Caroline" entlockten.
Trommelwirbel rief dann das Pärchen Liebe (Ferdinand Zeiß) und Leben (Daniel Kern) zum Tanz. Die Mehlfrau (Sven Mack) wachte mit Argus-Augen über das Paar und streute zum Schutz vor dem bösen Blick unermüdlich trockene Spreu statt Mehl unter die Umstehenden. Der Legende nach sollten damit Geister und Dämonen geblendet werden, damit das junge Glück, das symbolisch für die erwachende Natur steht, keinen Schaden nimmt.
Nach dem Einzug der Gruppen auf dem Dorfplatz wurde dort bis in die frühen Abendstunden gemeinsam der Kerweausklang gefeiert. Um das leibliche Wohl der Gäste kümmerten sich die Mühlbacher Vereine.