Wer bekommt die Bauplatz-Punkte in für Neidenstein?
Die Diskussion im Gemeinderat zu den Bauplatz-Vergabekriterien kam zu keinem Ergebnis. Nun sollen die Kriterien bis zur nächsten Sitzung nochmal überarbeitet werden.

Von Berthold Jürriens
Neidenstein. Über den Lebensentwurf von anderen Menschen ein Urteil abzugeben, steht eigentlich niemandem zu. Doch bei der Vergabe von Bauplätzen gehen die Kommunen sogar einen Schritt weiter und bewerten genau diesen mit einem oft komplexen Punktesystem für die Vergabekriterien: Kinderanzahl, Eigentumsverhältnisse, Vereinsengagement, Arbeitsplatzort oder Ortsherkunft. Die Intention ist eindeutig: Man möchte die Bauplatzvergabe steuern, bestimmte Personenkreise bevorzugen und gleichzeitig auch ein möglichst gerechtes Verfahren garantieren – auch im Burgdorf.
Mitbestimmend für die Kriterien war vor allem die Nachfrage von jungen Familien nach einem Bauplatz. Hauptamtsleiter Werner Halter stellte bei der Gemeinderatssitzung zunächst die von der Gemeinde entworfenen Vergaberichtlinien für die geplanten Bauplätze im Gebiet "Epfenbacher Berg III" detailliert vor. Bekanntlich sollen diese für 240 Euro pro Quadratmeter verkauft werden. "Wir haben über 100 Interessierte", machte Halter die Notwendigkeit der Vergabekriterien deutlich. Der Hauptamtsleiter hatte das Muster des Gemeindetags für kommunale Bauplatzvergabekriterien in Hinblick auf die entsprechenden Hinweise der Gemeinderäte aus der vorherigen Sitzung ergänzt oder geändert.
Bürgermeister Frank Gobernatz hatte zuvor von der Schwierigkeit bei der Einhaltung der Rechtssicherheit bei den Vergabekriterien berichtet. Im Rathaus versuche man das möglichst praktikabel zu handhaben. Beim Verkauf der Grundstücke ohne Subventionen habe die Gemeinde freie Hand, erläuterte Gobernatz. Somit ergaben sich aus dem Vorschlag der Verwaltung insgesamt 155 erreichbare Punkte, die mit 52 Prozent Sozialkriterien und 48 Prozent Ortskriterien gewichtet werden. Nina Walter, die sich ausführlich mit den Kriterien beschäftigt und diese auch mit Vergaberichtlinien umliegender Kommunen verglichen habe, wie sie berichtete, startete die rege Diskussion unter den Gemeinderäten.
So seien die sechs Punkte für diejenigen, die "gar keinen Besitz" hätten, gegenüber den Immobilien- oder Grundstückseigentümern nicht gerecht. Diese erhalten im Burgdorf keine Punkte. "In anderen Gemeinden erhalten diese Bewerber entweder mehr Punkte oder die anderen Bewerber mit Eigentum bekommen teilweise bis zu einhundert Minuspunkte." Auch Peter Grolms fand dieses Verhältnis nicht gerechtfertigt. Bei dem Sozialkriterium "Kinder" bemängelte er, dass kinderlose Paare, "die vielleicht erst bauen und dann eine Familie gründen möchten" benachteiligt werden, weil "Kinderanzahl allgemein" und dann nochmals in der "Altersstruktur" bewertet werden. "44 Punkte von insgesamt 80 können hier erreicht werden. Das ist eine Menge." Einig war man sich im Gremium, dass man die örtlichen Einrichtungen von Krippe über Kita bis Grundschule stärken möchte. Die Diskussion nahm dann Fahrt auf, als ein regelrechtes "Punktegeschacher" beobachtet werden konnte und es auch für die Zuhörer zeitweise unübersichtlich wurde. "Wie auf einem türkischen Bazar", entwich es Gobernatz.
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Dass die Tätigkeiten bei der Feuerwehr oder DRK gesondert mit Punkten gewürdigt werden, lobte der Gemeinderat aber einhellig. Das "Ehrenamt I" kann maximal zehn Punkte einbringen und gilt für "arbeitsintensives Engagement" in Vereinen innerhalb und außerhalb Neidensteins, während das Ortskriterium "Ehrenamt II" für das Burgdorf gilt, wo mindestens 50 Stunden jährliche Arbeit in einem Verein, einer Religionsgemeinschaft oder gemeinnützige Organisation nachgewiesen werden muss.
Auch die Punkte für den "aktuellen oder ehemaligen Wohnsitz in Neidenstein" fanden Zustimmung. "Etwas sauer" stieß Walter das "soziale Netzwerk" auf. Hier soll der Häuslebauer Punkte erhalten, weil Verwandte in Neidenstein wohnen. Auch die anderen Gremiumsmitglieder plädierten dafür, diese Punkte auf diejenigen umzumünzen, die im Burgdorf zu pflegende Eltern oder Großeltern hätten.
Bei den Zuhörenden gingen die Meinungen ebenfalls auseinander. "Es wird dabei immer Verlierer geben. Der eine bekommt dort mehr Punkte, der andere in anderen Kriterien", sagte ein Gast nach der Sitzung. Er findet das Verfahren aber gerechter als das "Windhundprinzip" oder die "Versteigerung". Am Ende wurde die Verwaltung beauftragt, die neuen Vorschläge und Änderungswünsche für die Vergabekriterien nochmals zu überarbeiten. Bei der Sitzung im November sollen diese endgültig beschlossen werden.