Wiesloch

Stadt muss den Gürtel enger schnallen

Haushalt wurde im Gemeinderat eingebracht. Große Herausforderungen stehen an. Die Schuldenlast steigt weiter.

25.11.2021 UPDATE: 26.11.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 13 Sekunden
Sein Dach wird jetzt repariert, ab 2022 ist die Sanierung des Ottheinrich-Gymnasiums im Haushalt eingeplant, wie OB Dirk Elkemann und Kämmerin Petra Hoß erläuterten. Foto: Pfeifer

Von Hans-Dieter Siegfried

Wiesloch. "Wir werden aufgrund der angespannten Haushaltslage nicht alles Wünschenswerte gleichzeitig umsetzen können", beschrieb Kämmerin Petra Hoß Wieslochs Finanzsituation. In der Gemeinderatsitzung wurde das Zahlenwerk vorgestellt, die Verabschiedung mit den Stellungnahmen der Fraktionen ist für die Dezember-Sitzung terminiert.

Zwar habe man, so Hoß, den Ergebnishaushalt nicht nur ausgeglichen, sondern leicht positiv gestalten können und auch der Finanzhaushalt selbst weise einen deutlich reduzierten Fehlbetrag auf. Dies werde sich jedoch bereits 2023 ändern. "Dann werden wir Fehlbeträge nach derzeitigen Schätzungen zwischen 400.000 und 900.000 Euro bis 2025 einkalkulieren müssen", so Hoß.

Bezüglich der Verschuldung sind die Aussichten ebenfalls düster. Waren es zwischen 2017 und 2019 – jeweils am Ende des Haushaltsjahres – knapp unter 40 Millionen Euro, wird sich dies laut der Kämmerin in den nächsten Jahren sprunghaft nach oben entwickeln.

Besser als 90 Prozent der Kreisstädte im Land

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Derzeit müsse damit gerechnet werden, 2025 bei über 90 Millionen Euro Schulden zu liegen. "Wir haben neue Anforderungen vor uns, die es zu bewältigen gilt." Hoß nannte dabei den Klimaschutz, die Digitalisierung sowie die Demografie. Auch für die Kinderbetreuung seien die Aufgaben herausfordernd. Die Gewerbesteuereinnahmen bewegen sich laut Prognose 2022 bei etwa 14 Millionen Euro, die Grundsteuer A und B ist mit insgesamt 5,4 Millionen Euro veranschlagt. Der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer als größte Ertragsposition im Ergebnishaushalt werde in Richtung 16,8 Millionen Euro im kommenden Jahr gehen. Dies ergebe sich aus den Orientierungsdaten des Landes. "Damit liegen wir rund 700.000 Euro höher als im laufenden Jahr", sagte Hoß.

Der präsentierte Entwurf hat ein Gesamtvolumen von rund 89 Millionen Euro, 5,3 Millionen weniger als im Vorjahr. Ein Grund dafür, so die Kämmerin, sind hauptsächlich die Einschränkungen bei der Investitionstätigkeit. Beim Blick auf die Einnahmeseite wird deutlich: Die meisten Gelder fließen aus Steuern und Zuweisungen, für das kommende Jahr geht Hoß dabei von 74,3 Millionen Euro aus. Bei den Ausgaben sind insgesamt 73,8 Millionen Euro eingeplant. Der größte Teil, 52 Prozent, entfällt auf die sogenannten Transferleistungen, beispielsweise für den sozialen Bereich, Zuschüsse sowie Kreis- und Finanzausgleichsumlagen. An zweiter Stelle folgt der Aufwand für das städtische Personal (22 Prozent) und Sachaufwendungen (18 Prozent).

Dennoch schwebt ein Damoklesschwert über der Stadt – denn jeder Haushalt muss der Rechtsaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt werden. Dies gilt auch für die mittelfristige Finanzplanung. "Ich weise deutlich darauf hin, dass wir im Ergebnishaushalt nur für den Planungszeitraum 2022 positiv oder ausgeglichen sind. Auf die kommenden Jahre trifft dies nicht mehr zu." Die Folge, auch dies wurde von Hoß klar herausgearbeitet, sei eine nicht mehr vollständig gegebene Leistungsfähigkeit der Stadt.

Vor ihrer Präsentation hatte Oberbürgermeister Dirk Elkemann betont: Nur unter "erheblichen Anstrengungen" sei es gelungen, in mehreren Runden im Hause mit Streichungen und Verschiebung geplanter Aktivitäten im Ergebnishaushalt den kleinen Überschuss zu erreichen. Er verwies auf die allgemeine Lage in Baden-Württemberg. Dort sei es 90 Prozent aller Großen Kreisstädte nicht gelungen, ihren Ergebnishaushalt auszugleichen. Er bezog sich dabei auf eine Erhebung des Städtetags. "Wir haben als finanzschwache Kommune dennoch erreicht, das jetzt dargestellte Ergebnis zu realisieren. Dies unterstreicht die großen Anstrengungen der Verwaltung bereits im Vorfeld."

Aber: Trotz schmerzhafter Konsolidierungsrunden könne man den Werteverlust des Stadteigentums, die Abschreibungen von fünf Millionen Euro, 2022 nicht erwirtschaften – man lebe von der Substanz. Der Appell des Rathauschefs lautete, künftig bei Planungen von Vorhaben mit "Disziplin und der nötigen Priorisierung" vorzugehen.

Wichtig sei weiterhin, die Einnahmen aus Einkommenssteuer im Blick zu behalten. "Diese ist seit langem die zuverlässigste Quelle", sagte er und sprach die anstehenden Baugebiete wie Lempenseite, Quartier am Bach und Äußere Helde an. Bei einer zügigen Realisierung könnten dringend benötigter Wohnraum und zusätzliche Einnahmen verwirklicht werden. Zusätzliche Aufgabenschwerpunkte wie Klimaschutz und Digitalisierung kosteten eine "Unsumme von Geld", so Elkemann, daher werde man zusätzliche Einwohner und damit mehr Einkommenssteuer benötigen. Auch auf die Gewerbesteuereinnahmen der EnBW werde man nicht verzichten können. Elkemann sprach dabei die Entscheidung des Gemeinderats an, einen angedachten neuen Standort für die EnBW nicht zu genehmigen: "Dies sollten wir im Zweifel nochmals überdenken". Der Blick auf die "Bugwelle" der geplanten Investitionen, die "Staus" bei bestehenden Vorhaben und die neuen Herausforderungen sei ernüchternd.

Geld für Klimaschutzkonzept im Haushaltsentwurf reserviert

"Dabei sind die derzeit angemeldeten zwölf Millionen Euro angesichts des in den früheren Jahren umgesetzten Volumens von fünf bis sieben Millionen Euro immer noch ambitioniert." Sein Vorschlag: In naher Zukunft sollten aufgestaute Investitionen vermehrt mit neuen Zielen kombiniert werden, statt neue, zusätzliche Projekte zu generieren.

Allerdings müsse man bezüglich der Dringlichkeit beispielsweise der Sanierung des Ottheinrich-Gymnasiums handeln, so Elkemann. Allein dafür stehen in den kommenden Jahren mehr als 17 Millionen Euro bereit. Der Oberbürgermeister nahm auch Stellung zum Klimaschutzkonzept. Eine halbe Million Euro ohne direkten Projektbezug seien dafür reserviert – in verschiedenen Haushaltspositionen sowie bei den Stadtwerken. Möglich sei dies dank der sich erneut abzeichnenden Senkung der Kreisumlage.

Elkemanns Fazit: Der sich entwickelnde Schuldenstand der Stadt bleibe besorgniserregend. Glücklicherweise, so die Signale, blieben die Zinsen auf niedrigem Niveau und Kredittilgungen damit beherrschbar.

Für Petra Hoß war es der letzte Haushaltsplan in ihrer Eigenschaft als Kämmerin: Im Rahmen einer Umstrukturierung wird sie ab Januar 2022 die Leitung der technischen Dienste – Stadtwerke, Bauhof und Gärtnerei – übernehmen.

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